• 07.09.2006 18:36

  • von Inga Stracke

Schumacher: "Es ist schon eine interessante Situation"

Michael Schumacher spricht im Interview nicht über seine Zukunft, aber über den WM-Kampf gegen Fernando Alonso und seine Chancen in Monza

(Motorsport-Total.com) - Jeden Donnerstag versammelt Michael Schumacher in zwei Pressebriefings Journalisten aus aller Welt um sich, die ihn mit verschiedensten Fragen löchern. Angesichts der Spekulationen der vergangenen Tage wäre heute natürlich sein möglicher Rücktritt das Hauptthema gewesen, doch just dieses Thema blockte er aus verständlichen Gründen ab.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher machte heute im Fahrerlager einen entspannten Eindruck

"Bevor wir die normale Frage-und-Antwort-Session starten, fange ich kurz an", eröffnete er die Runde. "Das Thema, um das es geht, ist ziemlich offensichtlich. Ich möchte dafür um Verständnis bitten, dass wir darauf nicht eingehen werden, weil es oft genug kommuniziert wurde, dass wir hier nach dem Rennen ein Statement abgeben werden. Es macht keinen Sinn, jetzt über alles spekulativ zu sprechen. Das ist nicht unser Stil. Vielen Dank!"#w1#

Schumacher schottet sich selbst vor Medien ab

Frage: "Michael, in den Medien wurde in den vergangenen Tagen recht definitiv über deinen Rücktritt berichtet. Ob diese Storys nun stimmen oder nicht, tut nichts zur Sache, aber was geht dir beim Lesen dieser Dinge durch den Kopf?"
Schumacher: "Es gibt gewisse Situationen im Leben, da kann man ahnen, was eventuell geredet wird - ob positiv oder negativ. Bei mir gibt es einen Schutzmechanismus, der mir sagt, nicht in die Medien einzusteigen, nichts davon zu lesen, nichts wahrzunehmen. Über das Wichtigste lasse ich mich informieren, aber der Rest, der da drin steht, den kann ich eh nicht ändern."

"Es hat in der Hinsicht noch nie einen Plan gegeben und es gibt auch heute noch keinen." Michael Schumacher

Frage: "Unabhängig davon, was am Sonntag passieren wird: Hast du einen Plan für die Zeit nach dem Karriereende?"
Schumacher: "Die Frage wurde mir schon oft gestellt. Es hat in der Hinsicht noch nie einen Plan gegeben und es gibt auch heute noch keinen."

Frage: "Du weißt also nicht, was du danach tun würdest?"
Schumacher: "Ich wäre dann wahrscheinlich arbeitslos..."

Frage: "Hast du echte Freunde in der Formel 1 und wodurch zeichnen sich diese deiner Meinung nach aus?"
Schumacher: "Die gibt es sicherlich, gar keine Frage, gerade bei mir im Team jede Menge. Das ist ja das Einzigartige, dass man das in der Welt, in der wir hier leben, behaupten kann. Das ist nicht unbedingt Standard. Sicherlich knüpft man auch manchmal mit jemandem von außerhalb des Teams Freundschaften. Dass man das nicht mit jedem tun kann, ist auch selbstverständlich."

Frage: "Wie empfindest du es, wenn du aus dem Auto aussteigst und dir gleich eine Horde von Journalisten entgegenkommt, von der du genau weißt, was sie von dir wollen?"
Schumacher: "Das ist ja nichts Überraschendes, insofern kann man sich auf so etwas gut vorbereiten. Damit muss ich mich nicht groß auseinandersetzen. Ich kann nicht sagen, dass ich dazu große Empfindungen habe."

Frage: "Würdest du unsere chaotischen Pressedonnerstage zumindest ein bisschen vermissen?"
Schumacher: "Ja, sicher, gar kein Thema!"

Keine Gedanken über Sonderstellung bei Ferrari

Frage: "Wie würdest du das beschreiben, was du seit deinem Eintritt ins Team für Ferrari geleistet hast?"
Schumacher: "Darüber mache ich mir nicht wirklich Gedanken."

"Im Briefing findet eine ganz normale Arbeitsweise statt, insofern ist das Business as usual." Michael Schumacher

Frage: "Fällt es dir an diesem Wochenende schwerer, dich auf deine Arbeit zu konzentrieren?"
Schumacher: "Nein, nicht wirklich. Ich muss mich damit nicht wirklich auseinandersetzen. Im Briefing findet eine ganz normale Arbeitsweise statt, insofern ist das Business as usual. Irgendwann wird dann auch die Mitteilung gemacht, die wir so gelegt haben, dass sie uns am allerwenigsten stören wird, weil wir mitten im WM-Kampf sind, was Priorität hat."

Frage: "In den vergangenen Rennen haben wir einige Fehler von dir gesehen. Wie leicht ist es, so etwas abzuschütteln?"
Schumacher: "Ich denke, Fehler gehören zu Menschen dazu - solange man sie versteht und solange man sie analysieren kann. Das war in der Vergangenheit auch noch nie ein großes Problem für mich."

Frage: "In Istanbul wurde dein Rückstand auf Fernando Alonso erstmals wieder größer. Bereitet dir das Sorgen?"
Schumacher: "Es wäre mir anders lieber, klar, und es macht mir bis zu einem gewissen Grad auch Sorgen, aber es sind ja noch vier Rennen zu fahren. Zwölf Punkte können ganz schön viel sein, aber auch wenig. Das hängt immer davon ab, wie die Dinge laufen."

