Renault ist der Konkurrenz schon voraus
Im November geht Renault bereits mit dem neuen Auto auf die Strecke ? an Bord erneut ein völlig neues Motorkonzept
(Motorsport-Total.com) - Zusammen mit Jarno Trulli und dem neuen Einsatzfahrer Fernando Alonso will Renault in der kommenden Saison das eine oder andere Mal die Top-Teams ärgern und vor allem mehr als nur einmal auf das Podium fahren ? etwas, das dem Team in der vergangenen Saison verwehrt geblieben ist. Ungewöhnlich früh rücken die Franzosen dabei mit dem neuen Auto aus. Chassis, Motor und Getriebe sind bereits fertig, Ende November geht es zum ersten Mal mit dem neuen Paket auf die Strecke ? rund zwei Monate früher als die Top-Teams.

© Renault
Hat Renault 2003 einen revolutionären Motor im Heck?
Der R203 wird allerdings noch nicht komplett fertig sein, so wird das "Bodywork", also Unterboden und Flügel, noch Stand vom letzten Jahr sein, aber dem Team geht es darum, den neuen Motor und das Getriebe zu testen. Während das Siebenganggetriebe bereits mehrere Renndistanzen auf dem Prüfstand überstanden hat, soll der als "revolutionär" bezeichnete Zehnzylinder bisher Gerüchten zu Folge noch Probleme bereiten ? etwas, das dem Team keinesfalls fremd ist.
Warum genau der neue Motor so anfällig ist, darüber schweigt man sich bei Renault aus. Klar ist nur, dass der Zylinderkopföffnungswinkel bei den gleichen ungefähren 111 Grad bleibt wie in dieser Saison: "Wir verändern die Architektur, aber wir sehen den Winkel nicht als solch fundamentales Problem, dass wir ihn verändern müssten", erklärt Chefingenieur Pat Symonds in der englischen Presse. Und Jarno Trulli fügt hinzu: "Der Motor ist ein neues Projekt, er ist im Vergleich zu allen anderen Motoren in der Formel 1 andersartig."
Formel-1-Insider vermuten, dass Renaults neuer Motor für 2003 ohne eine Nockenwelle auskommt ? dies wäre in der Tat für die Formel 1 revolutionär. Renault hatte mit dem neuen Motor, der angeblich ohne eine Nockenwelle auskommt, bei den Wintertests 2000/2001 extrem große Probleme, kaum ein Triebwerk überstand eine Renndistanz. Seltsamerweise gehörte das Team dann in den Rennen zu den zuverlässigeren Teams, Motorschäden gab es nur sehr wenige. Die Erklärung der Formel-1-Insider: Renault testete das neue Motorkonzept aus, konnte es dann aber im Rennen wegen seiner Unzuverlässigkeit nicht einsetzen.
Scheinbar hat Renault nun das System über die letzten zwei Jahre hinweg auf dem Prüfstand perfektionieren können und verspricht sich vor allem den Vorteil, dass die Ausmaße des Motors geringer werden. Damit wäre es Renault einmal mehr gelungen, ein revolutionäres Motorkonzept in die Formel 1 einzubringen, nachdem man einst die Turbomotoren und die pneumatische Ventilsteuerung in die Königsklasse des Motorsports brachte. Sollte Renault mit dem Motorkonzept Erfolg haben, so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis andere Hersteller nachziehen werden.
Die Nockenwelle dient in den "normalen" Motoren dazu, die Einlass- und Auslassventile der Zylinder zu steuern. Bei Renault würden die Ventile dann über Elektromagneten gesteuert werden. Motorexperten anderer Hersteller sind jedoch der Meinung, dass man durch die schweren Magnetspulen keinen Gewichtsvorteil habe. Allerdings wurde auch Renaults revolutionäres Turbo-Motorenkonzept eins belächelt ? um dann später von der Konkurrenz kopiert zu werden.
Schon Anfang des Jahres ließ Renault durchsickern, dass der in der vergangenen Saison eingesetzte RS22 eine konservative Weiterentwicklung des R21-Motors ist. Dies erklärt auch, warum Renault 2002 erneut einen eklatanten PS-Rückstand hatte. "Der RS23 wird ein radikaler Schritt sein. Wir werden weniger Kompromisse eingehen müssen", so Jean-Jacques His, Generaldirektor von Renault F1 Frankreich. Mit anderen Worten: Der Motor wird noch viel leichter werden und sein Schwerpunkt wird noch weiter abgesenkt sein ? und es wird wohl keine Nockenwelle mehr geben.

