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Sauber im Gespräch: Ein Tequila auf Perez
Peter Sauber analysiert den Grand Prix von Australien und wundert sich selbst über die Einstoppstrategie von Sensations-Rookie Sergio Perez
(Motorsport-Total.com) - Die Freude war nur von kurzer Dauer: Rookie Sergio Perez hatte sich beim Grand Prix von Australien dank einer unerwarteten Einstoppstrategie sensationell den siebten Platz gesichert, Kamui Kobayashi war Achter geworden. Aber gut drei Stunden nach Rennende dann die ernüchternde Mitteilung von der FIA: Heckflügel illegal, beide Autos disqualifiziert! Noch bevor dies bekannt wurde, stellte sich Teamchef Peter Sauber den Medien - und war zu dem Zeitpunkt verständlicherweise noch besser gelaunt als ein paar Stunden später. Aus dem Jubel- dürfte inzwischen wohl ein Frust-Tequila geworden sein...

© Sauber
Peter Sauber konnte sich nur kurz über WM-Punkte zum Auftakt freuen
Frage: "Herr Sauber, war die Einstoppstrategie von Sergio Perez im Vorhinein geplant?"
Peter Sauber: "Nein, nie im Leben! Er ist mit harten Reifen losgefahren. Das war nicht gut, denn die Fahrer um ihn herum hatten neue weiche. Die haben ihn dann überholt. Wir hatten nur noch gebrauchte weiche, also haben wir auf gebrauchte weiche gewechselt. Damit 35 Runden zu schaffen, ist unglaublich."
Strategie war nicht geplant
"Die Ingenieure haben ständig ein Fenster gesucht, wann es am besten wäre, an die Box zu kommen. Wir waren auf zwei oder sogar drei Stopps eingestellt. Aber die Zeiten blieben immer gleich! Im Gegenteil: Er wurde noch schneller und fuhr zwischendurch sogar mal die schnellste Runde. Dann haben wir gewartet. Als wir bei Runde 40 waren, hat man ihn über Funk gefragt: 'Glaubst du, es ist möglich, zu Ende zu fahren?' Und er hat geantwortet: 'Im Moment geht es gut.' Am Schluss ist man dann aber schon ein bisschen nervös geworden..."
Frage: "Hat er einen besonders reifenschonenden Fahrstil?"
Perez: "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht."
Frage: "War er auf einer anderen Strategie als Kobayashi?"
Sauber: "Ja. Kamui musste auf weichen Reifen starten. Wobei er natürlich sehr schlechte weiche Reifen hatte, denn er hat sie in Q2 gebraucht und in Q3 wieder. Die hatten dann schon viele Runden auf dem Buckel."
Frage: "Waren Sie von der Leistung von Perez überrascht?"
Sauber: "Absolut. Wenn man sich die Zeitentabelle anschaut, dann ist er sehr konstante Zeiten gefahren, bis in Runde 53. Wir haben ihm dann auch gesagt: 'Pass auf, schau dass du die Kiste heimbringst!' Unglaublich."
Frage: "War das nur eine Momentaufnahme in Australien oder sehen Sie auch einen Trend für die nächsten Rennen?"
Sauber: "Das Auto kann nicht schlecht sein und der Fahrer ist überraschend gut. Was den Fahrer betrifft, gilt das nicht nur hier, da bin ich mir sicher. Ich hatte schon nach Barcelona ein gutes Gefühl bei ihm und das hat sich hier mehr als bestätigt. Was das Auto angeht, muss man schauen, wie es in Malaysia geht. Melbourne ist doch ein sehr spezielles Rennen. Kuala Lumpur ist anders."
Update für Barcelona geplant
Frage: "Sie haben heute Ferrari angegriffen und Massa hinter sich gelassen. Schauen Sie jetzt eher nach oben oder ist punkten immer noch das Ziel?"
Sauber: "Nach oben gucken wir nicht. Jetzt schauen wir mal nach Malaysia. Dort kommt nochmal ein bisschen was, und der größere Schritt kommt dann in Barcelona. Wir sind das einzige Team, das mehr oder weniger einen konventionellen Auspuff hat. Da geht schon noch was, wenn wir den in Barcelona bekommen."
Frage: "Im Vorjahr waren Sie beim Testen sehr stark, aber dann konnten Sie bei den Grands Prix die Performance auf eine Runde nicht abrufen. Im Rennen war das Auto dennoch sehr reifenschonend. Ist das ein bisschen das, was wir jetzt erleben?"
Sauber: "Man kann die zwei Autos nicht vergleichen, aber das letztjährige Auto hatte zwei Schwächen: aerodynamische Effizienz und es war nicht möglich, das Auto mechanisch gesehen hoch und weich zu fahren. Jetzt ist das okay. Das neue Auto geht im Qualifying vielleicht sogar zu schonend mit den Reifen um, aber heute im Rennen war das gut."
Frage: "Hier sollten drei neue Elemente prägend sein: KERS, der verstellbare Heckflügel, die neuen Reifen. Das sollte alles durcheinanderbringen. Haben Sie das so empfunden?"
Sauber: "Nein. Ich habe nur einmal erlebt, dass etwas durcheinandergewirbelt wurde. Das war, als die FIA den Doppeldiffusor akzeptiert hat."
"Es ist auch im Nachhinein immer noch nicht verständlich, dass man das damals bewilligt hat, denn eigentlich ging das in eine ganz falsche Richtung. Man wollte die Autos langsamer machen, daher hat man den Diffusor flacher gemacht. Dann kann man doch nicht einen Doppeldiffusor erlauben, der auch noch viel Kosten verursacht. Das hat durcheinandergewirbelt."
Frage: "Aber die massiven Überholmanöver hat man heute nicht gesehen. Vielleicht eines oder zwei durch den Heckflügel..."
Sauber: "Also wir wurden schon überholt, aber wir waren am Anfang auch zu langsam."
Freude bei Pirelli
Frage: "Warum testet man denn eigentlich vier Wochen lang, wenn die Reifen dann beim ersten Rennen eh ganz anders sind?"
Sauber: "Ich kann nur sagen: Unser Pirelli-Mann wollte mich heute fast küssen! Der hat selbst nicht geglaubt, dass ein Stopp möglich ist."
Frage: "Trinken Sie heute noch einen Tequila auf Perez?"
Sauber: "Ja, der ist hinten! Wir haben einen Tequila-Sponsor, davon haben wir also genug. Schnaps ist nicht so meine Sache, aber heute gibt es einen!"
Frage: "Wie war Ihr erster Eindruck von ihm?"
Sauber: "Der war okay. Wir haben ihn ja schon in der GP2 beobachtet, wo er gute Arbeit geleistet hat. Auch bei den Wintertests waren wir zufrieden mit ihm. Das heute war aber außergewöhnlich."
Frage: "Und Ihr Eindruck von KERS, ist der besser? Bei BMW hatten Sie ja keinen besonders guten, oder?"
Sauber: "Nein, KERS war bei uns damals nicht so gut, auch vom Konzept her nicht. Hier profitiert man natürlich von der Ferrari-Erfahrung. Wir hatten viele Probleme beim Testen, aber die wurden gelöst. Hier gab es keine Probleme damit."
Frage: "Der Saisonauftakt ist also gelungen, ganz anders als im Vorjahr. Wie wichtig ist das?"
Sauber: "Für mich persönlich sehr. Ich bin wirklich glücklich. Es ist nicht leicht, ein privates Formel-1-Team zu betreiben, da sind Resultate extrem wichtig."

