Sato-Mania statt WM-Party im Suzuka-Vergnügungspark
Suzuka ist diesmal nicht das letzte Rennen der Saison, hat aber auch ohne WM-Showdown viel zu bieten - Rennvorschau
(Motorsport-Total.com) - Zum ersten Mal seit 2000, als Michael Schumacher in Suzuka gegen Mika Häkkinen seinen ersten WM-Titel auf Ferrari holte, ist der Grand Prix von Japan in dieser Saison nicht das letzte Rennen auf dem Kalender. Zwei Wochen später gastiert die Formel 1 noch in Brasilien. Dennoch freuen sich alle Beteiligten auf Suzuka - kaum ein anderer Kurs ist in Fahrerkreisen so beliebt und strahlt so viel Flair aus.

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Takuma Sato ist dieses Jahr der große Farbklecks in Suzuka
Die Auflage 2004 kann zwar nicht mit spannenden WM-Showdowns aufwarten, dafür gibt es aber interessante Auseinandersetzungen an der Nebenfront: BAR-Honda und Renault trennen nur neun Punkte im Kampf um den zweiten Platz bei den Konstrukteuren, während sich BMW-Williams und McLaren-Mercedes unter ähnlichen Voraussetzungen um Platz vier streiten. Darüber hinaus möchte Toyota vor heimischem Publikum endlich den einen Punkt Rückstand auf Jaguar-Cosworth aufholen und WM-Position sieben übernehmen.#w1#
Suzuka 2004 geprägt von der Sato-Mania
Obwohl diese Duelle zwar brisant sein mögen, in Wahrheit aber niemanden vom Hocker reißen, herrscht in Japan seit Montag Formel-1-Mania. Der Grund dafür: Takuma Sato. Spätestens seit seinem dritten Platz in Indianapolis im Juni hofft das Land der aufgehenden Sonne auf den ersten Heimsieg eines japanischen Piloten. Die Voraussetzungen dafür stehen gar nicht schlecht, denn Motorenhersteller Honda stellt eigens für dieses Ziel ein "Suzuka Special" zur Verfügung - mit mehr Leistung, aber weniger Standfestigkeit.
Sato und Suzuka passen irgendwie zusammen: Nach seiner mehr oder weniger verkorksten Premierensaison 2002 im Jordan-Honda rehabilitierte sich der "Kamikaze"-Pilot mit einem sensationellen fünften Platz vor eigenem Publikum, und als er ein Jahr später kurzfristig als Ersatzmann für Jacques Villeneuve in den BAR-Honda stieg, verbuchte er als Sechster drei weitere Zähler auf sein Japan-Konto.
Trotz der Begeisterung um den 27-Jährigen bedauern viele, dass in Japan diesmal nicht der Saisonabschluss stattfindet, denn die legendären WM-Schlussfeiern in den Karaoke-Boxen sind fast schon ein fixer Bestandteil der Formel-1-Geschichte - 2003 lief Ralf Schumacher leicht angeheitert mit einem Toyota-Shirt durch die Gegend, während Bruder Michael angeblich - nicht minder angetrunken - einen Fernseher durch ein Fenster warf und mit einem Gabelstapler für Unruhe sorgte...
Geringfügige Streckenmodifikationen
Mitten in einem Vergnügungspark mit dem berühmten Riesenrad gelegen, ist die 5,807 Kilometer lange Strecke im japanischen Suzuka die einzige im Formel-1-Kalender, die in Form einer Acht angelegt ist und gleichzeitig immer spannende Rennen verspricht. Aus Sicherheitsgründen wurde jedoch der Kurs im Bereich der Mutkurve 130R und der Schikane umgebaut, wodurch man sich mehr Sicherheit und bessere Überholmöglichkeiten erhofft.
Berühmt ist Suzuka trotz der zugegebenermaßen beschwerlichen Anreise nicht zuletzt aufgrund der ungeheuren Zuschauermassen, die sich am Wochenende an die 520 Kilometer südlich von Tokio gelegene Strecke aufmachen und für ein heilloses Verkehrschaos sorgen.
