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Rosberg: "Die Alarmglocken sind angegangen"
Rosberg im ausführlichen Gespräch über das enorme Entwicklungstempo der Konkurrenz, die Hoffnung auf den ersten Sieg und seine Planungen für 2010
(Motorsport-Total.com) - Eigentlich kann Nico Rosberg nicht zufrieden mit dem neunten Startplatz sein, doch auf der anderen Seite hatte der Williams-Pilot in der Qualifikation zum Großen Preis von Bahrain jede Menge Glück: "Im Prinzip war es Schadensbegrenzung, denn ich bin immer gerade so eben weiter gekommen. Ich war jedes Mal das letzte Auto, das eine Runde weiterkam. Mehr war heute sowieso nicht drin, also kann man zufrieden sein."

© Williams
Nico Rosberg warnt vor dem enormen Entwicklungstempo der Konkurrenz
Grundsätzlich hatte er für das Zeitenfahren auf dem heißen Kurs von Manama "schon mehr erwartet": "Aber der heutige Tag war für mich schon schwierig. Ich habe mich im Auto nicht wohl gefühlt, wir müssen schauen, warum das so war."#w1#
Im Freien Training war der Deutsche noch deutlich schneller unterwegs: "Die Bedingungen waren schon anders, erstens weil es mehr Wind gab und wohl auch etwas weniger Haftung. Ich hatte wirklich Schwierigkeiten mit meinem Auto, ich kann es nicht wirklich erklären. Ich hatte generell wenig Haftung, sehr viel Übersteuern, sehr viel Untersteuern."
Statt die Konkurrenz zu verblasen, brachte ihn der Wind aus dem Konzept: "Der Wind veränderte sich, ich nahm aus diesem Grund ein paar Veränderungen am Setup vor. Das war vielleicht von mir ein Fehler, da auf den Wind zu reagieren. Aber ich wollte einfach dieses gewisse Extra aus dem Auto holen."
Über das neue Kräfteverhältnis an der Spitze ist der Wahlmonegasse erstaunt: "Ich bin sehr überrascht. Es sieht danach aus, als wäre Red Bull jetzt das stärkste Team im Feld. Ich bin sehr überrascht, dass sie Brawn so schnell eingeholt haben. Beim ersten Rennen war Red Bull ungefähr noch auf Augenhöhe mit uns. Jetzt haben sie einen großen Schritt gemacht. Ich denke, dass sie bei der aerodynamischen Entwicklung sehr stark sind."
"Auch McLaren-Mercedes hat einen großen Sprung gemacht. Wir müssen auf jeden Fall aufpassen und ordentlich Gas geben. Wir bringen die ganze Zeit Upgrades, aber die anderen auch. Die Alarmglocken sind heute auf jeden Fall angegangen, denn wir sind schon recht weit von Red Bull weg. Wenn wir das Beste rausholen, dann sind wir immer noch fünf Zehntelsekunden weg, das ist etwas viel. Vor zwei Rennen waren sie noch hinter uns, wir müssen aufpassen."
Derzeit sei er "über fast das gesamte Feld" erstaunt: "Ich bin erstaunt über Red Bull, die einen großen Sprung nach vorn gemacht haben, nicht über Toyota, denn die waren schon immer da vorne. Dann bin ich erstaunt über McLaren, Ferrari und Renault, sie haben alle einen ganz schönem Sprung nach vorn gemacht. Lewis Hamilton war nicht weit von Brawn weg. Das kommt alles für mich total überraschend."
"Ich wusste natürlich schon, dass es in dieser Saison so laufen würde, dass die Entwicklungsrate mit diesen Autos enorm ist. Aber ich bin schon überrascht, wie schnell das geht, und welches Durcheinander dies ergibt. Es ist erstaunlich, dass manche so viel schneller entwickeln können als andere. Wir müssen da mithalten, um dort zu bleiben, wo wir uns befinden. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir die schaffen können."
Im Hinblick auf das große Aerodynamik-Update, das Williams beim Großen Preis von Spanien einführen möchte, macht sich Rosberg "schon Hoffnungen". Allerdings dürfte es dort aufgrund der Einführung weiterer Doppeldecker-Diffusoren zu weiteren Verschiebungen kommen: "Die haben doch alle schon Doppeldecker-Diffusoren", meint Rosberg sarkastisch. "Es ist erstaunlich, wie schnell das ging."
