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Reise ins Unbekannte für Michelin
Obwohl man ohne Erfahrungswerte an den neuen Hockenheim reist, ist man im Michelin-Lager für das Rennen optimistisch
(Motorsport-Total.com) - Windschatten-Duelle adé: Der Hockenheimring präsentiert sich in der aktuellen Formel-1-Saison erstmals im neuen Gewand. Nach dem Umbau misst der ehemals 6,823 Kilometern lange Kurs nun gerade noch knapp 4,6 Kilometer. Gehörte der Grand-Prix-Kurs noch bis zum vergangenen Jahr neben Monza und Indianapolis zu den Hochgeschwindigkeitskursen der Formel 1, wird er nach seiner Verkürzung eher zu den mittelschnellen Strecken zählen.

© xpb.cc
Michelin muss hoffen, dass die Reifen auf dem neuen Hockenheimring funktionieren
In Zukunft ist hier eher Abtrieb als Highspeed gefragt, denn die kilometerlangen Geraden durch den Wald wurden zu Gunsten einer zuschauerfreundlicheren Streckenführung gekappt. Für Reifenhersteller Michelin ? Partner der Teams BMWWilliams, Jaguar, McLaren-Mercedes, Renault, Toyota und Minardi ? kommt das Debüt auf dem neuen Hockenheimring dem Sprung ins kalte Wasser gleich: Testmöglichkeiten hat es hier im Vorfeld für niemanden gegeben.
Da Teams und Fahrer im Vorfeld in Hockenheim nicht testen können, stellt sie der Große Preis von Deutschland auf dem neuen Kurs vor keine einfache Aufgabe: Sie müssen von Freitagmorgen bis zum Beginn des gut 306 Kilometer langen Rennens am Sonntag um 14 Uhr ein konkurrenzfähiges Fahrwerk- und Aerodynamik-Setup erarbeiten und zudem den optimalen Reifentyp herausfiltern.
Dennoch blickt Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier dem Rennen im Badischen gelassen entgegen: "Im Motodrom können wir auf die Erfahrungswerte aus dem Vorjahr zurückgreifen. In diesem Abschnitt ist die Beanspruchung der Reifen nicht übermäßig hoch. Was den Rest der neuen Strecke angeht, müssen wir abwarten. Da das modifizierte Layout mehr Rechts- als Linkskurven aufweist, könnte der linke Vorderreifen einer erhöhten Belastung ausgesetzt sein."
Einige Michelin-Experten haben den neuen Streckenverlauf bereits vor Ort genauer unter die Lupe genommen, erklärte Dupasquier: "Wir haben aber unsere Reifenmischung noch nicht endgültig festgelegt, da wir das Layout noch analysieren. Das wird wirklich ein Schritt ins Unbekannte."
Made in Germany: Auch das neue Design des Hockenheimrings stammt aus der Feder des deutschen Architekten Hermann Tilke, der für die gelungene Hightech-Piste von Sepang in Malaysia ebenso verantwortlich zeichnet wie für das neue Layout des Nürburgrings. Sein Hauptanliegen beim Entwurf von neuen Kursen: Die Fahrer sollen öfter überholen können, die Fans besser sitzen und einen größeren Einblick auf die Strecke erhalten.
Erfreulich für die Zuschauer: Statt in bisher 45 Umläufen können sie nun 69 Mal die vorbeijagenden Boliden verfolgen. Auch die intensive Stadion-Atmosphäre im Motodrom dürfen in Zukunft noch mehr Motorsport-Begeisterte genießen ? die Südtribüne wird in einem zweiten Bauabschnitt erweitert. "Am allerwichtigsten ist mir aber, dass die Fahrer eine neue Strecke mögen", so der 47-jährige Hobby-Rennfahrer. Dass dem so ist, dafür sorgt schon allein der intensive Dialog mit Piloten vom Schlage eines Michael Schumacher, mit dem sich der "Kopf der Kurse" regelmäßig beim Entwurf neuer Kurvenradien, der Gestaltung von Auslaufzonen oder Überholmöglichkeiten berät.
Die neue Piste wartet zukünftig mit insgesamt 17 Kurven auf, von denen die sieben im Motodrom unverändert blieben. Trotz des Wegfalls der langen Waldgeraden soll der Hockenheimring auch weiterhin zumindest teilweise seinen Hochgeschwindigkeits-Charakter beibehalten: Nach der Start- und Zielpassage biegen die Fahrer durch die leicht modifizierte Nordkurve in eine rund 500 Meter lange Gerade ein. Ihr folgt eine Rechts-Links-Kurvenkombination, an die sich die langgezogene und leicht geschwungene "Parabolika" mit einer Länge von 1.047 Metern anschließt ? sie soll Geschwindigkeiten von bis zu 315 km/h ermöglichen. Für die anschließende Haarnadel ist ein Tempo von ungefähr 70 km/h vorausberechnet ? hier sind also spannende Ausbremsmanöver garantiert.
Nach dieser engen Spitzkehre kehrt die Strecke wieder auf die bestehende Trasse des Hockenheimrings zurück. Durch zwei neue temporäre Tribünen in diesem Bereich, auf denen 32.000 Zuschauer Platz finden, sowie die Mercedes-Tribüne entsteht eine Art zweites "Motodrom". Auf dem Weg zurück in den alten Stadionabschnitt erwartet die Fahrer dann noch eine neu geschaffene, anspruchsvolle Kurvenkombination, deren Charakteristik Positionskämpfe mit parallel fahrenden Fahrzeugen erwarten lässt.
Als erster Pilot des aktuellen Formel-1-Starterfeldes drehte BMW-Williams-Pilot Ralf Schumacher seine Runden auf der neuen Strecke. In einem BMW X5 fuhr der jüngere der Schumacher-Brüder zusammen mit Hermann Tilke den Kurs ab und zeigte sich anschließend begeistert: "Das neue Layout ist sicher abwechslungsreicher und bietet auch mehr Herausforderungen für die Fahrer", so der 27-Jährige. "Es gibt zwei Passagen, an denen man definitiv überholen kann. Zum einen in der zweiten Kurve nach Start und Ziel, zum anderen in der neuen Spitzkehre", weiß der Vorjahressieger des Großen Preises von Deutschland zu berichten.
Ralf Schumacher weiter: "Durch den Umbau wird das diesjährige Rennen in Hockenheim zu einer Rechnung mit einer Unbekannten. Bis auf das Motodrom und die leicht modifizierte Nordkurve haben wir keinerlei Erfahrungswerte. Im Infield brauchen wir nach wie vor mechanischen Grip und eine möglichst weiche Reifenmischung. Allerdings ist der Asphalt in einigen Kurvenpassagen sehr rau, und die beiden Rechtskurven vor Start und Ziel sowie die schnelle Rechts danach beanspruchen den linken Vorderreifen etwas stärker. Wenn der linke Vorderpneu mitspielt, sollten wir dennoch eine weiche Mischung verwenden können."

