• 15.11.2005 15:17

  • von Fabian Hust

Saisonanalyse Teil 23: Kimi Räikkönen

Lesen Sie im 23. Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr von McLaren-Mercedes-Pilot Kimi Räikkönen

(Motorsport-Total.com) - Kimi Räikkönen gilt als einer der Stars der Zukunft, die Michael Schumacher eines Tages "beerben" könnten. Als der Finne in der Saison 2001 als erst 21-Jähriger direkt aus der Formel Renault in die "Königsklasse des Motorsports" zum Sauber-Team wechselte, da rief das die Kritiker auf den Plan, die ihre Zweifel hatten, ob man einem solch unerfahrenen jungen Piloten die Superlizenz aushändigen darf. Nach nur wenigen Rennen war auch der letzte Kritiker verstummt.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Flavio Briatore und Kimi Räikkönen

Am Ende musste Kimi Räikkönen Gegner Fernando Alonso zum Titel gratulieren

Das McLaren-Mercedes-Team erkannte das Talent aus Finnland während dessen erster Formel-1-Saison im Schweizer Rennstall, es folgte der Wechsel in das Team von Ron Dennis. Seine finnisch gelassene Art brachte ihm den Spitznamen "Iceman" ein.#w1#

Keine Frage, Räikkönen bringt alle notwendigen Fähigkeiten mit, um wie sein Vorgänger und Landsmann Mika Häkkinen zusammen mit dem McLaren-Mercedes-Team Weltmeister zu werden. Doch wie schon 2003 verpasste Räikkönen in diesem Jahr den Titel knapp und musste Fernando Alonso den Vortritt lassen.

Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen

Räikkönen trat bei McLaren-Mercedes 2002 die Nachfolge von Mika Häkkinen an Zoom

Zwar leistete sich Kimi Räikkönen in der Qualifikation und im Rennen mehr Fehler als sein Widersacher Fernando Alonso, doch die Hauptschuld am erneut verpatzten Kampf um den WM-Titel trägt das Team, das nicht in der Lage war, ein Auto auf die Beine zu stellen, das jenem von Renault in Bezug auf die Zuverlässigkeit ebenbürtig war.

Alleine vier Mal musste bei Kimi Räikkönen im Freien Training der Motor gewechselt werden - so viel wie bei keinem anderen Fahrer. Dadurch startete der Finne jeweils von zehn Plätzen weiter hinten im Feld, was seine Siegchancen von vorneherein schmälerte.

Kimi Räikkönen

Zu oft musste Kimi Räikkönen in der vergangenen Saison sein Auto abstellen Zoom

Dennoch gelangen ihm sieben Saisonsiege, wobei jener vom 17. Startplatz aus beim vorletzten Saisonrennen in Japan zu den stärksten Leistungen eines Fahrers in der über 50-jährigen Formel-1-Geschichte gezählt werden kann.

Immer wieder musste der McLaren-Mercedes-Pilot unfreiwillig das Feld von hinten aufrollen, war dabei aber nicht nur in Suzuka äußerst erfolgreich. in Frankreich fuhr er als 13. los und wurde Zweiter, in Italien stürmte er vom elften Startplatz auf den vierten Rang nach vorn und in Silverstone ging es vom zwölften Platz aus bis auf P3 nach vorn. Zehn schnellste Rennrunden in der abgelaufenen Saison sprechen eine ebenso deutliche Sprache.

Trotz aller Probleme - mit einer Ausfallquote von rund elf Prozent gibt es nur vier Fahrer (Ersatzpiloten nicht berücksichtigt), die im Rennen ein zuverlässigeres Auto hatten. Doch kein Fahrer war vor dem Start schon so gehandicapt wie Räikkönen, dessen Pech beim Großen Preis von Europa seinen Höhepunkt fand, als er in der letzten Runde in Führung wegen einer kollabierten Vorderradaufhängung in Führung liegen ausschied. Doch musste sich der 26-Jährige diesen Ausfall letztendlich selbst zuschreiben, war der Defekt doch auf einen Bremsplatten zurückzuführen.

Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes MP4-20)

Der Aufhängungsschaden auf dem Nürburgring war der bitterste Ausfall 2005 Zoom

Vor allem zu Saisonbeginn war der "Silberpfeil" noch zu unzuverlässig. In Imola hätte Kimi Räikkönen wohl den ersten Saisonsieg einfahren können, doch die Antriebswelle gab vorzeitig den Geist auf und bei seinem "Pechrennen" auf dem Hockenheimring, wo er noch nie (!) die Zielflagge sah, streikte die Hydraulik. Beim Großen Preis der USA war der Rennfahrer aus Espoo wegen der bekannten Reifenprobleme bei Michelin erst gar nicht am Start.

Als hinderlich erwies sich für Kimi Räikkönen zu Saisonbeginn auch das Einzelzeitfahren, das ihn in Melbourne in voller Härte traf, als es regnete. Das Rennergebnis (ein achter Rang) wirkte sich auch auf die Qualifikation in Malaysia aus, wo er im Rennen Neunter wurde, bis er in Bahrain als Dritter erstmals auf das Podium klettern konnte.

Lässt man mal das Europa-Rennen außer Acht, wo Räikkönen trotz Ausfall wegen der 90-Prozent-Regel noch als Elfter gewertet wurde, war ab dem dritten Saisonrennen ein vierter Rang in Monza das "schlechteste Ergebnis", ansonsten war der 1 Meter 75 große Rennfahrer zwei Mal Dritter, drei Mal Zweiter und sieben Mal Erster - wenn er denn das Ziel sah.

Kimi Räikkönen  und Fernando Alonso

Trotz aller Probleme - Kimi Räikkönen hatte auch jede Menge Grund zum Jubeln Zoom

Gegen Teamkollege Juan-Pablo Montoya musste sich Kimi Räikkönen gegen Saisonende etwas strecken, als sich dieser in das Team eingelebt hatte und vor allem das Auto etwas besser auf seinen Fahrstil optimiert worden war. Dennoch entschied Räikkönen das Stallduell im Qualifying mit 16:5 (das zweigeteilte Qualifying zu Saisonbeginn ist hier berücksichtigt) deutlich für sich. Kamen beide Fahrer ins Ziel, stand Räikkönen vier Mal vor Montoya, umgekehrt war dies jedoch fünf Mal der Fall.

Ohne Zweifel wäre Kimi Räikkönen ein würdiger Weltmeister, würde ihm das bisher verwehrte Glück in Zukunft einmal vergönnt sein. Doch der Finne muss Teamkollege Juan-Pablo Montoya im Auge behalten, der zwar nach Punkten (112:60) in diesem Jahr deutlich schlechter abgeschnitten hat, aber in der kommende Saison auf der Strecke eine echte Gefahr darstellen wird.

Analyse der 'F1Total.com'-Experten:

Marc Surer: "Kimi ist sicherlich der Pechvogel des Jahres. Er hat sich immer wieder aufgerafft und sich bis zum letzten Rennen motiviert, was ich ihm bei diesem Pech hoch anrechne. Trotzdem frage ich mich, ob er technisch auch so engagiert ist wie Fernando Alonso, denn manchmal reist er schon sehr früh ab nach den Rennen."

Hans-Joachim Stuck: "Kimi hatte viel Pech und konnte seine wirklich starken Leistungen daher nicht in Resultate ummünzen. Ich glaube, dass er ebenso gut Weltmeister hätte werden können, wenn der McLaren-Mercedes nicht so unzuverlässig gewesen wäre. Er gehört absolut auf dieselbe Stufe wie Alonso, wäre auch ohne Frage ein würdiger Champion gewesen."

Statistiken zu Kimi Räikkönens Saison

Fahrerwertung: 2. mit 112 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 18 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Siege: 7 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 5 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 5,7 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 10 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 1.
Bestes Ergebnis Rennen: 1.
Gefahrene Führungsrunden: 374 (Gesamtübersicht)
Ausfallrate: 11,1 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 21 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 6.991 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 8 (Gesamtübersicht)