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Saisonanalyse Teil 25: Minardi-Cosworth
Lesen Sie im 25. Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr von Minardi-Cosworth
(Motorsport-Total.com) - Das MinardiF1 Team war der kleinste Rennstall in der Formel 1, der bei über 340 Grand Prixs gemeldet war - allerdings keinen mit einem Sieg beenden konnte. Ohne Multimillionär Paul Stoddart, der das Team aufkaufte, wäre der Rennstall von Gian Carlo Minardi vergangene Saison nicht am Start gewesen. Der Australier nutzte in diesem Jahr die Gunst der Stunde und verkaufte seinerseits an Red Bull. Zum 1. November ist damit aus dem MinardiF1 Team die Mannschaft von Squadra Toro Rosso geworden.

© Minardi
Für Minardi (links) und Stoddart war es die letzte Formel-1-Saison mit Minardi
Die letzten Jahre des Rennstalls in der Formel 1 waren hart umkämpft aber nicht erfolgreich. Das Team mit dem Hauptquartier in Faenza (Italien) und Büros in Ledbury (Großbritannien) konnte 2003 als einziger Rennstall keinen WM-Punkt einfahren, 2004 war es ein einziger Zähler. Im vergangenen Jahr gab es dank des "Skandalrennens" von Indianapolis sieben Zähler - ein großer Erfolg für das Team, das ohne dieses Rennen ansonsten ohne Punkte hätte das letzte Formel-1-Kapitel schreiben müssen.#w1#

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Patrick Friesacher wurde von seinen Sponsoren im Stich gelassen Zoom
Denn auch in der abgelaufenen Saison das Team mit dem geringsten Budget (laut Aussage von Gian Carlo Minardi gegenüber 'F1Total.com' nur 25 Millionen Dollar!) im Feld nichts anderes machen, als mit dem langsamsten Auto im Feld tapfer hinterherzufahren. Mit Christijan Albers hatte man einen hoffnungsvollen Nachwuchsfahrer verpflichtet, der Holländer kam nach vier erfolgreichen Jahren aus der DTM in die Formel 1. Zweiter Fahrer war zunächst der Österreicher Patrick Friesacher, damit hatte Stoddart einen weiteren Formel-1-Neuling in seinem Auto sitzen - typisch für Minardi.
Wie in jedem Jahr war Paul Stoddart auch in diesem Jahr darauf angewiesen, dass seine Fahrer für das Cockpit via Sponsorengelder zahlen können. Patrick Friesacher hatte das Pech, dass seine Supporter ab Mai ihre Zusagen nicht mehr einhielten. Stoddart zeigte sich lange Zeit geduldig, doch um den Geldhahn wieder aufdrehen zu können, musste er zum zwölften Saisonrennen am 11. Juli auf dem Hockenheimring Robert Doornbos ins Rennen schicken. Damit hatte der Rennstall zwei Holländer unter Vertrag.

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Das Minardi-Team kämpfte sich tapfer durch die letzte Formel-1-Saison Zoom
Es gibt kaum eine Saisonstatistik, in der das Team nicht ganz hinten liegt. Die wenigsten WM-Punkte (7), die höchst Ausfallquote (über 33 Prozent), der schlechteste durchschnittliche Startplatz (15,8) oder die wenigsten Testtage (11) und Testkilometer (12.344). Immerhin konnte man die bisher beste Saison (1991 mit 6 WM-Punkten auf dem siebten Rang) zumindest in Bezug auf die Punkte toppen.
Typisch Paul Stoddart gab es schon den ersten politischen Machtkampf, als die Saison noch nicht einmal begonnen hatte. Der Minardi-Teamchef wollte in seiner australischen Heimat unbedingt mit den Boliden des Vorjahres (PS04B) antreten, bereits beim Saisonabschluss 2004 in Sao Paulo sammelte er die hierzu notwendigen Unterschriften. Nur die von Ferrari fehlte, und Jean Todt, der Rennleiter der Italiener, verweigerte diese auch im Vorfeld des Rennens in Melbourne.
Stoddart stieg auf die Barrikaden, fühlte sich ungerecht behandelt. Nach einigem Hin und Her stimmten alle Teams, auch Ferrari, dem Minardi-Plan zu. Doch dann schalteten sich die Stewards der FIA ein: Keine Starterlaubnis für Minardi, wenn sie die Vorjahresautos einsetzen wollen. Damit wurde ein Stein ins Rollen gebracht, der besser an seinem angestammten Platz liegen geblieben wäre.

