• 14.11.2005 15:01

  • von Fabian Hust

Saisonanalyse Teil 22: Michael Schumacher

Lesen Sie im 22. Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr von Ferrari-Pilot Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher war in der vergangenen Formel-1-Saison neben Jacques Villeneuve der einzige Formel-1-Weltmeister im Starterfeld, erst in den letzten Saisonrennen gab es einen dritten Champion, nachdem sich Fernando Alonso vorzeitig zum Weltmeister gekürt hatte.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumachers Saison war eine herbe Enttäuschung

Seit der Saison 2000 war der Deutsche ungeschlagen - bis die Saison 2005 das jähe Ende der "Ferrari-Ära" einläutete. Fünf WM-Titel in Folge und sieben Titel gewann er insgesamt, dies hat vor ihm in der Formel 1 noch niemand geschafft. Der Deutsche ist damit der erfolgreichste Formel-1-Pilot aller Zeiten, der in diesem Jahr so tief fiel, wie kaum ein Kollege vor ihm.#w1#

In der Saison 2004 fuhr der Ferrari-Pilot 13 Siege ein und stand acht Mal auf der Pole Position, in diesem Jahr war es ein "geschenkter" Sieg in Indianapolis und eine Pole Position mit super-weichem Bridgestone-Gummi, das dann aber auf die Renndistanz gesehen nicht konkurrenzfähig genug war.

Fernando Alonso vor Michael Schumacher

Der Fight mit Alonso in Imola war Michael Schumachers Saison-Highlight Zoom

Immerhin stand Michael Schumacher in der vergangenen Saison fünf Mal auf dem Podium: Drei Mal als Zweiter in San Marino, Ungarn und Kanada, ein Mal als Dritter in Frankreich und ganz oben beim "Skandalrennen" von Indianapolis. Der Sieg mag zwar unter irregulären Bedingungen herausgefahren worden sein, aber Schumacher tat das, was man von ihm als damaligem amtierenden Weltmeister erwartete: Er setzte sich gegen seinen Teamkollegen durch und nutzte die Gunst der Stunde.

Sein stärkstes Rennen fuhr der Deutsche aber in Imola, wo er sich in der Qualifikation einen Schnitzer erlaubte und vom 13. Startplatz wie ein heißes Messer durch die Butter schnitt und nur von Rennsieger Fernando Alonso im Schach gehalten werden konnte. Nach jenem Rennen war bei Ferrari wieder die Hoffnung aufgekeimt, dass man den Aufschwung doch noch schaffen kann, doch es blieb bei dieser Einzelvorstellung.

Michael Schumacher

Nach mehreren Reifenschäden musste Schumacher in Barcelona aufgeben Zoom

In den letzten Jahren waren Ferrari und Michael Schumacher extrem zuverlässig, doch mit der mangelnden Leistung wurde die Fehlerquote höher, was nicht verwunderlich ist. Beim Saisonauftakt in Melbourne war das Rennen nach einer Kollision mit Nick Heidfeld vorzeitig gelaufen, in Bahrain streikte die Hydraulik, in Spanien gab der Kerpener nach mehreren Reifenschäden auf, in der Türkei kollidierte er mit Mark Webber und musste aufgeben, in Belgien wurde er von Takuma Sato abgeschossen.

In den Jahren zuvor konnte Michael Schumacher dem Feld auf und davon fahren und hielt sich so aus dem Schlamassel im Mittelfeld raus. Den Vogel schoss Michael Schumacher aber am China-Grand-Prix-Wochenende ab: Nach einer nicht perfekten Runde im Qualifying kollidierte der 36-Jährige auf dem Weg zur Startaufstellung mit Minardi-Pilot Christijan Albers und musste mit dem Ersatzauto ins Rennen starten. Dieses Auto warf der Deutsche dann beim Aufwärmen seiner Reifen hinter dem Safety Car ins Kiesbett. Ein denkwürdiges Ende einer denkwürdigen Saison.

Michael Schumacher

Schumacher beendete seine Saison in China mit einer denkwürdigen Vorstellung Zoom

Dass Michael Schumacher diese Saison angesichts der zahlreichen Zwischenfälle und der mangelnden Leistung seines Autos mit 62 WM-Punkten noch auf dem dritten Rang beendete, kann selbst der Routinier nicht so recht begreifen. Seinem scheidenden Teamkollegen Rubens Barrichello wies Schumacher in diesem Jahr klar seine Grenzen auf, der Brasilianer hatte nur 38 Zähler auf seinem Konto.

