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  • 26.04.2017 08:09

  • von Roman Wittemeier

Rennvorschau Russland 2017: Der vorerst letzte Zweikampf?

Sportliche Analyse vor dem Grand Prix von Russland 2017: Mercedes und Ferrari auch in Sotschi die Favoriten - Das letzte Rennen vor den Europa-Updates

(Motorsport-Total.com) - Mit dem Grand Prix von Russland 2017 in Sotschi geht das Duell zwischen Lewis Hamilton (Mercedes) und dem aktuellen WM-Führenden Sebastian Vettel (Ferrari) in die vierte Runde. Die beiden Hauptprotagonisten der bisherigen Formel-1-Rennen dieses Jahres gelten auch bei der Fahrt auf dem fast sechs Kilometer langen "Sochi International Street Circuit" als große Favoriten. Bislang haben sich Vettel und Hamilton bei den Grands Prix in Australien, China und Bahrain mit Siegen abgewechselt.

Mit einem Vorsprung von sieben Punkten geht Vettel in ein Rennwochenende, das ihm im vergangenen Jahr nur wenig Glück brachte. Gleich zweimal gab es unliebsame Begegnungen mit dem damaligen Red-Bull-Piloten Daniil Kwjat. Diese Kollisionen, die für den übermotivierten Russen nicht nur eine Strafe durch die Rennleitung, sondern auch eine Degradierung innerhalb der Red-Bull-Familie mit sich brachten, bedeuteten für Vettel in Sotschi 2016 eine Nullnummer - und somit auch das Ende aller WM-Träume.

"Ich schieße gerne Sebastian ab, es ist mein neues Hobby", scherzt Kwjat vor seiner Rückkehr in die Heimat. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die zwei Streithähne des Vorjahres auch in diesem Jahr im Rennen von Sotschi nahe kommen, ist eher gering. Es ist davon auszugehen, dass sich an der bisherigen Hackordnung in der Formel 1 kaum etwas ändern wird. Ferrari und Mercedes dürften wieder in einer Liga unterwegs sein, mit der die Toro-Rosso-Piloten kaum etwas zu tun haben.

WM-Duell: Sebastian Vettel will Druck hoch halten

"Unser Job ist es, die Gegner weiterhin unter Druck zu setzen, vor allem Lewis Hamilton", erklärt Sebastian Vettel seine Marschroute für Sotschi. Ferrari konnte sich die Rennsiege in Australien und Bahrain sichern - also bei Rennen unter warmen Bedingungen. Im kühleren China hatte Hamilton die Nase vorn. In der Olympiastadt am Schwarzen Meer werden am Wochenende milde Temperaturen von etwas über 20 Grad Celsius erwartet. Man trifft sich diesbezüglich also in der Mitte.

"Wir waren aber sogar auch in China bei kalten Temperaturen konkurrenzfähig", merkt der deutsche WM-Leader an. "Ich glaube kaum, dass wir in Sotschi in Probleme geraten werden." Das hatte sich Vettel auch im Vorjahr gedacht - und war an Kwjat geraten. Auch für Hamilton sind die Erinnerungen an den Grand Prix von Russland 2016 nicht allzu positiv. Sein Rivale Nico Rosberg konnte damals seine Siegesserie fortsetzen, der Brite musste sich nach technischen Problemen im Qualifying (Platz zehn) mit Rang zwei begnügen.

Pirelli

Pirelli bringt zum Rennen in Sotschi die sehr weichen Mischungen mit Zoom

"Bisher hatten wir immer die perfekte Strategie und haben diese fehlerfrei umgesetzt", erklärt Vettel den bisherigen Vorteil im WM-Duell. In Sotschi dürfte kaum Spielraum für Taktikspiele sein. Der oft schmutzige und wenig Haftung bietende Kurs fordert die Reifen nur wenig. Alle Teams gehen von einer Einstopp-Strategie aus. Pirelli bietet in Russland die Wahl aus den Mischungen Soft, Supersoft und Ultrasoft. Dennoch könnte es das letzte Duell auf Augenhöhe sein: Mit den Updates beim Großen Preis von Spanien werden die Karten im Mai nämlich neu gemischt.

