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Red Bull verleiht (flache) Flügel: In Spa so stark wie in Ungarn?

Red Bull will seinen Leistungsnachteil in Spa-Francorchamps durch extrem flache Flügel ausgleichen - Das klappte zwar 2014, hat allerdings auch Nebenwirkungen

(Motorsport-Total.com) - Red Bull fühlt sich in Spa-Francorchamps meistens wohl. In den vergangenen vier Jahren siegten die Bullen in Belgien dreimal, 2014 triumphierte zuletzt Daniel Ricciardo auf der Traditionsstrecke. Auch in diesem Jahr scheint es für Ricciardo und Daniel Kwjat wieder recht gut zu laufen. Die beiden belegten am Freitag in der kombinierten Zeitenliste nach den ersten beiden Trainings die Plätze drei und vier. Dabei kommt die Strecke dem RB11 eigentlich nicht gerade entgegen.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo und Teamkollege Daniil Kwjat fahren in Spa mit wenig Flügel Zoom

Das Problem ist allerdings nicht das Chassis, sondern der Renault-Antrieb im Heck. Das Aggregat der Franzosen ist den Motoren von Mercedes und Ferrari in Sachen Leistung nachweislich unterlegen. Auf einer Strecke wie Spa, wo die Höchstgeschwindigkeit eine wichtige Rolle spielt, eigentlich das Todesurteil für alle Autos mit Renault-Motor. Um trotzdem mithalten zu können, setzte Red Bull am Freitag auf extrem flache Flügel.

Die Konsequenz: Weniger Luftwiderstand und damit eine höhere Geschwindigkeit. So wollen die Bullen das Manko des schwachen Motors in Spa ausgleichen. Tatsächlich scheint diese Taktik sogar aufzugehen - allerdings nicht ohne Nebenwirkungen. "Unsere Priorität ist es, in Sektor zwei noch etwas Zeit zu finden", erklärt Kwjat am Freitag nach den ersten beiden Trainings.

Im kurvigen zweiten Streckenabschnitt ist Abtrieb gefragt. Genau dieser fehlt Red Bull mit der aktuellen Abstimmung allerdings. Ein Problem muss das jedoch nicht zwangsläufig sein, schließlich setzte das Team auch 2014 schon auf diese Taktik - und gewann so das Rennen. "Generell denke ich, dass es gut wäre, wenn wir auf dieser Strecke die Plätze drei und vier halten können", erklärt Vorjahressieger Ricciardo.

"Unsere Priorität ist es, in Sektor zwei noch etwas Zeit zu finden." Daniil Kwjat

Kwjat hofft auf nächstes Podium

"Morgen wird es vermutlich enger sein, da die Lücke nach hinten viel kleiner werden wird. Wir müssen allerdings abwarten. Hoffentlich können wir diese Positionen morgen halten. Es wäre gut, wenn wir auf den weichen Reifen noch etwas Zeit finden könnten, also werden wir unsere Hausaufgaben heute erledigen", so der Australier, der am Freitag 0,751 Sekunden langsamer war als Mercedes-Pilot Nico Rosberg, der die Tagesbestzeit setzte.

"Ich denke schon, dass das unser wahres Tempo widerspiegelt, jedenfalls das heutige", gibt sich Kwjat (+1,014) optimistisch. Der Russe hofft nach seinem zweiten Platz in Ungarn nun auf sein zweites Podium in Folge: "Ich hätte jedenfalls nichts dagegen. Bis jetzt sieht es ganz gut aus, aber am Sonntag kann es natürlich immer eine Überraschung geben - gerade auf dieser Strecke. Hoffentlich können wir unser volles Potenzial entfalten."

"In der Situation, in der wir uns hinsichtlich der Motoren befinden, müssen wir aber sicherlich Kompromisse eingehen", erklärt der Russe, der damit auf die flachen Flügel anspielt. Dass der fehlende Abtrieb nicht ganz unproblematisch ist, erlebte Ricciardo in der Schlussphase des zweiten Trainings, als er die Eau Rouge nicht perfekt erwischte und einen in seinen Worten "kleinen Moment" hatte.


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"Dadurch macht es mehr Spaß", lacht der Australier in seiner bekannten Art. Die Szene, die letztendlich glimpflich ausging, hätte allerdings auch anders ablaufen können. Ebenfalls Glück hatte Kwjat. Der Russe wurde im zweiten Trainings aus seiner Box gewunken, obwohl Sauber-Pilot Felipe Nasr gerade anrauschte. Um ein Haar wären die beiden kollidiert, Red Bull wurde mit einer Strafe in Höhe von 10.000 Euro belegt. Außerdem erhielt Kwjat eine Verwarnung.

"Ich denke schon, dass das unser wahres Tempo widerspiegelt." Daniil Kwjat

Reicht es zum Angriff auf Mercedes?

Trotz der beiden Zwischenfälle können die Bullen den ersten Trainingstag in Spa allerdings als Erfolg werten. Chefingenieur Paul Monaghan erklärt: "Wir haben einige neue Teile, und wir haben das Auto in vielen Bereichen verbessert. Wir haben uns nicht nur auf einen konzentriert." Unter anderem tritt das ehemalige Weltmeisterteam in Belgien an diesem Wochenende mit einem neuen Heckflügel an.

"In Ungarn war das Auto kompletter und es war schön, dass wir wieder vorne mitkämpfen konnten", erklärt Monaghan weiter und fügt hinzu: "Ich denke, dass wir momentan akzeptieren müssen, dass Mercedes einen Performance-Vorteil hat. Aber vielleicht haben sie ja ein schlechtes Wochenende und wir ein gutes. Ich denke, dass wir dann für den Kampf bereit sind."

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob man auch am Samstag und Sonntag der erste Mercedes-Jäger bleiben wird. Vor allem die weichen Reifen machen aktuell noch Probleme. "Mit den Option-Reifen lief es noch nicht sonderlich gut. Da haben einige unserer Gegner viel mehr Zeit gefunden als wir", erklärt Kwjat. Das sind allerdings geradezu minimale Probleme, wenn man bedenkt, wo Red Bull vor einigen Monaten noch stand.

"Ich denke, dass wir für den Kampf bereit sind." Paul Monaghan