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Sebastian Vettel: Punkte kaschieren "Achillesferse" von Aston Martin

Wie Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel das jüngste Auftreten von Aston Martin in Spa bewertet und wo Teamchef Mike Krack für die restlichen Saisonrennen ansetzen will

(Motorsport-Total.com) - Am Ende stehen Punkte für Aston Martin, doch eine gewisse Unzufriedenheit bleibt nach dem Belgien-Grand-Prix 2022 in Spa. Sebastian Vettel bringt es auf den Punkt: "Unsere Achillesferse ist das Qualifying." Denn was mit besseren Startplätzen möglich ist, das habe das erste Formel-1-Rennen nach der Sommerpause deutlich gemacht.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel im Aston Martin AMR22 beim Formel-1-Rennen in Spa 2022

Sebastian Vettel im Aston Martin AMR22 beim Formel-1-Rennen in Spa 2022 Zoom

Lance Stroll und Vettel fuhren aufgrund von diversen Startplatz-Strafen bei anderen Fahrern beide aus den Top 10 los und Vettel hielt sich bis zum Schluss in den Punkterängen, holte vier Zähler für P8, während Stroll auf P11 leer ausging. "Insgesamt", sagt Vettel, könne Aston Martin damit "recht zufrieden" sein.

Teamchef Mike Krack denkt etwas anders. Bei 'ServusTV' sagte er nach dem Rennen, er sei "zufrieden und nicht zufrieden" mit dem Abschneiden seiner Mannschaft. "Natürlich: Den achten Platz und die vier Punkte nehmen wir mit. Wir hatten uns aber etwas mehr erwartet." Nämlich, dass auch Stroll mit dem AMR22 noch unter die Top 10 fährt, aber das ist nicht passiert.

Andererseits habe Aston Martin in Spa mehr erreicht als in vielen Rennen zuvor in dieser Saison, meint Krack: "Wir haben beide McLaren geschlagen und hatten sogar eine kleine Chance, um vielleicht vor einem Alpine zu landen. Unterm Strich also haben wir ordentliche Punkte geholt, wenn man unsere Pace im Qualifying bedenkt. Da haben wir noch gut was rausgeholt."

Die eigentlichen Startplätze von Aston Martin in Spa

Denn eigentlich wären die Aston-Martin-Fahrer nicht von neun und zehn losgefahren, sondern von 14 und 16. Das waren zumindest die Positionen, die Stroll und Vettel im Qualifying belegt hatten. Zum sechsten Mal in Folge also erzielte das Team nicht einmal eine Top-10-Platzierung auf eine schnelle Runde, blieb zum achten Mal in diesem Jahr mit beiden Autos in der hinteren Hälfte.

Deshalb sagt Vettel frei heraus: "Das Qualifying ist wichtig, und das ist bei uns zu schlecht." Das weiß auch Teamchef Krack. Er ergänzt: "Es ist nicht so, dass wir das so hinnehmen. Wir probieren verschiedene Dinge, aber wir sehen immer wieder samstags, dass uns da ein bisschen was fehlt."

In Spa scheiterte Vettel um 0,002 Sekunden am Weiterkommen. Das habe Aston Martin womöglich schlechter aussehen lassen, als es eigentlich war, meint Krack und sagt: "Wir hatten das Potenzial, um mit beiden Autos in Q2 dabei zu sein. Im zweiten Segment wird auch die Strecke besser und dann sieht die Sache vielleicht ganz anders aus."


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"Wenn du zwei, drei Positionen weiter vorne losfahren kannst, entwickelt sich das Rennen oft ganz anders. Dann nimmst du Punkte mit für P5, P6 oder P7 und wirst nicht immer nur gerade so Zehnter oder Elfter. Wir punkten unterm Strich einfach zu wenig, als dass wir einen großen Schritt machen könnten in der Konstrukteurswertung. So kommst du nicht vorwärts."

Die weiteren Ziele von Aston Martin in diesem Jahr

Doch Aston Martin hat noch Ziele in diesem Jahr. "Die zwei Konstrukteure, die vor uns sind [in der WM], die können wir vielleicht noch kriegen", sagt Krack. Er spricht von AlphaTauri und Haas, die fünf beziehungsweise zehn Punkte mehr als Aston Martin gesammelt haben.

"Von daher: Wir können nicht nachlassen und uns voll auf nächstes Jahr konzentrieren. Das ist hart. Aber da muss man jeden Punkt mitnehmen, den man kriegen kann", meint Krack.