Da die meisten Hotels relativ weit von der Strecke entfernt liegen, ist sehr frühes Aufstehen angesagt. Ein Großteil der Zuschauer fährt deshalb auch mit dem Zug bis zum Bahnhof nach Shiroko und legt dann die restlichen 20 Minuten mit dem Taxi zurück. Der japanische Formel-1-Fan gilt übrigens als sehr ausdauernd - nicht selten hocken die Fans bis spät abends auf der Haupttribüne, um ja keine "Action" in der Boxengasse zu verpassen.
Japan: Für Europäer ganz klein...
Japanischkenntnisse sind immer von Vorteil, da kaum ein Japaner eine andere Sprache außer seiner Muttersprache auch nur rudimentär beherrscht. Bezüglich der Hotels tun Japanreisende gut daran, sich im Voraus zu erkundigen, ob ihre Hotels denn auch europäische Zimmer haben. Ist das nämlich nicht der Fall, kann es passieren, dass sich ein groß gewachsener Europäer in einem sechs Quadratmeter großen Zimmer mit einem 1,60 Meter langen Bett wiederfindet.
Einfacher haben es da die Fahrer, die gesammelt im 'Suzuka Circuit Hotel' direkt an der Strecke wohnen. In jenem Hotel befinden sich auch die diversen Log-Cabines, in denen am Sonntagabend nach dem Rennen immer die traditionellen Feiern stattgefunden haben.
In den Restaurants von Suzuka wird Internationalität groß geschrieben - von Pizza über Mexikanisch bis hin zu traditioneller japanischer Küche findet sich für jeden Geschmack etwas. Allein das 'Suzuka Circuit Hotel' bietet seinen Gästen sechs verschiedene Restaurants.
Ansonsten ist in Suzuka in punkto Partys nicht viel los. Spätestens um 23:00 Uhr machen sämtliche Lokalitäten dicht und wer danach noch Hunger auf Sushi verspürt, hat eben Pech gehabt. Dafür haben die Fans aber Gelegenheit, ihren Idolen näher zu kommen als auf irgendeiner anderen Strecke, denn beinahe täglich gibt es Autogrammstunden und Veranstaltungen rund um die Strecke.
Japan heißt auch Land der aufgehenden Sonne, das wird durch den roten Ball in der Nationalflagge symbolisiert. Das Land besteht aus nahezu 4.000 Inseln, der gesamte Archipel erstreckt sich über mehr als 3.000 Kilometer. Suzuka liegt auf der Insel Honshu, die eine der vier Hauptinseln des Landes ist.
Geschichte und Kultur
Japan bedeckt eine Fläche von 378.000 Quadratkilometern, fünf Prozent mehr als Deutschland. Die Bevölkerung von 126 Millionen übertrifft jedoch die aller europäischen Länder außer Russland. Die meisten Einwohner leben in den Ballungsräumen, allein 16 Millionen im Gebiet Tokyo/Yokohama.
50 Kilometer nordöstlich von Suzuka liegt Nagoya, mit 2,2 Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt Japans. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt weitgehend zerstört.
Beim Wiederaufbau wurden breite Straßen angelegt und zahlreiche unterirdische Passagen mit Geschäften und Restaurants, zudem hat Nagoya einen der größten Häfen der Welt.
Japan ist ein Land für viele unterschiedliche Aktivitäten: Wandern in den Japanischen Alpen mit dem berühmten Berg Fuji, Skifahren, Surfen und Tauchen an der Küste des Japanischen Meeres, Kuren in einer der über 1.800 Thermalquellen des Landes, oder Landschafts-Sightseeing in einem der 47 Naturparks.
