• 21.12.2005 14:41

Renaults Meisterstück beim Saisonfinale in China

Mit einem cleveren Rennen sicherte sich das Renault-Team beim Grand Prix von China auch noch den WM-Titel der Konstrukteure

(Motorsport-Total.com) - Zwei Renaults in der ersten Startreihe, zwei Punkte Vorsprung in der Gesamtwertung - spannender konnte die Ausgangslage zum letzten Rennen der Saison nicht aussehen. Zum letzten Mal besprachen die Strategen den Plan fürs Wochenende: Das Renault-Team hatte sich für Shanghai etwas ganz Besonderes einfallen lassen und Titelrivale McLaren-Mercedes durch langsame Trainingszeiten in Sicherheit gewiegt. Dazu kam das in Brasilien eingeführte Aerodynamikpaket und die Ausbaustufe E des RS25-V10 - in dieser Kombination ein Riesenschritt vorwärts. Nach dem bisherigen Verlauf des Wochenendes bei Renault - langsam im Training, schnell im Qualifying - ging McLaren-Mercedes davon aus, dass die Gelb-Blauen im Rennen sehr früh würden nachtanken müssen.

Titel-Bild zur News: Boxentafel, Fernando Alonso und Giancarlo Fisichella

Am Ziel: Das Renault-Team sicherte sich 2005 beide Formel-1-Weltmeisterschaften

Mit dem Verlöschen der Startampel gelang beiden Renaults ein perfekter Start. Fernando Alonso zog mit Giancarlo Fisichella im Gefolge dem Feld davon. Nach einigen Runden kristallisierte sich das Teamwork der beiden heraus: Alonso fuhr einen Vorsprung heraus, Fisichella kontrollierte in gemäßigtem Tempo die Verfolger.#w1#

18 Sekunden Vorsprung schon nach 18 Runden

Je mehr Runden verrannen, umso erstaunter waren die Beobachter, dass keiner der Renault-Piloten Anstalten machte, zum kleinen Service an die Box abzubiegen. Bis Umlauf 18 hatte Alonso den Rest des Feldes um 18 Sekunden distanziert. Fisichella auf Platz zwei hielt die beiden "Silberpfeile" hinter sich.

Jetzt aber wirbelte eine Safety-Car-Phase die Strategien und die Reihenfolge durcheinander: Ein Gullydeckel hatte sich aus der Verankerung gelöst, und während die ersten Drei unbeschadet ausweichen konnten, traf der Vierte, Juan-Pablo Montoya im McLaren-Mercedes, das Hindernis voll mit dem rechten Vorderrad. Er ließ den beschädigten Reifen wechseln, gab jedoch wenig später auf, weil auch die Aufhängung bei dem Crash beschädigt worden war. Alonso und Fisichella behaupteten ihre Führung gegen Kimi Räikkönen. Im Titelrennen hieß es nun zwei gegen einen.

Erneut änderte das Rennen sein Gesicht, als Narain Karthikeyan seinen Jordan in Runde 30 in die Leitplanken crashte und das Wrack auf die Strecke zurückrutschte. Wieder kam das Safety-Car heraus, und die gesamte Spitze nutzte die Gelegenheit zum zweiten Tankstopp - diesmal mit dem schlechteren Ende für Renault: Räikkönen tankte kürzer als Fisichella, weil er durch den verfrühten ersten Stopp noch mehr Restbenzin im Tank hatte. Räikkönen ging vor dem Italiener wieder auf die Strecke, Alonso blieb in Front.

Giancarlo Fisichella vor Kimi Räikkönen

Giancarlo Fisichella hielt anfangs die "Silberpfeile" geschickt hinter sich Zoom

Räikkönen wurde von anderen Piloten aufgehalten

Drei Fahrer allerdings hatten nicht nachgetankt und rangierten nun zwischen dem führenden Renault und dem McLaren-Mercedes auf Platz zwei. Der Finne musste zurückstecken und konnte sein wahres Tempo erst ausspielen, als die drei Piloten vor ihm schließlich zum Tanken abbogen - sein Rückstand auf Alonso betrug nun jedoch schon 15 Sekunden. Alles lief perfekt für Renault, die jetzt lediglich ein Auto vor Räikkönen ins Ziel bringen mussten.

Gerade, als sich das Renault-Team auf die Feier des Siegs und des dritten Platzes freute, ereilte Fisichella eine Strafe: Die Rennleitung befand, er hätte bei der Anfahrt zu seinem zweiten Boxenstopp die Gegner durch unkorrekt langsame Fahrweise aufgehalten und sprachen eine Durchfahrtsstraße aus. Fisichella wurde schließlich Vierter, doch Alonso stellte den Sieg und damit die erste Konstrukteurs-WM für einen 100-Prozent-Renault sicher.

Hätte Renault sogar noch stärker sein können?

Nicht nur der Titel gab Anlass zum Feiern, auch die Art und Weise, wie Renault die Gegner erfolgreich hinters Licht geführt hatte, löste tiefe Befriedigung aus. Mehr noch: Renault war überzeugt, in Shanghai noch nicht einmal das wahre Potenzial des R25 ausgespielt zu haben. Durch die zwei Safety-Car-Phasen ab den Runden 19 und 30 wurde das Rennen in drei Teile geteilt. In beiden Fällen verlor die "Equipe Jaune" am meisten durch die Neutralisation. Im ersten Fall hätte Alonso locker mindestens 25 Sekunden Vorsprung auf Räikkönen behalten, und der Finne hätte Fisichella beim zweiten Stopp vermutlich nicht so einfach geschnappt.

Fernando Alonso

Die große Erlösung: Alonso krönte Renault auch zum Konstrukteurs-Weltmeister Zoom

"In den Ergebnislisten tauchen wir als Erster und Vierter auf, aber ohne das Safety-Car wären wir mindestens Erster und Dritter geworden", ist Chefingenieur Pat Symonds überzeugt. "Es gab sogar eine realistische Chance auf einen Doppelsieg. Mir wäre ein Rennen ohne Unterbrechungen lieber gewesen, weil wir dann hätten zeigen können, wie gut die Teams in Enstone und Viry vor den letzten Saisonrennen gearbeitet hatten. Ich möchte auch Giancarlos Leistung hervorheben. Er ist ein fantastisches Rennen gefahren und hat sich ganz in den Dienst des Teams gestellt. Er hielt sich in der Anfangsphase des Grand Prix zurück, um McLaren zu kontrollieren. Nach dem Rennen in Suzuka wurde er hart kritisiert, aber wir gewinnen und verlieren als Team. Deswegen waren wir alle sehr glücklich, dass er sich in Shanghai mit einer so starken Leistung zurückmeldete."