• 13.09.2003 17:40

Schumacher: "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt"

Der Polesetter in der Pressekonferenz über das perfekte Timing für das Comeback, das Überwinden der Krise und Bruder Ralf

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, deine fünfte Pole in diesem Jahr, die erste seit Österreich im Mai. Willkommen zurück!"
Michael Schumacher: "Ja, danke. Es ist ein Weilchen her, dass ich zu einer Pressekonferenz musste, aber ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Weltmeister Michael Schumacher und Ferrari sind wieder in Form

Frage: "Es waren schwierige Monate, speziell in der Vorbereitung auf diesen Grand Prix. Kannst du erzählen, wie das für dich war?"
Schumacher: "Es liegt in der Natur des Sports, dass man manchmal Höhen hat und manchmal Tiefen. In den letzten beiden Rennen waren wir ein bisschen unglücklich und auch nicht konkurrenzfähig genug, aber dank der Anstrengungen von allen im Team, auch bei Bridgestone, sind wir jetzt wieder in einer Position, die wir uns verdienen. Alle machen so einen tollen Job und es ist eine große Erleichterung, mit beiden Autos in den Top 3 zu sein und seit dem Test bis jetzt konkurrenzfähig gewesen zu sein. Es ist nett, in der Endphase einer Weltmeisterschaft zurückzukommen, wenn man bedenkt, wo wir gewesen sind und wo wir jetzt wieder stehen. Da fällt uns ein Stein vom Herzen."

Fortschritt bei Aerodynamik und Motor am größten

Frage: "Du hast schon gesagt, dass es ein Weilchen her ist, seit du hier in der Mitte sitzen durftest. Was macht jetzt plötzlich wieder den Unterschied aus, was hat sich verändert?"
Schumacher: "Es haben einfach alle in der Fabrik allen Details sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Wahrscheinlich hatte die Aerodynamik- und die Motorenabteilung den größten Spielraum für Verbesserungen, was sie auch umgesetzt haben, denn mechanisch findet man nur schwer Zeit. In den beiden Bereichen wurde aber ein fantastischer Job gemacht. Natürlich hat uns Bridgestone auch wieder einen fantastischen Reifen gebracht ? nicht, dass er davor nicht gut gewesen wäre, aber jetzt passt die Situation einfach wieder besser."

Frage: "Du hast nach dem Test hier schon an die Pole geglaubt, aber nach zwei Sektoren lag Juan-Pablo noch vor dir. Hast du dir da Sorgen gemacht?"
Schumacher: "Mir war klar, dass es sehr eng werden würde. Der geringe Abstand zeigt, dass wir sehr ausgeglichen sind."

Frage: "Wird es im Rennen fast ausschließlich um den Top-Speed gehen?"
Schumacher: "Nein, da sind schon noch ein paar Kurven! Unterm Strich muss man das richtige Setup haben, das es erlaubt, die Rundenzeiten konstant zu fahren. Darauf haben wir hingearbeitet. Morgen werden wir sehen, wer das besser gemacht hat."

Frage: "Deine Höchstgeschwindigkeit war fünf km/h schneller als die der Verfolger."
Schumacher: "Rubens und ich hatten denselben Speed, aber Juan-Pablo war fünf km/h langsamer, das stimmt."

Keine Schadenfreude wegen McLaren-Mercedes-Krise

Frage: "Das muss für das Rennen sehr ermutigend sein..."
Schumacher: "Es ist sicherlich kein Problem, stimmt."

Frage: "In der Startaufstellung kann nur ein Williams-Fahrer mit euch mithalten. Freut es dich, dass McLaren momentan nicht so stark zu sein scheint?"
Schumacher: "Es ist sicherlich einfacher, wenn man sich nur mit einem Gegner herumschlagen muss, aber es kann auch manchmal ganz hilfreich sein, das hängt von der Situation ab. Es ist aber nicht meine Einstellung, dass es mich freut, wenn jemand einen weniger guten Job macht."