Sehenswürdigkeiten
100 Kilometer östlich von Suzuka liegt Kyoto, für mehr als 1.000 Jahre bis 1868 die Residenz der japanischen Kaiser. Hier entstand die klassische Kultur des Landes. In Kyoto finden sich 1.605 Tempel und 271 Schreine, die ältesten von ihnen stammen aus dem achten Jahrhundert. In vielen Bezirken der Stadt finden sich kleine, beschauliche Gassen mit den traditionellen japanischen Holzhäusern und kleinen, aber wunderschönen Gärten.
Made by Honda
Gebaut wurde der 'Suzuka International Circuit' im Jahr 1962 vom Automobilhersteller Honda als hauseigene Teststrecke samt einem Vergnügungspark für die Mitarbeiter und Familien. Obwohl die Motorsport-Tradition Japans in der Formel 1 und im Motorradsport in den frühen 60er-Jahren ihren Anfang nahm, gibt es erst seit 1976 einen Formel-1-Grand-Prix im Land, und erst 1987 gastierte man zum ersten Mal in Suzuka. Die Strecke gilt als fahrerisch sehr anspruchsvoll, besonders die S-Kurven erfordern eine extrem saubere Linie, die berüchtigte 130R den ganzen Mut der Fahrer.
Anstrengend ist der Kurs nicht nur wegen der vielen schnellen Kurven und Richtungswechsel, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass das Wetter häufig unberechenbar ist, was zu der körperlichen Belastung eine zusätzliche mentale Belastung darstellt. Viele Fahrer kennen aus ihrer Zeit in der Formel Nippon die Strecke wie ihre eigene Westentasche.
Die Geschichte des Grand Prix von Japan
Das erste Formel-1-Rennen in Japan fand nicht in Suzuka, sondern 1976 am Mount Fuji statt. Den Grand Prix beendete Frauenschwarm James Hunt als Dritter und wurde Weltmeister, Mario Andretti überquerte die Ziellinie als Sieger. Niki Lauda hatte wegen des starken Regens aufgegeben und damit seinen WM-Titel hergeschenkt. Als 1977 bei einem Unfall zwischen Gilles Villeneuve im Ferrari und Ronnie Peterson im sechsrädrigen Tyrrell zwei Zuschauer ums Leben kamen, pausierte die Formel 1 in Japan für zehn Jahre.
Erfolgreichster Pilot in Suzuka ist Michael Schumacher, der 1995, 1997, 2000, 2001 und 2002 das Rennen gewinnen konnte. Mika Häkkinen, Damon Hill, Gerhard Berger und Ayrton Senna kamen auf je zwei Siege. Die erfolgreichsten Teams mit je sechs Siegen sind Ferrari und McLaren, während Williams und Benetton jeweils auf drei Triumphe kommen.
Die Schlachten zwischen Senna und Prost
Denkwürdige Rennen lieferten sich in Suzuka vor allem Ayrton Senna und Alain Prost. 1989 hätte Senna das Rennen gewinnen müssen, um den WM-Titel nicht an seinen McLaren-Teamkollegen Prost zu verlieren. Sennas Pole war nutzlos, als Prost als Erster in die erste Kurve einbog. In Runde 47 versucht Senna in einem waghalsigen Manöver an Prost vorbeizugehen, nachdem sich dieser einfach keinen Schnitzer erlaubte. Prost machte die Türe zu und beide Piloten krachten ineinander. Prost war damit Weltmeister, obwohl Senna das Rennen gewann, weil der Brasilianer unter umstrittenen Umständen nachträglich disqualifiziert wurde.
Ein Jahr später folgte die Retourkutsche. Dieses Mal führte Ayrton Senna die WM-Wertung an und Ferrari-Pilot Alain Prost musste das Rennen gewinnen. Senna zwar gezwungen, vom zweiten Startplatz aus ins Rennen gehen und krachte Prost gleich in der ersten Kurve ins Heck. Beide rodelten von der Strecke und damit hatte Senna erfolgreich mit einer fragwürdigen Aktion Rache geübt.
