Remi Taffin: Das ist bei Renault 2014 schiefgelaufen
Renaults Motorenchef Remi Taffin spricht über die Defizite der Franzosen in der Formel-1-Saison 2014, den Sanierungsplan und über die Ziele für das Jahr 2015
(Motorsport-Total.com) - Ein Jahr ist in der Formel 1 eine Ewigkeit. Daher hat man eine Menge Zeit, um aus den Wolken ganz tief bis auf den harten Boden abzustürzen. Am Ende der Formel-1-Saison 2013 war Renault auf einem Höhenflug. Der französische Hersteller hatte mit Red Bull gerade seine vierte Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaft in Serie gewonnen. In nur 77 Rennen als Motorenlieferant hatte man 44 Siege, 115 Podiumsplätze und 53 Pole-Positions geholt.
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Gerade zu Saisonbeginn hatte Renault große Probeleme mit der Zuverlässigkeit Zoom
In diesen vier Saisons entspricht das in Sachen Siegen einer Erfolgsquote von 57 Prozent, in Sachen Pole-Positions sogar einer phänomenalen Quote von 69 Prozent. 2014 gewann Renault lediglich dreimal (eine Quote von 16 Prozent) und kein einziges Mal konnte der Antrieb einem Auto zur Pole-Position verhelfen.
Fans werden sich an die desaströsen Bilder der Saisonvorbereitung erinnern, als der Red-Bull-Renault immer wieder in einer weißen Rauchwolke aufging. Wenn man den Spätstart in die neue Hybrid-V6-Turbo-Ära der Formel 1 und die anfängliche Performance samt Zuverlässigkeitsproblemen im Vergleich zu Klassenprimus Mercedes bedenkt, dann kann die Saison eigentlich als bemerkenswerte Trendwende für jeden in Renaults Fabrik in Vichy gesehen werden.
Bleibt Mercedes unerreichbar?
Doch dafür ist Renault nicht in der Formel 1. Wie jeder andere ist Renault in der Formel 1, um zu gewinnen. In dieser Hinsicht hat man 2014 versagt. Fairerweise muss man sagen, dass sie Mercedes im Laufe des Jahres nähergekommen sind. Trotzdem hat Red Bull nie eine Gelegenheit ausgelassen, die Schwächen des Antriebsstrangs herauszustellen. Bei Renault weiß man, dass im Winter eine Menge Arbeit erledigt werden muss, um dieses Defizit auszugleichen.
"Insgesamt war es etwas schwierig, denn wir hatten noch immer Probleme. Aber die hatten damit zu tun, dass wir noch immer Teile vom Anfang verwendeten. Das repräsentiert also nicht wirklich die Schritte, die wir gemacht haben", erklärt Motorenchef Remi Taffin gegenüber 'Autosport' und ergänzt: "Wenn man sich die letzten fünf Rennen ansieht, dann waren die Einheiten, die wir in die Autos gesteckt haben, definitiv ein Schritt nach vorne."
"Es gibt im Hinblick auf die Zuverlässigkeit einige Dinge, die wir zu erledigen haben. Aber ich denke, dass wir eine Menge gelernt haben und in der Lage sein sollten, in dieser Saison einen guten Start zu erwischen." Trotzdem macht sich Taffin keine Illusionen darüber, dass Renault Mercedes überholen kann. Stattdessen trifft er die ungewöhnliche Aussage, dass man sich damit zufriedengeben wird, die Defizite für Red Bull und die Piloten so klein wie möglich zu halten, damit sie häufiger für Überraschungen sorgen können.
"Ich denke, es wäre mehr als optimistisch, wenn wir sagen würden, dass wir vor Mercedes sein werden. Aber wir werden versuchen, die Lücke so weit wie möglich zu schließen. Wir erwarten, dass wir nicht mehr mehrere Prozent hinter ihnen sein werden, sondern vielleicht nur noch ein oder zwei Prozent. In diesem Bereich kann dann ein Fahrer oder ein Chassis den Unterschied machen. Das ist das Ziel. Wenn man einmal so nah dran ist, dann kann man die Dinge an anderen Stellen ausgleichen", so Taffin.
