Senna und der gebrochene Schalthebel in Rio

Ex-McLaren-Chefmechaniker Neil Trundle erinnert sich an den legendären MP4-4 von 1988 zurück, und wie Ayrton Senna seinem Heimsieg in Brasilien nachjagte

(Motorsport-Total.com) - Aktuell dominiert Mercedes mit dem F1 W05 Hybrid die Formel 1. Die Silberpfeile gewannen neun der ersten elf Rennen und standen bis auf Österreich immer auf der Pole-Position. Dieser Bolide zählt zweifellos zu den erfolgreichsten Autos der Königsklasse und hat seinen Platz in der Geschichte sicher. Allerdings gelang es auch Mercedes nicht, alle Rennen in einem Jahr zu gewinnen. Die Dominanz und die Duelle zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton erinnern an die legendäre Rivalität zwischen Alain Prost und Ayrton Senna.

Titel-Bild zur News: Ayrton Senna

Ayrton Senna beim Debüt des McLaren-Honda MP4-4 in Rio Zoom

McLaren-Honda prägte die Formel 1 zwischen 1988 und 1991, bis im Laufe der Saison 1991 Williams das bessere Auto hatte und die Ära Williams-Renault anbrach. 1988 gewann McLaren mit dem MP4-4 15 der 16 Rennen. McLaren-Mitarbeiter Neil Trundle erinnert sich an damals zurück: "Ende 1987 sagte Ron (Dennis; Anm. d. Red.) zu mir, ob ich Chefmechaniker sein will. Er sagte, dass wir Honda haben und Ayrton von Lotus kommt."

Trundle arbeitete seit 1985 bei McLaren und war davor in das Projekt 4 von Dennis involviert. "Es ist gut dokumentiert, dass das Auto von 1988 phänomenal war. Wir hatten gute Reifen, gute Fahrer, den besten Motor und das Chassis war fantastisch", blickt Trundle zurück. "Wir wurden mit dem Auto aber spät fertig, waren bei den Wintertests in Imola aber eineinhalb bis zwei Sekunden schneller als die Konkurrenz, die schon länger testete."

Der MP4-4 wurde von Gordon Murray, Steve Nichols und Neil Oatley gebaut. Das Chassis war ausgewogen und gutmütig zu fahren. Es gab keine Geniestreichs. Ausschlaggebend war der Motor. 1988 war die letzte Saison der ersten Turbogeneration und es war auch damals schon eine Spritspar-Formel. Für die Renndistanz standen den Turbomotoren - es waren parallel auch Saugmotoren im Einsatz - nur noch 150 Liter Kraftstoff zur Verfügung. Der Ladedruck war auf 2,5 bar begrenzt.

Honda holte trotz dieser Einschränkungen rund 680 PS Leistung heraus. Ferrari war mit dem ans Reglement angepassten Vorjahresmotor hoffnungslos unterlegen. Dazu kamen die Fahrer Senna und Prost. "Dann fuhren wir nach Brasilien", erinnert sich Trundle an den Saisonstart zurück. "Damals fand das Rennen in Rio statt. Natürlich war Ayrton auf der Pole-Position. Auf einer schnellen Runde war er unschlagbar. Er machte es instinktiv. Alain war etwas vorsichtiger. Er war ein großartiger Rennfahrer, aber im Qualifying war Ayrton phänomenal."


Der McLaren MP4-4 im Detail

Allerdings hatten auch damals schon simple Defekte große Auswirkungen. "Ayrton stand also bei seinem Heimrennen auf der Pole-Position. Nach der Einführungsrunde stellte er sich auf seinen Startplatz und legte den ersten Gang ein. Dabei brach der Schalthebel ab. Ayrton hob die Hand und Hektik brach aus", schildert Trundle seine Erinnerungen. "Ron Dennis sprang über die Boxenmauer und schaute, was los war. Ayrton stieg aus und lief zum Ersatzauto."

Alain Prost

Alain Prost profitierte von Sennas Missgeschick und übernahm die Führung Zoom

"Währenddessen sprang die Startampel auf grün und das Rennen startete. Ayrton fuhr mit dem Ersatzauto als Letzter aus der Box. Nach fünf, sechs Runden überholte er die Hinterbänkler. Ich glaube, er hätte das Rennen gewinnen können." Während Prost das Rennen an der Spitze kontrollierte, stürmte Senna durch das Feld. Nach 20 Runden war er schon Zweiter, nachdem er Nelson Piquet (Lotus-Honda), den damals amtierenden Weltmeister, überholen konnte. Beim Boxenstopp verlor Senna allerdings wieder wertvollen Boden, weil ihm der Motor abgestorben war.

Schließlich beendete die Rennleitung die Show nach 31 Runden mit der schwarzen Flagge. "Dann wurde er aber disqualifiziert, weil er den Ersatzwagen genommen hatte", begründet Trundle. "Es war also sein erstes Heimrennen, das er nicht gewonnen hat." Senna lief lange seinem Heimsieg nach. Immer wieder kam etwas dazwischen. "1990 wurde zum ersten Mal in Sao Paolo gefahren. An dieses Rennen werde ich mich immer erinnern können."

"Er stand in seiner Heimatstadt auf der Pole-Position. Die Fans feuerten ihn an", unterstreicht Trundle die berühmte Atmosphäre in Interlagos. "Sie waren so laut, dass man nichts hörte, wenn man am Auto arbeitete. Es war phänomenal, deine Nackenhaare haben sich aufgestellt. Es war unglaublich."

Ayrton Senna

1991 erfüllte sich Ayrton Senna schließlich den Traum vom Heimsieg Zoom

"1991 hat er dann sein Heimrennen gewonnen. Er fuhr die letzten zehn Runden im sechsten Gang. Dann fing es zu regnen an und Patrese holte ihn ein. Je mehr es aber regnete, desto deutlicher fuhr er Patrese davon, obwohl er nur einen Gang zur Verfügung hatte." 1992 schied Senna mit dem damals brandneuen MP4-7A in Interlagos aus. Es war der erste McLaren mit Schaltwippen, nachdem Ferrari 1989 dieses System eingeführt hatte. Williams hatte ebenfalls schon vor McLaren auf das halbautomatische Getriebe gesetzt. 1993 feierte Senna im McLaren-Ford MP4-8 seinen zweiten und letzten Heimsieg.

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