Sahen beide die Zielflagge, so kam Schumacher zehn Mal vor dem Paulista ins Ziel, umgekehrt hatte Barrichello nur ein Mal die Nase vorn. Im Qualifying endete das Stallduell mit 16:9 (das zweigeteilte Qualifying zu Saisonbeginn ist hier mitberücksichtig) zugunsten von Schumacher. Michael Schumacher machte in diesem Jahr auf schlechterem Material also einmal mehr seine Ausnahmestellung deutlich.

Eigentlich hat Michael Schumacher alles erreicht, was man erreichen kann, doch in ihm brennt das Feuer noch zu sehr, als dass er den Helm an den Nagel hängen könnte. Bis 2006 ist Schumacher vertraglich an Ferrari gebunden und wenn man das Funkeln in seinen Augen sieht, dann fällt es schwer zu glauben, dass er sich schon davor aus der Formel 1 zurückziehen könnte. Im Gegenteil, eine erneute Vertragsverlängerung will Schumacher nicht ausschließen.

Ferrari-Box mit Schumacher-Helm

Michael Schumacher will seinen Helm bei Ferrari eines Tages an den Nagel hängen Zoom

Nur eins steht schon jetzt fest: Ein Teamwechsel kommt für den amtierenden Weltmeister nicht mehr in Frage. Und so muss Ferrari versuchen, kommendes Jahr wieder ein konkurrenzfähiges Auto auf die Beine zu stellen, damit der Deutsche nicht zur Saisonmitte beschließt, dass er sich ab dem Jahr 2007 lieber um seine Familie kümmern möchte. Mit Felipe Massa erhält Schumacher kommendes Jahr einen neuen Teamkollegen.

An Motivation hapert es Michael Schumacher noch nicht. In diesem Jahr absolvierte er mit 36 Testtagen so viele wie kein anderer Einsatzpilot. Auch die Risikobereitschaft ist bei Michael Schumacher noch ausreichend vorhanden, was in diesem Jahr allerdings auch in einigen Abflügen neben die Strecke endete, so zum Beispiel im Freien Training auf regennasser Strecke in Suzuka, als er kurz davor eine Runde auf den Asphalt gezaubert hatte, die selbst Teamkollege Rubens Barrichello vor Neid erblassen ließ.

Analyse der 'F1Total.com'-Experten:

Marc Surer: "Die Konkurrenz sagt immer: Wenn Michael unter Druck steht, macht er Fehler - und so viele Fehler wie dieses Jahr haben wir von ihm schon lang nicht mehr gesehen. Er weiß aber auch seine Chance zu nutzen, wenn sie kommt, wie man mit der Pole Position in Ungarn gesehen hat."

"Für mich hat er seinen Ruf gefestigt, denn er fährt auch von einem 13. Startplatz motiviert weg. Der Unterschied zwischen ihm und Barrichello war auch noch nie so krass. Das spricht für seine Klasse: Er kann mit einem nicht optimalen Auto mehr herausholen als andere."

Hans-Joachim Stuck: "Michael wurde dieses Jahr deutlich unter Wert geschlagen. Das Ferrari-System hat nicht funktioniert, aber er ist mit den Problemen sehr gut umgegangen und hat sich dem auch in der Öffentlichkeit gestellt."

"Wie souverän er als Persönlichkeit mit der Niederlage umgegangen ist, hat mich beeindruckt. Und dass er zum richtigen Zeitpunkt auch vernünftig genug war, zurückzustecken, hat er in Suzuka bewiesen, als er in der 130R von Alonso überholt wurde."

Statistiken zu Michael Schumachers Saison

Fahrerwertung: 3. mit 63 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 19 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Siege: 1 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 1 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 8,9 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 3 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 1. (Ungarn)
Bestes Ergebnis Rennen: 1. (USA)
Gefahrene Führungsrunden: 85 (Gesamtübersicht)
Ausfallrate: 31,6 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 36 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 14.841 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 17 (Gesamtübersicht)