• 04.11.2005 15:57

Renaults Modell-Schmiede in Enstone

Fast 20 Leute sind bei Renault in Enstone ausschließlich damit beschäftigt, Formel-1-Modelle im Maßstab 1:2 zu fertigen

(Motorsport-Total.com) - Ihre Aufgabe verlangt höchste Präzision. Die Techniker arbeiten ruhig und sorgfältig. Obwohl sie ein gewaltiges Arbeitspensum bewältigen, herrscht eine gelassene und konzentrierte Atmosphäre. Handelt es sich um eine Uhrenfabrik, eine Produktionsanlage für Elektronikartikel oder einen Operationssaal? Nein, hier wird der RenaultF1-Workshop in Enstone beschrieben.

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Viel Arbeit für ein "kleines Auto": Ein Windkanal-Modell bei Renault

Wir mögen uns zwar im Zeitalter der Elektronik befinden, dennoch gibt es kaum etwas, das die praktische Überprüfung einer theoretischen Idee ersetzen kann. Auf Enstone bezogen bedeutet das: Die Entwicklungen der Aerodynamiker werden zuerst an einem Modell - einer präzisen und originalgetreuen Replik des Formel-1-Boliden - im Windkanal getestet. Die Größe des Nachbaus misst zwar nur die Hälfte des Rennautos, kann aber die Effektivität der Aerodynamik absolut perfekt prüfen. Jede Ausbaustufe muss dieses Prozedere durchlaufen, ehe sie auf der Strecke zum Einsatz kommt.#w1#

Jedes neue Formel-1-Auto wird zuerst als Modell im Maßstab 1:2 erstellt. Es besteht nur aus Kohlefaser, Metall sowie Kunstharz und bildet die Formen des Rennwagens genau ab. Tag für Tag wird es weiterentwickelt. Für diesen wichtigen Bereich des RenaultF1-Teams ist Dave Moore verantwortlich. Er arbeitet bereits seit über 20 Jahren in dieser sehr speziellen Sektion, in der Präzision im Zehntelmillimeter-Bereich gemessen wird.

"Wir müssen uns nur bewusst machen, dass sich jeder Fehler, jede Abweichung am Modell beim Rennauto doppelt so stark auswirkt", erklärt Moore. Auf der Suche nach Perfektion vertraut Enstone auf 50 Spezialisten, die in den Modellbau involviert sind. Darunter befinden sich 20, die selbst an den Repliken feilen. Die Teile zu gestalten, zu produzieren und anzubringen erfordert eine ganze Reihe von Spezialisten. Ihr größtes Plus ist das "Advanced Digital Manufacturing" (ADM) - ein ultramodernes Verfahren, das die schnelle und unkomplizierte Fertigung von Musterobjekten nach dem Prinzip der Stereolithografie ermöglicht.

Mit dieser Technik können dreidimensionale Objekte stufenweise gefertigt werden. Ein Beispiel: Flüssige Harzmasse wird an gezielten Stellen mit einem Laser - oder auf andere Art und Weise - erhärtet. Nach Ende des Prozesses wird die Flüssigkeit abgelassen und das behandelte, feste Kunstharz bleibt übrig. Diese Form ergibt das gewünschte Modell. Dank dieser innovativen Technologie kann die "Equipe Jaune" jährlich mehr als 10.000 Teile prüfen. Da das Verhältnis zwischen der Anzahl der getesteten Lösungen und der Verbesserungen auf der Strecke auch nach Einführung der Neuerung fast gleich blieb, steigerte das RenaultF1-Team seine Leistungen in den letzten Jahren erheblich.

Advanced Digital Manufacturing bei Renault

Fast alle Teile für die Modelle werden heute maschinell produziert Zoom

"Während der vergangenen zwanzig Jahre stellte die neue Technologie die größte Veränderung in unserer Arbeit dar", bestätigt Dave Moore. "Zuvor benötigten wir zwei Wochen für die Produktion von drei verschiedenen Sets von Bremsleitungen. Heutzutage dauert die gleiche Arbeit nur noch wenige Stunden." Die Innovation steigerte darüber hinaus auch das Qualitätsniveau: Durch die Einführung von ADM konnte die Fehlerquote von 0,5 auf 0,1 Prozent gesenkt werden.

Im Laufe einer Saison stellt die Abteilung drei komplette Modelle her. Jede dieser Repliken wird innerhalb von sechs Wochen produziert. Während sich die eine noch im Windkanal befindet, bringen die Mitarbeiter bereits neue Komponenten an der Zweiten an. Das dritte Testobjekt - das zuerst gebaut wird - dient nur als "Muster". An ihm wird überprüft, ob die neuen Teile passen.

Wenn die Testphase mit der Saison zu Ende geht, wird das elektronische Innenleben des Modells aufbewahrt und wiederverwendet. Die Karosserie hingegen verfrachten die Mitarbeiter in ein Archiv. Nach mehreren Jahren Lagerung gilt sie als veraltet und wird zerstört. "Es ist schon eine Schande", grinst Woods. "Jedes Modell ist ein kleines Kunstwerk. Aber wir können ihm nicht nachtrauern. Nach dem Ende der Tests mit einem Teil müssen wir schon an das Nächste denken..."