Nach wie vor muss Rosberg auch auf KERS warten: "Wir stecken voll drin in der Entwicklung. Ich war vor Melbourne sogar schon in der Firma. Das KERS wird auf dem Prüfstand schon komplett eingesetzt, nun muss es nur noch in das Auto eingebaut werden."
"Das Problem ist einfach, dass es dieses Jahr keine Test-Kilometer gibt. Ich denke schon, dass wir es ins Auto bekommen. Wir wollen es so früh wie möglich einsetzen, denn wir glauben, dass es auf manchen Strecken ein Vorteil ist. Wann es soweit ist, weiß ich aber nicht."
Dass die FOTA sich derzeit dafür stark macht, das System zu verbieten, kann Rosberg "ein bisschen" verstehen: "Es kostet natürlich viel Geld. Manche Teams haben es noch nicht. Ich denke jedoch, dass es für das Image der Formel 1 schon gut ist, Systeme zur Rückgewinnung von Energie zu haben. Das ist auch gut für das Überholen. Das werden wir im Rennen wieder sehen. Jene im Mittelfeld, die kein KERS haben - dazu zähle ich - werden es richtig schwer haben."
Interessant ist, dass Williams in dieser Saison häufig im Freien Training mit Nico Rosberg an der Spitze auftauchte: "Das wird das gesamte Jahr so sein, weil wir mit weniger Sprit fahren als alle anderen. Das hat nichts mit PR zu tun, das ist einfach unsere Vorbereitung auf das Wochenende und wir glauben, dass dies der beste Weg ist. Das kann jeder so machen, wie er es will. Wir machen es eben so."
"Wir wissen also schon, dass wir jetzt nicht plötzlich dort vorne sind. Wir bringen uns im Freien Training einfach künstlich nach vorn. Künstlich, weil wir nicht so schnell sind. Im Qualifying zeigen wir dann unsere wahre Stärke, wir sind wohl das viert- oder fünftschnellste Team."
Nach "ziemlich frustrierenden ersten drei Rennen" hofft Rosberg, in Manama in die Punkte fahren zu können: "Es gab sehr schwierige Bedingungen, in denen ich selbst und mein Team ein paar Entscheidungen gefällt haben, die nicht so gut waren", erinnert sich der Weltmeister-Sohn an die ersten Saisonrennen. "Wir sind immer noch in der Lage, Punkte zu holen, die Saison ist noch lang, wir müssen also das Beste aus den kommenden paar Rennen machen."
Besonders katastrophal sei der China-Grand-Prix gewesen: "In China hatten wir Probleme, die Reifen aufzuwärmen. Wir sahen das gesamte Wochenende in Bezug auf die Leistung deshalb nicht gut aus. Aber das galt auch für einige andere Teams. Zudem leisten wir uns Fehler bei der Strategie, die mich gleich zu Beginn nach hinten warfen."
"Zudem hatte ich mit der Sicht zu kämpfen, weil Regentropfen nicht von meinem Visier flogen. Ich hatte wirklich das gesamte Rennen über eine schlechte Sicht. Und dann setzten wir auch noch auf den falschen Reifen, es regnete stärker und das ruinierte mein Rennen komplett. Während des Rennens ging zudem mein Funk kaputt. Es war ein Rennen zum Vergessen."
Regen droht in Manama auf keinen Fall, dafür die enorme Hitze: "Es geht, es ist nicht so schlimm, weil keine Feuchtigkeit in der Luft ist. Malaysia ist auf jeden Fall schlimmer. Ich denke, dass ein Großteil der Hitze vom Sprit kommt, den man direkt hinter sich hat, und der 60 bis 70 Grad heiß ist."
Wenn es um seine Zukunftsplanung geht, muss Rosberg kühlen Kopf bewahren: "Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Ich mach mir langsam aber sicher schon Gedanken darüber." Nach wie vor hält er den ersten Sieg seiner Formel-1-Karriere dieses Jahr für "möglich": "Und ich hoffe, dass er auch kommen wird. Falls nicht, dann wird es 2010 soweit sein!"
Nach dem Rennen freut sich Rosberg endlich, wieder in seiner Heimat fliegen zu können und dass das Thema Zeitverschiebung erst einmal ad acta gelegt werden kann: "Ich war sechs Wochen nicht mehr zu Hause, ich freue mich schon darauf. Die Umstellung von China auf Bahrain war nicht so einfach mit den fünf Stunden. Man hat nur drei Tage Zeit, sich daran zu gewöhnen. Ich war in China in einer Disco, um einen Tag noch zu gewinnen, um mich schneller daran zu gewöhnen. Aber das hat mir auch nicht viel weiter geholfen."