2003
Michael Schumacher geht unter der Voraussetzung in das Rennen, dass ihm ein achter Platz zum Gewinn des Titels reicht - und nach Kollisionen mit Lokalmatador Sato und seinem Bruder fährt er tatsächlich just diesen achten Platz nach Hause. Ferrari-Pilot Rubens Barrichello beendet die Saison 2003 mit einem ungefährdeten Sieg vor WM-Aspirant Kimi Räikkönen auf McLaren-Mercedes, der Brasilianer hätte es jedoch wesentlich schwerer gehabt, wäre nicht Juan-Pablo Montoya in Führung liegend mit technischen Problemen an seinem BMW-Williams ausgeschieden. Das japanische Publikum bejubelt indes den sensationellen sechsten Platz von BAR-Honda-Fahrer Takuma Sato.
2002
Die Saison 2002 endet mit einem Doppelsieg - Michael Schumacher vor Rubens Barrichello - des dominanten Ferrari-Teams vor Kimi Räikkönen und Juan-Pablo Montoya auf den Plätzen drei und vier, sowie Takuma Sato und Jenson Button die die letzten beiden Punkteränge belegen. Für Abwechslung in einem Rennen, das an sich fast durchgängig langweilig ist, sorgen nur die Ausfälle, von denen es zehn an der Zahl gibt.
2001
Ferrari-Fahrer Michael Schumacher gewinnt ungefährdet sein neuntes Saisonrennen und knackt als erster Fahrer die 800-WM-Punkte-Marke. Auf den zweiten Platz kommt Juan-Pablo Montoya im BMW-Williams, Teamkollege Ralf Schumacher wird wegen Abkürzens der Schikane bestraft und wird nur Sechster. McLaren-Mercedes-Pilot Mika Häkkinen überlässt in seinem letzten Rennen David Coulthard den dritten Platz. Rubens Barrichello im zweiten Ferrari wird Fünfter.
2000
Mit seinem Sieg bei schwierigen äußeren Bedingungen mit leichtem Regen holt sich Michael Schumacher seinen dritten Suzuka-Sieg und gleichzeitig seinen ersten WM-Titel mit Ferrari. Dank einer perfekten Strategie kann man Widersacher Mika Häkkinen in der Boxengasse überholen, der sich vor seinem Teamkollegen David Coulthard im zweiten McLaren-Mercedes mit einem zweiten Platz zufrieden geben muss.
1999
Mit einem Start-Ziel-Sieg sichert sich Mika Häkkinen den ersten Platz und damit auch den WM-Titel vor Ferrari-Pilot Eddie Irvine. Ferrari gelingt es zumindest, dank eines zweiten Platzes von Michael Schumacher und eines dritten Ranges von Eddie Irvine zum ersten Mal seit 1983 den Konstrukteurstitel zu gewinnen.
1998
Polesetter Michael Schumacher bleibt beim Vorstart stehen und muss damit den ersten Startplatz Gegner Mika Häkkinen überlassen. Der Finne kann das Rennen gewinnen und seinen ersten WM-Titel einfahren, Michael Schumacher muss nach einem Reifenschaden an dritter Stelle liegend aufgeben. Eddie Irvine im Ferrari wird Zweiter vor David Coulthard im zweiten McLaren-Mercedes.
1997
Eddie Irvine lässt Michael Schumacher passieren und blockiert anschließen Williams-Renault-Pilot Jacques Villeneuve, mit dem Schumacher um den Titel kämpft. Während Michael Schumacher gewinnt, wird der Kanadier - nur unter Protest ins Rennen gegangen - wegen Ignorierens gelber Flaggen im Training nachträglich disqualifiziert. Heinz-Harald Frentzen im Williams wird somit Zweiter vor Eddie Irvine im Ferrari.
1996
Mit einem Start-Ziel-Sieg beendet Damon Hill das Rennen in Suzuka und wird Weltmeister, weil sein Teamkollege Jacques Villeneuve nach einem Radverlust ausfällt. Michael Schumacher kommt auf den zweiten Platz, Mika Häkkinen wird Dritter.