Fokus liegt auf dem Verbrennungsmotor
Normalerweise liegt der Fokus vor der neuen Saison zu einem großen Teil auf den Hybridelementen, die verwendet werden, um Brems- und Turbo-Energie zu speichern und anschließend umzusetzen. Viele würden erwarten, dass man sich auf diese neumodischen Teile der aktuellen Antriebsstränge der Formel 1 konzentrieren muss, wenn man Mercedes schlagen möchte.
Doch Taffin erklärt, dass Renaults Fortschritte eher von dem altmodischen Teil kommen werden - dem Verbrennungsmotor. Dort geht es im Prinzip darum, eine limitierte Menge an Benzin (100 Kilogramm) möglich effizient zu verbrennen. "Wir müssen am Motor eine Menge tun", gibt Taffin zu und erklärt: "Das Auto hat 100 Kilogramm Benzin, aber nur vier Megajoule Elektrizität. Das ist im Vergleich zu 100 Kilogramm Sprit fast gar nichts."
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"Du musst dieses Benzin so effizient wie möglich verbrennen. Und wer ist dafür zuständig? Der Verbrennungsmotor. Performance gewinnt man durch die Effizienz des Benzins, die Effizienz des Motors und wie man ihn verwendet. Wenn man sich früher fragte, was wohl das Kernstück der Antriebsstränge sein würde, dann sagten alle: 'ERS, ERS, ERS.' Wir wussten, dass alles wichtig war, aber ERS war die neue Sache, also hat man sich mehr darauf konzentriert."
"Das ist ganz normal, denn den Verbrennungsmotor hatten wir ja schon immer gemacht. Fairerweise muss man sagen, dass wir diesen Teil vielleicht etwas unterschätzt haben", so Taffin. Renault hat auf den Druck seines Nummer-eins-Kundens Red Bull reagiert und versprochen, den Fokus exklusiv auf das Team aus Milton Keynes zu legen, dass ab 2015 Werkspartner sein wird. Diese engere Verbindung soll in beide Richtungen gehen.
Unterstützung von Red Bull
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"Es wird uns ganz sicher helfen, aber es wird nicht einfach werden", sagt Taffin und erklärt: "Man kann durchaus sagen, dass die engere Partnerschaft mit Red Bull technisch sehr interessant ist, denn sie haben eine Menge intelligente Ingenieure und viele Leute in Milton Keynes, die uns in vielen Bereichen helfen können. Wenn wir über Aero sprechen, dann meinen wir nicht die Aerodynamik des Autos, sondern meinen das im Hinblick auf den Motor."
"Sie können uns definitiv helfen. Allerdings muss man natürlich sagen, dass es ein Unterschied ist, ob man ein Chassis oder einen Antrieb entwickelt", so Taffin. Red Bull hat währenddessen immer wieder Politik betrieben, um die Regeln für die Weiterentwicklung der Motoren zu ändern. An Weihnachten haben sie ein Geschenk von der FIA bekommen, die ein Schlupfloch in den Regeln bestätige. Dadurch gibt es vor der Saison keinen Stichtag mehr, an dem die erlaubten Upgrades fertig sein müssen. Dieser größere Spielraum wird Renault sicher nicht schaden.
In der Zwischenzeit konnte Renault nichts weiter tun, als die To-do-Liste abzuarbeiten. Eine Rückkehr an die Spitze gelingt wohl nicht über Nacht, wenn man den Mercedes-Vorsprung bedenkt. Auch die Silberpfeile werden im Winter hart arbeiten, um sich weiter zu verbessern. Aber Renault und Red Bull waren schon einmal Sieger. Sieger verlieren nicht gerne. Und Verlieren bedeutet normalerweise, dass man anschließend noch stärker zurückkehrt.