Frage: "Nach Istanbul hast du gesagt, dass ihr analysieren wollt, ob ihr dich beim Boxenstopp an Felipe Massa hättet vorbeischleusen können. Was war das Ergebnis dieser Analyse?"
Schumacher: "Ich muss ehrlich gestehen, dass wir darüber zwar geredet, aber noch keine konkrete Antwort gefunden haben, weil es gewisse Dinge gibt, die man dafür herausfinden muss, was wir bisher noch nicht getan haben. Eventuell wird das in der Besprechung über das Wochenende ein Thema sein."

Massa kein anderer Teamkollege als Irvine oder Barrichello

Frage: "Hat sich dein Verhältnis zu Ferrari im vergangenen Jahr verändert, vor allem hinsichtlich der Rolle, die Felipe Massa im Vergleich zu Eddie Irvine beziehungsweise Rubens Barrichello einnimmt?"
Schumacher: "Nein, im Prinzip nicht."

"Die Meisterschaft ist für uns doch noch sehr offen." Michael Schumacher

Frage: "Wie ist Monza mit all den Tifosi für dich, gerade jetzt, in dieser entscheidenden WM-Situation?"
Schumacher: "Es ist schon eine interessante Situation. Die Meisterschaft ist für uns doch noch sehr offen. Wir blicken hier auf unserer Heimstrecke nach dem positiven Verlauf der dreitägigen Tests schon mit Spannung auf das Rennen voraus. Ich freue mich natürlich auf diesen Grand Prix, denn er hat entscheidenden Charakter für uns - genau wie alle anderen noch ausstehenden Rennen."

"Die Konkurrenzsituation war beim Test sehr eng, daher denke ich, dass alles davon abhängen wird, wer das Auto am besten auf die jeweiligen Bedingungen abstimmen kann, die ganz anders sein könnten als vorige Woche, wenn auch nur geringfügig. Sollte uns das gelingen, dann haben wir eine tolle Chance, ansonsten vielleicht nicht. Es wird knapp, aber wir freuen uns darauf."

Frage: "Ist Monza im Vergleich zu den anderen Strecken die beste Möglichkeit für Ferrari, Punkte gutzumachen?"
Schumacher: "Jein, würde ich nicht unbedingt so sehen. Die Tests haben gezeigt, dass es hier sehr eng zugeht zwischen uns und Renault. Wenn ich Hockenheim mal als letztes Rennen nehme, bei dem wir einen deutlichen Vorteil hatten, dann sehe ich den hier nicht."

Frage: "Könnten euch die neu asphaltierten Stücke in die Hände spielen?"
Schumacher: "Ich sehe das nicht als Vorteil, nein. Wir sitzen im gleichen Boot wie alle anderen. Von dem, was ich beim Test gesehen habe, macht es keinen großen Unterschied, aber die Strecke ist jetzt ebener und griffiger und angenehmer zu fahren. Alles ist jetzt vorhersehbarer."

Frage: "Es könnte an diesem Wochenende regnen. Machst du dir Sorgen wegen Bridgestones Reifenperformance im Nassen?"
Schumacher: "Wir haben inzwischen verstanden, was in Budapest passiert ist. Man konnte in bestimmten Phasen des Rennens sehen, dass wir stark waren, in anderen Phasen weniger. Man muss die Situation verstehen."

Wichtige Partnerschaft mit Renningenieur Dyer

Frage: "Wie wichtig ist dein Renningenieur Chris Dyer für dich, gerade in dieser entscheidenden Phase der Weltmeisterschaft?"
Schumacher: "Chris ist sicherlich eine der maßgeblichen Figuren und Persönlichkeiten, die bei mir am Auto sehr großen Einfluss haben, wie schnell und gut wir unser Auto in den Griff bekommen, abstimmen können und anpassen auf die Gegebenheiten."

"Es ist schon sehr freundschaftlich, eng und harmonisch." Michael Schumacher

Frage: "Chris Dyer bezeichnet euer Verhältnis als freundschaftlich. Wie siehst du das?"
Schumacher: "Absolut. Es ist schon sehr freundschaftlich, eng und harmonisch, auch mit seiner Frau - so, wie es sich wahrscheinlich jeder gerne vorstellen würde, dass man Arbeits- und Privatverhältnis miteinander kombinieren kann."

Frage: "Wie würdest du dein WM-Duell gegen Fernando Alonso mit früheren Kämpfen einsortieren, zum Beispiel im Vergleich zu Mika Häkkinen?"
Schumacher: "Das möchte ich im Moment nicht beurteilen, weil man dazu schon ein bisschen mehr Abstand braucht, glaube ich. Ich kann die Situation von damals jetzt sicher viel besser einordnen und analysieren als damals, als ich mitten im WM-Kampf mit Mika war. Ich erinnere mich an die guten Fights mit Mika im Jahr 2000 und davor. Es ging ja mal in beide Richtungen. Diese WM hat auch ihren eigenen Charakter."

Frage: "Inwiefern kann deine Erfahrung in diesem WM-Kampf ein Vorteil sein?"
Schumacher: "Es ist sicher kein Nachteil, aber auch wenn Fernando noch relativ jung ist, macht er schon sehr lange Motorsport. Er hat auch viel Erfahrung. Ich sehe das nicht als entscheidenden Faktor."

Frage: "Fernando Alonso sagt, dass er nicht glaubt, dass deine Rekorde je geschlagen werden. Macht es dich stolz, wenn das dein Hauptkonkurrent sagt?"
Schumacher: "Im Prinzip schon, denn das bedeutet, dass wir gegenseitig Respekt voreinander haben und dass wir respektieren, was jeder zu seiner Zeit geleistet hat."