Seidl & Ferrari: Dieses Dementi lässt Raum für Interpretationen

Während Mattia Binotto betont, wie sehr sich Ferrari 2022 gesteigert habe, weicht Andreas Seidl der Frage, ob John Elkann wirklich bei ihm angerufen habe, aus

(Motorsport-Total.com) - Andreas Seidl gibt sich Mühe, jene am Freitag veröffentlichte Story von 'Motorsport-Total.com' zu dementieren, wonach er bereits vor Wochen von Ferrari-Boss John Elkann gefragt worden sei, ob er sich vorstellen kann, den Job als Teamchef in Maranello zu übernehmen: "Ich habe einen Job bei McLaren zu erledigen. Ich bin da noch mehrere Jahre gebunden", sagt er auf die Frage der Kollegen von 'ServusTV', ob Elkann wirklich bei ihm angerufen und ihm einen Job angeboten habe.

Titel-Bild zur News: Mattia Binotto (Ferrari-Teamchef) und John Elkann (Ferrari-Präsident)

Mattia Binotto im Gespräch mit dem Ferrari-Vorsitzenden John Elkann Zoom

Der geschulte Beobachter liest daraus aber kein klares Dementi heraus, sondern lediglich die Antwort eines smarten Diplomaten, der einerseits nicht lügen, andererseits aber auch seinen Mitbewerber Ferrari nicht bloßstellen möchte. "An diesen Spekulationen will ich mich nicht beteiligen", winkt Seidl ab. Und er betont, McLaren habe für ihn derzeit oberste Priorität.

'ServusTV' lässt aber nicht locker, bohrt auf Seidls ausweichende Antwort nach, ob Elkann denn nun angerufen habe oder nicht. Aber der McLaren-Teamchef bleibt eisern bei seiner Linie: "Nochmal: An diesen Spekulationen will ich mich nicht beteiligen. Ich bin happy mit meinem Job bei McLaren, habe da noch viel zu erledigen. Wir sind auf einer guten Reise. Darauf verwende ich all meine Energie."

Als es der Reporter ein drittes Mal versucht, muss Seidl lachen - und sagt: "Ich glaube, du kennst mich gut genug, dass ich niemals die Situation eines anderen Teams beurteilen will und werde. Das ist Job der jeweiligen Teams. Wie gesagt: Ich bin für das McLaren-Formel-1-Team verantwortlich und schaue, dass wir da nach vorn kommen in den nächsten Jahren."


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Ferrari: Was hinter den Kulissen los ist

Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' ist der Ferrari-Vorsitzende unzufrieden über zahlreiche Fehler, die 2022 passiert sind. Elkann habe daher Kontakt zu anderen Teamchefs aufgenommen, um mit ihnen die Möglichkeit, nach Maranello zu wechseln, zu besprechen. Nach Seidls Absage soll er sich an Frederic Vasseur von Sauber gewendet haben, wird erzählt.

Binotto war am Samstagmorgen in Abu Dhabi zu Gast in der Teamchef-Pressekonferenz - und wurde dabei natürlich auf die Spekulationen angesprochen. "Mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet. Da muss ich erstmal scharf nachdenken", lacht er.

"Ferrari", sagt Binotto dann, "ist das meistgeliebte Team. Seb hat einmal gesagt, dass im Herzen jeder ein Ferrari-Fan ist, und wenn sie behaupten, das sei nicht der Fall, sind sie es innerlich doch. Und wenn so viel Leidenschaft da ist, gibt es immer auch Kritik und Gerüchte. Das war schon immer so, und jetzt ist es auch so."

Ferrari und das Statement auf Twitter

"Als die Spekulationen aufkamen", erzählt er, "hatte ich ein Gespräch mit meinem Vorsitzenden John Elkann. Wir haben ganz offen besprochen, was der beste Weg ist, damit umzugehen, und wir haben entschieden, ein Statement zu veröffentlichen. Das war der beste Weg, den Spekulationen ein Ende zu setzen, die schließlich jeder Grundlage entbehren."

