Renault warnt: Formel 1 darf nicht zur Langstrecke verkommen

Cyril Abiteboul tritt dafür ein, die Verbrauchsbegrenzung von 100 Kilogramm Benzin pro Rennen zu lockern, damit die Fahrer mehr attackieren können

(Motorsport-Total.com) - Renault-Sportchef Cyril Abiteboul warnt davor, die Formel 1 auf technologischer Ebene zu stark in Richtung Effizienz zu trimmen und dadurch zu nahe an den Langstreckensport heranzurücken: "Die Formel 1 besteht aus Sprintrennen, in denen man normalerweise permanent attackieren können sollte", erklärt er.

Titel-Bild zur News: Cyril Abiteboul

Renault-Sportchef Cyril Abiteboul vertritt eine andere Meinung als Toto Wolff Zoom

Mit den aktuellen 1,6-Liter-V6-Hybrid-Turbomotoren wurde ein maximaler Benzinverbrauch von 100 Kilogramm pro Rennen vorgeschrieben, was einer Reduktion des Treibstoffverbrauchs um etwa ein Drittel darstellt. Zudem ist eine maximale Durchflussmenge von 100 Kilogramm pro Stunde erlaubt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass einzelne Teams kurzzeitig enorme Mengen an Leistung freisetzen können, etwa für eine Qualifying-Runde.

"Den Benzindurchfluss zu regulieren, ist ausreichend. Wir brauchen keine Begrenzung der Gesamtbenzinmenge", findet Abiteboul. "Wir müssen aber sicherstellen, dass keine künstlichen Wege geschaffen werden, die Elektromotoren durch Benzinverbrennung zu nutzen. Das wäre komplett konträr zu der Botschaft, die wir aussenden wollen." Die da nämlich lautet: Die moderne Formel 1 ist benzineffizient und ihre Technologie gesellschaftsrelevant.

"Ich bin ein großer Verfechter davon, dass die Formel 1 die Formel 1 bleibt", unterstreicht Abiteboul. "Wir sollten uns nicht an der Langstrecke orientieren. Wenn wir die Formel 1 mit der Langstrecke kreuzen, könnte das die Formel 1 gefährden. Auf der Langstrecke geht es um Effizienz, Nachhaltigkeit und die Fähigkeit, sehr lange Distanzen ohne Probleme zurückzulegen." Doch die Formel 1 muss in seinen Augen ein Sprintrennen bleiben, in dem man nonstop attackieren kann.


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Was, so halten Kritiker entgegen, eigentlich schon seit Jahren nicht mehr der Fall ist. Abiteboul stimmt zu: "Auch in der V8-Ära hat es schon Benzinmanagement gegeben. Es war Teil der Taktik, die Rundenzeit für die komplette Renndistanz aus teamstrategischer Sicht zu optimieren. Das hat in der Formel 1 schon immer dazugehört, aber ohne Begrenzung der Benzinmenge. Daher würde ich diese komplett wegfallen lassen."

Der Franzose ist der Meinung, dass man dadurch viele Fans besänftigen würde, denen es nicht gefällt, wenn Fahrer Sprit sparen anstatt den vor ihnen liegenden Gegner zu attackieren. Man habe mit der neuen Antriebsformel um 30 bis 40 Prozent an Benzineffizienz hinzugewonnen, "aber diese fantastische Botschaft wird durch die Tatsache zerstört, dass die Fans glauben, mit dieser Benzinbegrenzung geht es nur noch ums Benzinsparen".

Innerhalb der Entscheidungsgremien der Formel 1 gibt es dazu unterschiedliche Ansichten. Während etwa Renault stark für eine Lockerung der Benzinregeln eintritt, lehnt Mercedes eine solche strikt ab. Argument: Man könnte nicht einerseits "grün" sein wollen, andererseits aber den Benzinverbrauch wieder erhöhen. Abiteboul: "Ich habe meine Meinung gesagt, Toto (Wolff, Mercedes-Sportchef; Anm. d. Red.) seine. Es wird eine Abstimmung geben."