Womit er bei seinen Ausführungen wieder beim Qualifying landet, dem Ursprung allen Übels für Aston Martin. Oder wie es Vettel formuliert: "Wenn wir es schaffen, im Qualifying auf Platz zehn zu stehen, dann kann ich im Rennen irgendwie die Ellenbogen ausfahren und die Reifen besser einteilen oder irgendwas machen."

Gelinge das aber nicht, wie so oft bei Aston Martin in der Saison 2022, dann sei es "schwierig, da rauszukommen", erklärt Vettel. "Woran das liegt: Unser Auto ist nicht schnell genug. Einerseits ist es also klar, woran es liegt."

Fehlender Speed ist nur die halbe Wahrheit bei Aston Martin

Fehlender Speed beim AMR22 sei aber nur die halbe Wahrheit. Das Auto verhalte sich zudem unvorhersehbar, meint Vettel. Er beschreibt es so: "Es fällt immer mal rein und raus aus einem Fenster. Was auch immer für ein Fenster das ist. Das ist im Moment die Schwierigkeit." Es sei dem Team bisher nicht gelungen, dieses Verhalten nachzuvollziehen.

Im Rennen wiederum sei das Auto wie verwandelt. Vettel gibt an, er habe "überraschenderweise" sogar mit dem Alpine von Fernando Alonso mithalten können. Außerdem habe der AMR22 "besonders auf gebrauchten Reifen" eine "gute Pace" bewiesen. "Das war der Schlüssel in diesem Rennen", sagt Vettel.

"Spa hat wieder gezeigt: Wenn wir da sind, ist unsere Rennpace ziemlich stark. Es geht nur darum, erstmal in die Position zu kommen. Und damit kämpfen wir gerade."


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Vettels Rennen: nicht ganz fehlerfrei

Beim Belgien-Grand-Prix ist Vettel, aufgrund der Umstände in der Startaufstellung und einer turbulenten ersten Rennrunde, in eben diese Position gekommen, die sich Aston Martin vorstellt: Er fuhr von Anfang an aussichtsreich mit, lag zwischendurch sogar an fünfter Stelle, um am Ende auf Platz acht einzulaufen.

Doch Vettel ist nicht restlos zufrieden. Gerade die Szene mit Pierre Gasly und Esteban Ocon wurmt ihn. Das Doppel-Überholmanöver habe er teilweise selbst zu verantworten, meint Vettel: "Meine Inlap [vor dem Boxenstopp] war nicht bei hundert Prozent und Esteban hatte wohl eine sehr gute Outlap auf den Medium-Reifen. Dann kam Pierre und mein Puffer war weg."

Er sei wohl schlicht "zum falschen Zeitpunkt" auf Gasly aufgelaufen, sagt Vettel. "So hat Esteban profitiert. Und mir ist noch ein kleiner Fehler unterlaufen, dann haben sie mich beide überholt." Das hakt Aston-Martin-Fahrer Vettel als "Pech" ab.

Hat Aston Martin sein "Glück" nach Spa aufgebraucht?

Das "Glück", in der Startaufstellung Plätze "geschenkt" zu kriegen, das werde sein Team künftig wohl nicht mehr haben: "Nächste Woche [in Zandvoort] wird nicht jeder nach hinten versetzte", meint Vettel. "Entscheidend wird dann die Qualifying-Leistung. Wenn wir uns irgendwo bei den Top 10 platzieren, dann denke ich, wir haben die Rennpace, um in dieser Region auch anzukommen."

Und in zwei Wochen will Aston Martin versuchen, mit einem speziellen Monza-Flügel beim Italien-Grand-Prix mit Topspeed zu glänzen. Schon in Spa war dieser Flügel dabei, blieb aber in der Garage. "Weil uns die Zeit ausgegangen ist [im Training]", erklärt Teamchef Krack.

"Wir hatten den Flügel für Freitag vorbereitet und erneut für Samstag. Dann haben wir es sein lassen. Wir wollten nämlich auch an unserer Qualifying-Leistung arbeiten und keine Zeit für etwas anderes verschwenden. Deshalb haben wir den Flügel am Ende gar nicht verwendet."


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Auch mit einer genauen Analyse zu den Auswirkungen der neuen Technischen Richtlinie, die dem Bouncing entgegenwirken soll, hat sich Aston Martin noch nicht befasst. "Am Samstag", sagt Krack, "fanden wir uns in unserer üblichen Form wieder. Es wird noch ein paar Rennen dauern, bis wir wirklich einschätzen können, wo wir damit relativ zur Konkurrenz stehen."

Bis dahin bleibe die Erkenntnis, dass der Aston Martin AMR22 "nicht die Pace" habe, um "da vorne [in den Top 10] mitzufahren", so Krack. Es sei denn, Vettel und Stroll starten mal etwas weiter vorne als sonst.

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