• 18.07.2001 13:05

Schumacher-Unfall: Unfallursache offenbar geklärt

Das Ferrari-Team gibt Entwarung: Die Unfallursache steht offenbar fest und der Hockenheimring-Start ist nicht gefährdet

(Motorsport-Total.com/sid/dpa) - Aufatmen bei den deutschen Formel-1-Fans: Michael Schumachers Start beim "Heimspiel" am 29. Juli in Hockenheim ist nach dem schweren Unfall bei Ferrari-Testfahrten am Dienstag in Monza nicht gefährdet. "Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, Michael hat keine gesundheitlichen Schäden erlitten", sagte Pressesprecherin Sabine Kehm dem Sport-Informations-Dienst (sid). Der Kerpener, der nach einer ärztlichen Untersuchung in Monza zurück nach Hause in die Schweiz kehrte, hat seinen Einsatz bei den Tests zunächst für Mittwoch abgesagt.

Titel-Bild zur News: F2001

Bei dem Aufprall wurde der Ferrari von Schumacher schwer beschädigt

Ob der dreimalige Weltmeister am Donnerstag und Freitag wie zunächst geplant in Monza wieder in das Ferrari-Cockpit steigt, stand noch nicht fest. Es ist davon auszugehen, dass Schumacher einige freie Tage daheim verbringt und erst am kommenden Mittwoch nach Hockenheim reist, wo er an einem Benefiz-Fußballspiel teilnehmen soll. Am Mittwoch sprang Teamkollege Rubens Barrichello ein. Einem Bericht der italienischen Zeitung 'Gazzetta dello Sport' zufolge beorderte Ferrari den Brasilianer aus seinem neuen Ferienhaus in Portugal zurück nach Italien. Barrichello hätte ursprünglich frei gehabt.

Offenbar geklärt ist die Unfallursache, nachdem Ferrari noch am Dienstag in einem Statement verlauten ließ, dass nach Auswertung der Telemetriedaten kein technischer Defekt vorlag. Wie F1Total.com gestern bereits berichtet hatte, hatte sich Schumacher bei der Fahrt über die Randsteine in der Kurve vor seinem "Abflug" den Unterboden des Ferrari beschädigt. Dadurch fehlte der Anpressdruck auf die Hinterräder, und die Bremswirkung konnte nicht eintreten. "Die erste Untersuchung des Autos und die Analyse der Telemetrie-Daten zeigen, dass der Verlust von downforce von einer Beschädigung des Unterbodens verursacht worden sein könnte."

Nach Ansicht von Experten könne es sich schon deshalb nicht um einen Fahrfehler Schumachers gehandelt haben, da das Auto des 32-jährigen Kerpeners beim Anbremsen vor der Schikane kaum langsamer geworden sei. Durch den Verlust der Haftung der Hinterräder gab es kaum Bremswirkung, weshalb Schumacher vor dem Unfall wahrscheinlich über 300 km/h schnell war. Das Heck brach aus, der Ferrari prallte erst rechts an die Leitplanke, wobei ein Vorderrad abgerissen wurde. Anschließend rutschte das Auto über das Kiesbett und schlug dann in die Reifenstapel vor der Mauer ein. Dabei brach auch das zweite Vorderrad ab.

Zunächst war vermutet worden, dass am Ferrari die Aufhängung gebrochen sei. Dies war allerdings definitiv nicht der Fall. Beim Anbremsen der Roggia-Schikane war plötzlich das Heck von Schumiachers Ferrari bei Tempo 310 ausgebrochen. Das Auto knallte mit voller Wucht in die Reifenstapel und wurde dabei völlig zerstört. "Der Aufprall war wirklich heftig", sagte Pressesprecherin Kehm nach Ansicht der Videoaufzeichnung.

Auf makabere Weise hätte Schumachers früherer Teamkollege Eddie Irvine fast Recht behalten. Der Nordire hatte in Silverstone gesagt, dass nur noch ein Beinbruch den Kerpener auf seinem Weg zum vierten WM-Titel stoppen könnte. Dies galt als Anspielung auf Schumachers Unfall 1999 in Silverstone, wo der Deutsche eine doppelte Fraktur des rechten Schienbeins erlitt, sechs Rennen pausieren und Mika Häkkinen (Finnland) kampflos den WM-Titel überlassen musste.

"Es ist, als würde man bei über 200 km/h auf der Autobahn die Handbremse ziehen", zitierte die Tageszeitung 'Corriere della Sera' einen Fachmann. Augenzeugenberichten zufolge waren die Wrackteile des zerstörten Ferrari über 250 m verstreut gewesen. Die Ferrari-Angestellten hätten die Trümmer mit Hilfe großer Müllsäcke zusammen gesammelt, hieß es weiter. Voraussichtlich werden alle Teile des zerstörten Chassis 209 in der Fabrik in Maranello analysiert. Barrichello soll nun die Tests mit dem Chassis Nummer 212, das von Silverstone zurück nach Maranello transportiert werden sollte, fortsetzen. Nach Angaben der 'Gazzetta dello Sport' kehrt Schumacher
möglicherweise am Freitag wieder nach Monza zurück.

Die italienischen Medien reagierten am Mittwoch geschockt auf den dramatisch aussehenden Unfall des Rheinländers, der mit viel Glück unverletzt davon kam. 'Schumi schlittert an der Tragödie vorbei', titelte die 'Gazzetta'. Die Weltmeisterschaft hätte, so das Blatt, "auf dramatische Weise" wieder offen sein können. "Nur ein Wunder wollte es, dass es nicht so kam." Schumacher führt die WM-Wertung mit 84 Punkten fast uneinholbar vor dem schottischen Silberpfeil-Piloten David Coulthard (47) an.