• 15.03.2011 13:12

Schumacher: "Wir kämpfen um vordere Plätze"

Michael Schumacher im Interview: Wozu der neue Silberpfeil gut ist, wieso ihn auch das Mittelfeld nicht frustriert und wie er Rosberg 2011 einschätzt

(Motorsport-Total.com/SID) - Er hätte sich zu Hause in der Schweiz ganz und gar seiner Familie widmen und sich auf seiner einzigartigen Rekordbilanz ausruhen können. Doch Michael Schumacher kehrte nach drei Jahren Pause in die Formel 1 zurück und stellte sich der jüngeren Konkurrenz sowie jeglicher Kritik, er sei möglicherweise zu alt oder zu langsam. Im Interview erklärt er, warum ihn das Vorjahr nicht frustriert hat, was er sich 2011 erhofft und warum er auch vom deutlich jüngeren Rosberg lernen kann.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher geht vorsichtig optimistisch in die neue Saison

Frage: "Michael, pünktlich zum Testabschluss war der Silberpfeil plötzlich richtig schnell. Ist der Wagen jetzt das Siegerauto, das du dir für 2011 gewünscht hast? Bist du damit in deinem Drei-Jahres-Plan im Soll?"
Michael Schumacher: "Die Richtung stimmt. Definitiv. Wir sollten in diesem Jahr ordentlich dastehen. Ob der Wagen schon das Siegerauto ist - für diese Einschätzung möchte ich erst mal ein paar Rennen abwarten. Aber mit dem Wagen werden wir um vordere Plätze kämpfen können, das ist die gute Nachricht. Das Team hat super gearbeitet."

"Die Wiedereingewöhnung hat länger gedauert, als ich gehofft hatte." Michael Schumacher

Frage: "Wenn du vorher gewusst hättest, wie schwierig sich 2010 die Rückkehr in die Formel 1 gestalten sollte, hättest du dich dennoch für das Comeback entschieden?"
Schumacher: "Ich habe nie gedacht, dass ich nach drei Jahren zurückkomme und alles ist wie früher. Ich bin Realist. Insofern hat sich die Frage damit beantwortet. Es stimmt, die Wiedereingewöhnung hat länger gedauert, als ich gehofft hatte, aber mir war immer klar, dass es schwer werden würde und dass es keine Garantie auf Erfolg gibt. Ich bin aber der Typ, den solche Herausforderungen noch mehr anspornen."

Kein Frust bei Schumacher

Frage: "Gab es irgendwann einmal Zweifel an den eigenen Fähigkeiten? Oder daran, dass Mercedes auf dem Weg nach oben ist?"
Schumacher: "Wie gesagt, ich bin Realist. Und hier sprechen wir von einem hochkomplexen, sehr kompetitiven und sich ständig verändernden Sport. Da kann man nicht erwarten, dass die Dinge immer nach Wunsch laufen. Wichtig ist, sich nicht beirren zu lassen und konzentriert zu arbeiten. Das haben wir gemacht, und ich bin überzeugt davon, dass Mercedes wieder ein WM-Anwärter sein wird."

Frage: "Sind Kämpfe im Mittelfeld für einen siebenmaligen Weltmeister frustrierend oder machen sie vielleicht sogar mehr Spaß, als mit einem überlegenen Auto fast ohne Konkurrenz von Sieg zu Sieg zu fahren?"
Schumacher: "Ich habe auch oft genug mit einem nicht überlegenen Auto und nach harten Kämpfen gewonnen, und das macht sicherlich am meisten Spaß. Aber vor allem habe ich immer daran geglaubt, dass Erfolge keine Selbstgänger sind, sondern dass man sie hart erarbeiten muss. Daher: Kämpfe im Mittelfeld sind nicht frustrierend, sie sind Teil des Ganzen."

"Kämpfe im Mittelfeld sind nicht frustrierend, sie sind Teil des Ganzen." Michael Schumacher

Frage: "Spürst du in irgendeiner Weise, dass du inzwischen 42 Jahre alt bist? Oder bist du noch immer so fit wie vor dem Rücktritt?"
Schumacher: "Körperlich habe ich keinerlei Probleme, ich bin absolut fit. Aber die Formel 1 ist in den letzten Jahren auch langsamer geworden. Ich bin natürlich abgeklärter, ruhiger und vielleicht auch geduldiger als früher."

Lob für Rosberg und Vettel

Frage: "Würdest du das Comeback als gescheitert ansehen, wenn du es vielleicht nicht mehr bis ganz an die Spitze schaffst?"
Schumacher: "So denke ich nicht. Ich setze mich ja nicht vorher hin und definiere Situationen durch, damit ich sie hinterher benennen kann, sondern ich lasse mich auf einen Wettbewerb ein, weil ich von der Sache überzeugt bin, und gebe alles dafür, dass das Ziel erreicht wird. So denken alle Sportler, sonst gäbe es keinen Wettkampf."

Frage: "Ist Nico Rosberg der stärkste Teamkollege, den du je hattest? Kannst du vielleicht auch von ihm etwas lernen?"
Schumacher: "Man kann immer von jedem lernen. Das habe ich schon immer gesagt, und Nico ist mit Sicherheit jemand, von dem man viel lernen kann. Er war sehr stark im vergangenen Jahr, und ich bin überzeugt, dass er auch 2011 sehr stark sein wird. Und allein schon angesichts seiner Statistik gegen mich ist er in der Tat der stärkste Teamkollege bisher."

"Nico Rosberg ist in der Tat der stärkste Teamkollege bisher." Michael Schumacher

Frage: "Ist Sebastian Vettel nach seinem WM-Titel auch in diesem Jahr wieder die Messlatte? Hat er das Zeug dazu, vielleicht irgendwann einmal deine Rekorde anzugreifen?"
Schumacher: "Red Bull sieht sehr stark aus, und deshalb wird Sebastian als Favorit in die Saison gehen. Der Titel hat damit erst mal nichts zu tun, das weiß Sebastian, aber natürlich ist er stark genug, wieder um den Titel zu kämpfen. Und was meine Rekorde anbetrifft - er greift doch schon an."