• 30.04.2006 12:06

Safety first!

Bei Unfällen und sonstigen Gefahren auf der Strecke ist das Safety-Car in Formel-1-Rennen seit vielen Jahren ein wichtiger Sicherheitsfaktor

(Motorsport-Total.com) - Wenn in der Formel 1 Gefahr im Verzug ist, schickt der Renndirektor das Safety-Car auf die Strecke. Vor allem nach einem Unfall oder bei heftigen Regenschauern setzt sich das Sicherheitsfahrzeug an die Spitze des Feldes und führt es bei gedrosseltem Tempo so lange um den Kurs, bis die Gefahrensituation vorbei ist. In dieser Zeit herrscht absolutes Überholverbot.

Titel-Bild zur News: Safety Car

Das aktuelle Safety-Car der Formel 1 - ein wichtiger Sicherheitsfaktor

Für einen Rennfahrer gibt es normalerweise nichts Schlimmeres, als mit Helm und Overall in seinem Auto zu sitzen und tatenlos zusehen zu müssen, wie das Feld um den Kurs fährt. Doch Bernd Mayländer ist als Fahrer des Safety-Car auch beim Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring froh, wenn er nicht zum Einsatz kommt: "Die schönsten Momente", sagt der 34-jährige Deutsche, "sind jene, wenn ich nichts zu tun habe."#w1#

Das Safety-Car ist ein wichtiger Sicherheitsfaktor in der Formel 1. Wann es zum Einsatz kommt, entscheidet FIA-Renndirektor Charlie Whiting, und zwar dann, "wenn eine unmittelbare Gefahr besteht, die Umstände aber keinen Rennabbruch erforderlich machen". So steht es im Reglement. Ist das Safety-Car erst einmal auf der Strecke, müssen sich alle Autos, beginnend mit dem Spitzenreiter, wie an einer Perlenkette hinter ihm aufreihen.

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Während einer Safety-Car-Phase können die Autos an die Boxen fahren und jederzeit auf die Strecke zurückkehren. Danach müssen sie allerdings so lange mit stark gedrosseltem Tempo fahren, bis sie das Ende der Schlange hinter dem Safety-Car erreicht haben. Ist die Gefahrensituation vorbei, fährt das Safety-Car mit ausgeschalteten Signalleuchten noch eine vollständige Runde auf der Strecke und biegt dann ab in die Boxengasse. Überholt werden darf allerdings erst wieder, wenn die Autos die Start-Ziel-Linie passiert haben. Die Runden einer Safety-Car-Phase zählen als Rennrunden.

Im Alltagsverkehr gibt es kein Safety-Car für Notfälle. Eine ähnliche Funktion haben jedoch die Schilderbrücken auf Autobahnen, die bei Unfällen, schwierigen Witterungsverhältnissen oder bei Staus eine bedarfsabhängig angepasste Warnung beziehungsweise Geschwindigkeitsbegrenzung erlauben. Für die Zukunft sind zusätzliche elektronische Helfer in der Entwicklung. Die elektronischen Systeme und Sensoren in modernen Serienfahrzeugen werden in Zukunft immer mehr Daten mit externen Kommunikationsnetzen austauschen. "Diese Vernetzung bietet zum Beispiel bei Unfällen erhebliches Potenzial, den Einsatz der Rettungskräfte effizienter, sicherer und vor allem schneller zu gestalten", sagt Dr. Christoph Lauterwasser vom Allianz Zentrum für Technik. "Eine elektronische Alarmierung könnte zum Beispiel andere Autofahrer vor Unfallstellen warnen und ihnen die Ankunft von Rettungsfahrzeugen signalisieren."

Wenn in der Formel 1 das Safety-Car auf die Strecke fährt, bedeutet das mehr Sicherheit, aber nicht unbedingt Langeweile. Wenn es ein Team schafft, seinen Fahrer genau zum richtigen Zeitpunkt an die Box zu holen, kann das ein entscheidender Vorteil sein, weil die Autos auf der Strecke langsam unterwegs sind und ein Stopp dadurch einen wesentlich geringeren Zeitverlust bedeutet. Das sorgt für Spannung, genau so wie das Ende einer Safety-Car-Phase: Hat das dicht zusammengerückte Feld wieder freie Fahrt, kommt es oft zu atemberaubenden Überholmanövern. Ein Nachteil ist die Safety-Car-Phase in der Regel für den Spitzenreiter, der dadurch seinen mühevoll herausgefahrenen Vorsprung einbüßt. Doch das Plus an Sicherheit für alle Beteiligten wiegt diesen Nachteil auf: "Natürlich ist es manchmal etwas frustrierend, viele Runden hinter dem Safety-Car herzufahren", sagt WilliamsF1-Pilot Mark Webber, "aber wir beschweren uns nicht, weil es letztlich unser aller Sicherheit dient."

Das erste Safety-Car wurde 1911 bei den 500 Meilen von Indianapolis eingesetzt. Allerdings sammelte es das Feld nicht ein, weil Gefahr in Verzug war, sondern nur damit die Zuschauer in aller Ruhe ihre Trinkbecher und Popcorneimer auffüllen konnten, ohne viel vom Rennen zu versäumen. Seitdem die Fédération Internationale de l´Automobile (FIA) 1992 klare Richtlinien für den Einsatz des Safety-Car in der Formel 1 aufstellte, rangieren der sportliche Wettbewerb und vor allem die Sicherheit vor der Show.

Bernd Mayländer ist seit der Saison 2000 Fahrer des Safety-Car. Sein arbeitsreichstes Jahr war 2003. Damals rückten er und Beifahrer Peter Tibbets insgesamt 13 Mal aus - allein fünf Mal beim total verregneten Großen Preis von Brasilien.