Doch das Ferrari-Statement auf Twitter, in dem nicht auf mögliche Neuzugänge eingegangen, sondern nur Binottos Position gestärkt wird, haben nicht für Ruhe gesorgt. Die Spekulationen verschiedener Medien sind selbstbewusst genug, sich von Ferraris offizieller Kommunikationslinie nicht ablenken zu lassen.

Binotto geht nicht konkret darauf ein, was mit den angeblichen Elkann-Kontakten zu Seidl und Vasseur ist. Er sagt nur: "Das Wichtigste ist, dass wir uns auf dieses Rennwochenende konzentrieren und das Team nicht abgelenkt wird, denn die Gerüchte sind immer da. Es ist Ferrari. Und es ist wichtig, dass wir uns davon nicht irritieren lassen."

Binotto, lobt Rennleiter Laurent Mekies seinen Chef, sei gut darin, den medialen Wirbel vom Team fernzuhalten, das sich in Abu Dhabi um die operative Umsetzung des Renneinsatzes kümmern muss. Das wiederum werten einige als Zeichen dafür, dass Binotto doch noch mehr internen Rückhalt genießt, als das mancherorts vielleicht berichtet wird.

Binotto: "Nicht an mir, das zu entscheiden"

Auf die Frage, ob er kategorisch ausschließen könne, 2023 nicht mehr Teamchef von Ferrari zu sein, antwortet der gebürtige Schweizer: "Es liegt nicht an mir, das zu entscheiden. Aber ich sehe das gelassen. Der Grund dafür ist, dass ich zu meinen Chefs und Vorsitzenden immer eine offene, ehrliche und konstruktive Gesprächsbasis hatte. Nicht nur kurz-, sondern auch mittel- und langfristig."

Und Binotto hat ein gewichtiges Argument auf seiner Seite: Ja, Ferrari mag, was die sogenannten "Race-Operations" betrifft, 2022 nicht immer geglänzt haben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es keinem anderen Team so gut gelungen ist, die Performance von 2021 auf 2022, zur Einführung des neuen Formel-1-Reglements, so stark zu verbessern.

"Ja, wir hatten ein paar Höhen und Tiefen, und ja, wir sind noch nicht die Besten und haben nicht das schnellste Auto", räumt er ein. "Aber wir haben unser Hauptziel, mit dem 2022er-Auto konkurrenzfähig zu sein, erreicht. Niemand hätte geglaubt, dass Ferrari am Saisonbeginn so schnell sein würde. Das beweist, dass das Team die schwierigen Jahre 2020 und 2021 gut verarbeitet hat."

Powerunit-Update war der Grundstein

Dazu muss man wissen: Im Herbst 2021 führte Ferrari ein Powerunit-Update ein, das den Grundstein legte für das 2022er-Paket - und offensichtlich nach Jahren der sportlichen Krise ein echter "Gamechanger" war. Ferrari holte 2021, mit den gleichen Fahrern, 323,5 Punkte aus 22 Rennen. 2022 steht man nach 21 Rennen bei 524 Punkten. Eine Steigerung um 62 Prozent.

"Diese Saison", bilanziert Binotto, "war außergewöhnlich, was die Anzahl der Polepositions betrifft. Die Qualifyingpace war besser als die Rennpace. Wir wissen, dass wir an der Rennpace weiter arbeiten müssen. Denn mit einem schnelleren Auto ist es auch leichter, die Strategie und alles, was damit zu tun hat, besser hinzubekommen."

Für ihn steht jedenfalls fest: "Wir halten zusammen. Wir haben da gerade ein Team, das nicht nur gut zusammenarbeitet, sondern auch bewiesen hat, dass es kompetent ist. Ja, es gibt Bereiche, in denen müssen wir Fortschritte machen. Die Schwächen wurden uns aufgezeigt. Aber ich bin mir sicher, dass es uns gelingen wird, diese anzupacken. So, wie wir das auch in der Vergangenheit geschafft haben."

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