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Max Mosley und Paul Stoddart lagen sich regelmäßig in den Haaren Zoom
Minardi holte die Aerodynamikteile nach 2005er Regeln aus der Versenkung, doch noch ließ man den ersonnenen Plan nicht fallen, man zog vor ein australisches Gericht. Die erhaltene Einstweilige Verfügung setzte man aber nie durch, da, wie Stoddart es ausdrückte, FIA-Präsident Max Mosley drohte, das Rennen abzusagen, sollte man dieses Rechtsmittel verwenden.
Der Eklat war perfekt, und auch die Landsleute Stoddarts rieben sich verwundert die Augen. Plötzlich stand das Rennen in Melbourne auf der Kippe. Patrick Friesacher und Christijan Albers kamen dann doch noch zum Fahren, mit den 2005er Aerodynamikteilen. Das Rennen war freilich aus der Sicht der beiden Fahrer mit den praktisch ungetesteten Teilen eine Katastrophe. Dass Friesacher als 17. das Ziel sah, bezeichnete selbst das Team als Wunder.

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In Imola debütierte der Minardi PS05 - beide Autos schieden aus Zoom
Erst zum vierten Rennen in Imola schickte das Team mit dem PS05 das Auto der Saison 2005 an den Start - beide Fahrer schieden mit einem Getriebeschaden aus. Auch in den Rennen danach streikte das Getriebe im Heck des Minardi immer wieder. Noch peinlicher war der Doppelausfall im Frankreich-Grand-Prix, als man vergaß, die Ventilkappen auf die Reifen zu schrauben.
Trotz aller Probleme und ausbleibender sportlicher Erfolge war Minardi bei den Fans sehr beliebt, vielleicht gerade wegen der "Underdog"-Rolle, die man jedes Jahr erfüllte. Doch wenn es um die politischen Machtkämpfe in der Formel 1 ging, war Paul Stoddart nie jemand, der freiwillig die rote Laterne in die Luft hielt. Seine Wortgefechte, die zum Teil schriftlich über die Öffentlichkeit ausgetragen wurden, sind legendär.
Mit dem Minardi-Team, das 1985 beim Großen Preis von Brasilien in Rio de Janeiro sein Formel-1-Debüt gegeben hat, verschwindet ein Name aus der Formel 1, der im Verhältnis zu den sportlichen Erfolgen extrem tief mit der Formel 1 verwurzelt ist. Viele Talente sind mit Minardi in die Formel 1 gekommen, unter anderem auch Weltmeister Fernando Alonso. Nicht zuletzt deshalb werden viele Fans den Namen Minardi vermissen, der trotz einer Fanpetition aus der "Königsklasse des Motorsports" verschwinden wird.
Analyse der 'F1Total.com'-Experten:
Marc Surer: "Minardi war mit dem neuen Auto zeitweise sogar schneller als Jordan, bis dann Jordan auch das B-Modell gebracht hat - aber immerhin! Sie haben manchmal aufblitzen lassen. Von Minardi hat man sowieso nie mehr erwartet. Den letzten Platz haben sie gut verteidigt."
"Gespannt bin ich, wie es mit dem V10 aussehen wird: Im Prinzip müssen sie bluffen und nicht gleich voll fahren, denn wenn sie zu schnell werden, setzt die FIA sicher ein rigoroseres Drehzahllimit. Es ist viel Taktik angesagt, um die V10-Geschichte richtig nutzen zu können."
Hans-Joachim Stuck: "Gut, dass sie dabei waren! Der Verkauf an Red Bull ist eine tolle Sache. So lebt der Geist von Minardi weiter. Aber es hat sich 2006 wieder einmal gezeigt, dass es für die Privatteams immer schwieriger wird, mit den großen Herstellern mitzuhalten. Umso mehr ist zu bewundern, dass sie das so konsequent gemacht haben. Ohne Minardi als Lehrstelle wären einige Piloten heute nicht in der Formel 1."
Statistiken zur Saison des Minardi-Cosworth-Teams:
Teamwertung: 10. mit 7 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 19 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Siege: 0 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 0 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 15,8 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 13.
Bestes Ergebnis Rennen: 5.
Gefahrene Führungsrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Ausfallrate: 33,3 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 11 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 12.344 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 6 (Gesamtübersicht)

