• 16.11.2005 15:51

  • von Fabian Hust

Saisonanalyse Teil 24: Fernando Alonso

Lesen Sie im 24. Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr von Renault-Pilot Fernando Alonso

(Motorsport-Total.com) - Für viele Experten war Fernando Alonso schon vor der Saison 2005 neben Kimi Räikkönen das viel versprechendste Nachwuchstalent in der Formel 1. Nicht umsonst hat Renault den Spanier nach dessen erster Formel-1-Saison 2001 bei Minardi in das Team geholt, ihn während eines Jahres als Testfahrer auf seinen Aufstieg als Einsatzfahrer vorbereitet und ihn darüber hinaus langfristig an das Team vertraglich gebunden.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso nach seinem Titelgewinn: Die Anspannung löst sicht...

Die Fahrzeugbeherrschung des Rennfahrers aus Oviedo, der erst 1999 in den Formel-Sport aufstieg, ist phänomenal, sein Fahrstil außergewöhnlich. Kein Fahrer lenkt so aggressiv und ruckartig in die Kurve ein, wie es der 24-Jährige tut. Obendrein verfügt Alonso über die notwendige "Rennintelligenz" und Ruhe, um wertvolle Punkte nicht durch übermotivierte Handlungen zu riskieren.#w1#

Vor allem zu Saisonbeginn hatte Fernando Alonso ein Auto, das den Boliden der Konkurrenz überlegen war. So konnte sich der Spanier in den ersten Rennen bereits ein ordentliches Punktepolster auf Hauptkonkurrent Kimi Räikkönen aufbauen, das der Finne bis zum Saisonende nicht mehr abtragen konnte.

Rubens Barrichello und Fernando Alonso

Trotz Regen im Qualifying kam Alonso im Australien-Grand-Prix auf das Podium Zoom

Der Saisonauftakt in Melbourne war jedoch nach den viel versprechenden Wintertestfahrten mit einem kleinen Rückschlag verbunden, für den "Nano" jedoch nichts konnte - es regnete in der Qualifikation und so fand sich der Spanier auf dem 13. Platz wieder, konnte sich im Rennen jedoch noch auf den dritten Platz vorarbeiten. Es folgte ein Sieg-Hattrick (Malaysia, Bahrain und San Marino).

Spätestens nach dem dritten Saisonrennen, wo Fernando Alonso in Imola den wesentlich schnelleren Michael Schumacher völlig routiniert rundenlang hinter sich lassen konnte, war den Beobachtern klar, dass hier ein zukünftiger Weltmeister seine Runden dreht.

Die folgenden Rennen lieferte Fernando Alonso eine überzeugende Schau ab, auch wenn er bei seinem Heimrennen als Zweiter den Sieg verpasste. In Monaco überquerte er nur deshalb die Ziellinie als Vierter, weil abbauende Reifen ein besseres Ergebnis vereitelten. Auf dem Nürburgring erhielt Alonso dann ausgerechnet von Kimi Räikkönen Schützenhilfe, dessen Sieg er in der allerletzten Runde "erbte", als dem Finnen nach Auftreten einer Bremsplatte die Vorderradaufhängung brach.

Fernando Alonso

In Kanada musste Alonso den Medien einen Fahrfehler melden Zoom

Beim folgenden Rennen in Kanada leistete sich dann aber auch der Renault-Pilot einen folgenschweren Fehler, als er mit seinem Auto eine Betonwand touchierte und mit einer beschädigten Aufhängung aufgeben musste. Nachdem er wie alle anderen Michelin-Fahrer in Indianapolis zuschauen musste, kehrte der WM-Führende aber schon in Magny-Cours beim Heimrennen der Franzosen auf die Siegerstraße zurück.

In der zweiten Saisonhälfte war Alonso mit der Ausnahme des Grand Prix von Ungarn, wo er nach einer Kollision mit Ralf Schumacher den Frontflügel einbüßte und als Elfter das Ziel sah, immer auf dem Podium. Zwei Mals als Sieger (Deutschland, China), vier Mal als Zweiter (Großbritannien, Türkei, Italien, Belgien) und zwei Mal als Dritter (Brasilien, Japan).

Besonders in einigen Rennen des letzten Saisondrittels hielt sich Fernando Alonso aus taktischen Gründen zurück, weil sein Vorsprung groß genug war, als dass er durch gewagte Überholmanöver wertvolle Punkte riskieren wollte. Was die meisten Experten als intelligentes Taktieren abhakten, rief jedoch Kritiker auf den Plan, die aussagten, die schnellste Kombination aus Fahrer und Auto sei gar nicht Weltmeister geworden.

Fernando Alonso

Der Renault erwies sich für Fernando Alonso als extrem verlässlicher Partner Zoom

Doch es war eben die enorme Zuverlässigkeit (kein einziger technisch bedingte Ausfall, kein außerplanmäßiger Motorwechsel!), die Fernando Alonso in diesem Jahr ein verlässlicher Partner im Kampf um den Titel war. Unter dem Strich war die Kombination aus Kimi Räikkönen und McLaren-Mercedes wohl schneller, doch die Fehlerquote war bei Fahrer und Auto der Konkurrenz größer. Große Champions wissen, wie sie den Balanceakt zwischen Speed und Zuverlässigkeit bewältigen können.

Teamkollege Giancarlo Fisichella ließ Fernando Alonso mit seinen sieben Siegen, sechs Pole Positions und 133 Punkten alt aussehen. Der Römer kam nur auf einen Sieg, eine Pole Position und 58 Punkte. Im Qualifying-Duell unterlag er mit 19:6 (das zweigeteilte Qualifying zu Saisonbeginn mit berücksichtig) und im Rennen lag Alonso zehn Mal vor Fisichella, wenn beide die Zielflagge sahen, Fisichella nur drei Mal.

Fernando Alonso mag mittlerweile zwar schon 69 Formel-1-Rennen auf dem Buckel haben, doch mit seinen erst 24 Jahren ist er ein bemerkenswert reifer Rennfahrer, der in diesem Jahr ungemein abgebrüht zu seinem ersten WM-Titel gefahren ist. Sein Rekord als jüngster Grand-Prix- und Titelsieger dürfte wohl noch einige Zeit in den Geschichtsbüchern der Formel 1 Bestand haben.

Analyse der 'F1Total.com'-Experten:

Marc Surer: "Er hat dieses Jahr keine Fehler gemacht. Sein einziger Fehler in Montréal wurde indirekt durch das Team verursacht, weil sie ihn nicht an Fisichella vorbeibeordert haben. Dadurch kam er in Bedrängnis, als die McLarens aufgeschlossen sind. Er fährt auch viel reifer, als man es bei einem Jungen in seinem Alter erwarten würde - fehlerfreier als zum Beispiel Michael Schumacher in seinen ersten Jahren."

Hans-Joachim Stuck: "Sicher ein würdiger Nachfolger von Michael Schumacher - in jeder Beziehung. In 19 Rennen hat er zwei Fehler gemacht, wobei die Kollision mit Ralf Schumacher am Start in Ungarn eigentlich nur ein halber war. Und zum Mauerkuss in Montréal: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt! Er wurde mit einer unglaublichen Reife und Souveränität verdient zum jüngsten Weltmeister der Geschichte."

Statistiken zu Fernando Alonsos Saison

Fahrerwertung: 1. mit 133 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 18 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Siege: 7 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 6 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 3,9 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 2 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 1.
Bestes Ergebnis Rennen: 1.
Gefahrene Führungsrunden: 334 (Gesamtübersicht)
Ausfallrate: 5,6 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 28 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 12.344 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 6 (Gesamtübersicht)