Schumacher: "Es waren schwierige zehn Jahre"

Ralf Schumacher blickt zurück auf seine Formel-1-Karriere, spricht über den Wechsel zu Toyota und gibt zu, dass er weniger erfolgreich war als erhofft

(Motorsport-Total.com) - Es ist still geworden um Ralf Schumacher. Am Silvesterabend erlebte er einen Adrenalinschub, als das New Yorker Hotel, in dem er mit seiner Familie ins neue Jahr rutschen wollte, in Flammen aufging, und ein paar Wochen später testete er in Estoril einen DTM-Mercedes. Ansonsten hat er momentan viel Zeit für seine "Privatgeschäfte", wie er es nennt.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumachers Karriere in der Formel 1 ist wohl endgültig vorbei

Mit der Formel 1 hatte Schumacher schon - zumindest vorübergehend für 2008 - beim Saisonfinale 2007 in Brasilien abgeschlossen. Nach dem Rennen, das er als Elfter beendete, gab er unserem Kollegen Adam Cooper von 'autosport.com' ein interessantes Interview, das nun veröffentlicht wurde. Darin sprach er für seine Verhältnisse ungewohnt offen über seine Karriere, Misserfolge und Geld in der Königsklasse des Motorsports.#w1#

Sternstunde in Kanada 2001

Zunächst zum Positiven - was waren deine schönsten Highlights, Ralf? "Die Rennen, in denen ich mit Michael gemeinsam auf dem Podium stand", entgegnete er nach kurzer Nachdenkpause. Besonders schön dürfte ihm sein zweiter Sieg in Kanada 2001 in Erinnerung sein, als er auf Williams 20 Sekunden vor dem Ferrari seines Bruders gewann - eine Sternstunde. Überhaupt war 2001 mit drei Grand-Prix-Triumphen seine erfolgreichste Saison in der Formel 1.

"Die Rennen, in denen ich mit Michael gemeinsam auf dem Podium stand." Ralf Schumacher

Aber es gab auch viele Negativphasen. Als er 2004 witterte, dass er bei Williams nicht Weltmeister werden kann - etwas später stieg auch noch BMW als Motorenpartner aus -, handelte sein damaliger Manager Willi Weber einen hoch dotierten Toyota-Vertrag aus. Schumacher hatte vor, wie sein Bruder Michael bei Ferrari Aufbauarbeit zu leisten und eines Tages die Früchte dafür zu ernten. Doch es kam anders - drei Podestplätze in drei Jahren waren eine magere Ausbeute.

"Es war ein Poker, aber das wusste ich, bevor ich zu Toyota kam", erinnerte er sich an seine Entscheidung von 2004 zurück. "Ich war mir wirklich hundertprozentig sicher, dass das funktionieren würde, aber gleichzeitig war mir auch klar: Wenn es nicht funktioniert, dann werde ich danach immer Schwierigkeiten haben. So ist es auch gekommen! Aber so ist das nun mal. Im Leben trifft man Entscheidungen. Im Nachhinein kann man leicht darüber reden."

War Toyota eine Fehlentscheidung?

Reue empfindet Schumacher im Nachhinein nicht: "Die Alternative wäre gewesen, bei Williams zu bleiben, aber das wäre auch nicht das Richtige gewesen. Es gab noch eine andere Alternative", sagte er, ohne auf diese einzugehen. "Ich dachte damals langfristig, weil ich mir sicher war, dass es mit Toyota klappen würde. Da wurde ich eines Besseren belehrt!" Zumindest menschlich habe er die Zeit aber sehr genossen, wenn es schon sportlich nicht hingehauen hat.

"Die Alternative wäre gewesen, bei Williams zu bleiben." Ralf Schumacher

Seine Karriere sei "schnell" vergangen, aber auch "interessant" gewesen: "Es waren zehn schwierige Jahre, denn ich habe nie das erreicht, was die Leute und ich selbst von mir erwartet haben. Ich musste immer erklären, warum es nicht geklappt hat", so der Deutsche. "Das Frustrierende war, dass ich mich nie beweisen konnte. Als der Williams gut war, habe ich Rennen gewonnen, und als der Toyota in Ordnung war, gab ich mein Bestes - aber mit dem Paket war das nicht konstant möglich."

"Als ich in die Formel 1 gekommen bin, dachte ich ganz ehrlich, dass ich erfolgreicher sein würde", zog Schumacher Bilanz. Andererseits weiß er aber auch, dass er mehr erreicht hat als viele andere: "Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Das haben nicht viele geschafft - und es waren auch nicht viele in meiner Position, immer in guten Teams zu sein." Aber ein Schumacher wird eben an sieben WM-Titeln gemessen, und so gesehen war seine Karriere ein Misserfolg.

Karriere finanziell gesehen ein Erfolg

Trotzdem muss sich der Wahlösterreicher, der in Hallwang bei Salzburg in einem wunderschönen Haus lebt, keineswegs verstecken, schließlich geht er in die Geschichte als zweiterfolgreichster deutscher Formel-1-Fahrer aller Zeiten ein. Außerdem hat er in seinen letzten Williams-Jahren und vor allem dann bei Toyota erstklassig verdient - zuletzt um die 14 Millionen Euro, wie man hört. Finanziell muss man sich um ihn also keine Sorgen machen.

Ralf und Michael Schumacher

Schumachersche Sternstunde: Ralf gewann in Kanada 2001 vor Michael Zoom

Dies sei zwar nie im Vordergrund gestanden, teilte Schumacher mit, aber es sei natürlich dennoch ein schönes Gefühl, unabhängig ins zweite Leben zu starten: "Wenn es einmal vorbei ist, kannst du die Rechnungen nicht nur damit bezahlen, indem du sagst: 'Hey, ich war mal Formel-1-Fahrer!' Man muss sein Leben schon auch finanzieren können - und zumindest in dieser Hinsicht war ich ziemlich erfolgreich."

Ganz mit dem Motorsport abgeschlossen hat er ohnehin noch nicht, schließlich könnte aus dem DTM-Test noch ein Mercedes-Werksvertrag für 2008 werden, und selbst wenn nicht: Ganz fernbleiben will er Benzingeruch und qualmendem Gummi nie. Benzin steckt "Schumi II", wie er immer genannt wurde, immer noch im Blut - und wer weiß, vielleicht sieht man ihn ja eines Tages auf der anderen Seite der Boxenmauer wieder...