• 26.03.2002 14:04

Rezession und Kostenexplosion bedrohen Formel 1

Die hohen Kosten und der wirtschaftliche Rückgang macht der Formel 1 immer mehr zu schaffen

(Motorsport-Total.com/dpa) - Noch hält der PS-Boom an, doch die Rezession und die explodierenden Kosten machen der Formel 1 zunehmend zu schaffen. Zwar sind nach dem Einstieg von Toyota in der noch jungen WM-Saison nunmehr sieben der zehn größten Autokonzerne in der Königsklasse des Motorsports dabei. Doch etliche Sponsoren haben ihre millionenschweren Engagements reduziert oder sind ganz ausgestiegen. Betroffen und bedroht sind vor allem die kleinen Teams.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger glaubt: Alle wissen, dass Kostendämpfung wichtig ist

Die Pleite des Prost-Rennstalls war ein erstes Warnzeichen, das der Präsident des Automobilweltverbandes FIA, Max Mosley, erkannt hat. Und auch andere Führungskräfte sehen die Spar-Notwendigkeit ein. "Jeder hat kapiert, dass Kostendämpfung wichtig ist", sagt BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger. Auf Mosleys Initiative hin beschloss die FIA in der vergangenen Woche, dass ab der Saison 2004 die Teams nur noch einen Motor pro Fahrer und Rennwochenende benutzen dürfen. 30 bis 50 Millionen Euro sollen die Motorenhersteller durch die Maßnahme pro Jahr einsparen. Außerdem sollen die teuren Testfahrten zwischen den Rennen eingeschränkt werden.

Doch ob die galoppierenden Kosten damit eingefangen werden, ist fraglich. Die großen Rennställe können noch gelassen bleiben, sie erfreuen sich weiterhin ungeteilter Aufmerksamkeit von potenten Geldgebern. Nach Expertenschätzungen investieren die Autokonzerne DaimlerChrysler (McLaren-Mercedes), Ford (Jaguar Racing), Renault, Fiat (Ferrari), Honda (Jordan-Honda und BAR-Honda), BMW (BMW-Williams) sowie Toyota allein rund 1,5 Milliarden Dollar in die Teams und ihre Autos.

Die Etats der Rennställe sind entsprechend gigantisch, auch wenn über die genauen Zahlen nur spekuliert werden kann. Das Gesamtbudget aller elf Teams liegt nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1,7 und 2,1 Milliarden Dollar. Die Rangliste führt Neuling Toyota mit 330 bis 400 Millionen Dollar an, wobei etliche Anfangsinvestitionen der Japaner in ihrem Etat berücksichtigt sind. Ferrari lässt sich das Projekt Titelverteidigung rund 250 Millionen Dollar kosten, McLaren-Mercedes fährt mit rund 220 Millionen Dollar mit. BMW-Williams liegt mit geschätzten 210 Millionen Dollar dicht dahinter.

Auch beim Sponsoring können sich die großen Teams nicht beklagen. Immerhin haben sie weitere so genannte Global Player als Haupt- oder Nebensponsoren oder als Ausrüster gewonnen. So prangt das Logo des Telekommunikationsriesen Vodafone bis 2004 auf Michael Schumachers Dienstfahrzeug. Rund 75 Millionen Dollar sollen die Briten Ferrari zahlen, schätzt das Sportbusiness-Magazin 'Sponsors'. Der Unterhaltungs-Elektronikkonzern Panasonic tritt bei Toyota als Hauptsponsor auf, das Kosmetikunternehmen Wella ist auch dabei.

Geld wird dringend benötigt, auch weil ab 2006 die Tabakindustrie nicht mehr in der Formel 1 werben darf. Die Teams wollen daher stärker an der Vermarktung des Produkts partizipieren. Die Pleite des inzwischen verkauften Prost-Rennstalls zeigte, dass vor allem für die kleinen Teams wie Minardi-Asiatech, Arrows-Cosworth oder Sauber-Petronas, denen Dollar-Etats allenfalls in zweistelliger Millionen-Höhe zur Verfügung stehen, immer größere Schwierigkeiten haben, das Abenteuer zu finanzieren. Sie stecken in einem Teufelskreis: ohne Sponsoren kein Geld für Entwicklungen, ohne technische Entwicklungen kein Erfolg, ohne Erfolg keine Medienpräsenz, ohne diese keine Sponsoren. Ein Engagement von Global Playern ist für die "Underdogs" in weiter Ferne.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben aber auch viele Unternehmen ein größeres Kostenbewusstsein entwickelt in puncto Sportsponsoring. Die Vorstandsetagen analysieren Kosten und Nutzen ihres Formel-1-Engagements ? und beschließen oft den Ausstieg.

Wie Infineon: Der Chip-Hersteller war seit 1999 beim Jordan-Team dabei. Doch die Flaute in der Halbleiter-Branche erwischte die Münchner voll. Zudem fährt Jordan seit langem nur selten um die vorderen Plätze mit, die Boliden erschienen kaum im Fernsehen. Die Vertragssumme ? geschätzt werden sechs Millionen Euro pro Saison ? war gemessen am Werbewert zu hoch. Birgit Fischer-Harrow, Infineon-Sponsoringleiterin: "In einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld darf man kein Loser-Image haben. Es nutzt nichts, um die Plätze fünf und sechs zu fahren." Andere Unternehmen werden dem Beispiel folgen, glauben Experten.