Frage: "Hast du eigentlich heute Morgen einmal mit Ralf gesprochen?"
Schumacher: "Nein. Ich hatte keine Gelegenheit dazu, denn er ist am Morgen sehr früh weg gewesen. Schon gestern Nacht habe ich aber gehört, dass es ihm nicht so gut geht. Er hat sicher die richtige Entscheidung getroffen, denn nach so einem Unfall braucht man einfach Zeit, um sich zu erholen. Das ist das Beste, was er hätte machen können."

Frage: "Warst du überrascht darüber, denn er schien ja in so guter Verfassung zu sein?"
Schumacher: "Ja, aber das zeigt, wie anstrengend die Formel 1 ist und wie anders, denn am Donnerstag haben wir noch Fußball gespielt und da fühlte er sich wohl und hätte nie mit Beschwerden gerechnet. Es ist einfach eine andere Geschichte, in einen Formel 1 zu steigen. Die Herzfrequenz und die Anstrengung sind einfach viel höher und das konnte er nicht auf sich nehmen, was ich absolut verständlich finde. Ich habe Meinungen von Doktoren gehört und ich hatte selber auch schon öfter solche Situationen, also verstehe ich das."

"Sommerloch" dank Entwicklungsarbeit überwunden

Frage: "Glaubst du, dass Ferrari diesen Sommer mehr als andere Teams unter dem Testverbot gelitten hat?"
Schumacher: "Das glaube ich nicht, nein. Es gibt halt Phasen, in denen sich die Entwicklungsarbeit mancher Teams zeigt und mancher nicht so und wir haben unsere Performance vor der Sommerpause offensichtlich nicht ausreichend weiterentwickelt. Ich glaube nicht, dass wir während der Pause überhaupt etwas zum Testen gehabt hätten. Es ist sogar so, dass man dadurch Zeit gewinnt, denn man kann sich in die Fabrik setzen und an Dingen arbeiten. Sonst gilt sowieso die Aufmerksamkeit immer sehr dem Renn- und Testgeschäft."

Frage: "Du warst zuletzt dreimal im Qualifying hinter Rubens. Wie erklärst du dir das?"
Schumacher: "Es gibt viele Gründe. Einer davon ist, dass Rubens sehr gute Arbeit macht. Er kommt mit dem Auto sehr gut zurecht und er bringt es auf den Punkt. Ich war da nicht so erfolgreich und es gab auch immer wieder kleine Problemchen und wir haben das Auto nicht ganz perfekt hinbekommen. Alles zusammen, auch die eng beisammen liegenden Rundenzeiten in diesen Rennen, erklärt, wo ich gelandet bin."

Frage: "Nach Ungarn hat euer Präsident gesagt, dass er so eine Performance von Ferrari nie wieder sehen will. War da nicht großer Druck vor dem Heimrennen in Italien, beeinflusst dich das vielleicht auch?"
Schumacher: "Der Punkt ist, wenn die Resultate nicht kommen, dass man sich an einen Tisch setzt und überlegt, was falsch gemacht worden ist. Wo muss man sich verbessern? Der Präsident ist sehr hilfreich, weil er uns dazu bringt, zum richtigen Punkt konzentriert zu sein. Er greift die Schwächen aus seiner Sicht heraus und wir konzentrieren uns dann darauf. Ich glaube aber nicht, dass der Druck größer ist als sonst. Wir haben immer einen gewissen Druck. In den letzten drei Jahren haben wir die Fahrer- und Konstrukteurs-WM gewonnen, die Konstrukteurs-WM sogar viermal, und so ein Job wie in Ungarn ist für niemanden akzeptabel. Es gibt aber keinen Extra-Druck, speziell nicht mit dem Resultat heute. Jetzt sieht jeder, dass wir einen guten Job gemacht haben, und wir können wieder wie gewohnt weitermachen."