Platzt bei Kimi Räikkönen endlich der Knoten?

Die Teamkollegen der beiden WM-Spitzenleute werden in Sotschi ebenfalls im Fokus stehen. Valtteri Bottas (Mercedes) hat bislang nicht das umsetzen können, was sich die Stuttgarter vom Finnen erwarten: Doppelsiege für die Silberpfeile sichern. Bottas kämpft schon jetzt um eine Weiterbeschäftigung 2018. Seinem Landsmann Kimi Räikkönen (Ferrari) ergeht es ähnlich. Der "Iceman" steht aufgrund mäßiger Leistungen in der bisherigen Saison in der Kritik.

Die "russische Riviera" sehen, dann Vollgas geben. Nach diesem Motto werden die Verfolger von Red Bull in das kommende Formel-1-Rennen gehen. Sotschi gehört zum asiatischen Teil Russlands, daher wird der Lauf am Schwarzen Meer völlig zurecht als letztes Rennen vor dem Start der Europasaison 2017 betrachtet. Und genau auf diese Zäsur vor Barcelona arbeitet Red Bull hin. Man will den bislang nur mäßig starken RB13 mit umfangreichen Updates stärker machen - aber Sotschi muss man zunächst noch hinter sich bringen. Sollten sich Mercedes und Ferrari auch nach den Updates die Waage halten, so will Red Bull einen Dreikampf an der Spitze entfachen.

Beim anstehenden Rennen in Russland dürften Max Verstappen und Daniel Ricciardo wohl wieder im Niemandsland zwischen Topteams und Mittelfeld auf Punktejagd gehen. Dahinter ist der Kampf um die verbleibenden Zähler unverändert offen. Williams, Force India, Renault, Haas und Toro Rosso dürften auf dem zwar langen, aber doch recht engen Kurs nahezu gleichauf liegen. Die ausgeglichene Fahrerpaarung hat Force India in der Teamwertung bisher den vierten Rang gesichert.


360 Grad: Eine Sotschi-Runde mit Kwjat

Der Toro-Rosso-Pilot übt seinen Heim-Grand-Prix in Russland digital Weitere Formel-1-Videos

Was bringt das Honda-Update für McLaren?

Sergio Perez und Force-India-Neuzugang Esteban Ocon haben in allen drei Rennen des laufenden Jahres stets beide Autos in die Punkteränge gebracht. Davon können die Konkurrenten nur träumen. Bei Renault ist Nico Hülkenberg bislang ebenso Alleinunterhalter wie Felipe Massa bei Williams. Im Lager von Toro Rosso sieht es vor dem Sotschi-Wochenende nicht allzu rosig aus, denn Carlos Sainz muss aufgrund einer Strafe aus Bahrain (Kollision mit Lance Stroll) um drei Startplatze nach hinten.

Die Rennstrecke in Sotschi bietet schnelle Abschnitte, aber auch so viele 90-Grad-Kurven wie sonst auf fast keiner anderen Anlage. Dies fordert vor allem die Bremsen. Da Haas in den vergangenen Monaten immer wieder Sorgen mit der Verzögerung des Boliden hatte, wird man im Lager der Amerikaner mit gedämpftem Optimismus an das Schwarze Meer reisen. Force India und Williams dürften zudem von der Power des Mercedes-Antriebs profitieren können.


Fotostrecke: GP Russland, Highlights 2016

Der Antrieb, der McLaren-Honda bislang immer alt aussehen ließ, wird zum Rennen in Sotschi eine vielleicht entscheidende Änderung erfahren. Nach dem Grand Prix von Bahrain gab es anschließende Testfahrten auf der Wüstenstrecke von Sachir. Dabei konnte Honda eine der großen Problemzonen lokalisieren. In Sotschi wird deshalb eine andere MGU-H verbaut, die es erlauben soll, das Aggregat in Russland stabiler und mit mehr Power betreiben zu können. Ob dies den Weg ins Mittelfeld ebnet, bleibt abzuwarten...