Red Bull: Ricciardo und Verstappen stärkste Fahrerpaarung?

Christian Horner glaubt, dass Red Bull mit Daniel Ricciardo und Max Verstappen in den kommenden Jahren die beste Fahrerpaarung in der Formel 1 haben könnte

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich ist es für einen Rennfahrer eher ungewöhnlich, mitten in der laufenden Saison einen neuen Teamkollegen zu bekommen. Dementsprechend war Daniel Ricciardo schon etwas überrascht, als er in der vergangenen Woche am Mittwochabend einen Anruf von Christian Horner bekam. Der Red-Bull-Teamchef teilte dem Australier mit, dass Daniil Kwjat mit sofortiger Wirkung durch Max Verstappen ersetzt wird. Ein Schock war es für Ricciardo, der das Red-Bull-Juniorprogramm bestens kennt, allerdings nicht.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen, Daniil Kwjat

Kann Max Verstappen Red Bull in den kommenden Jahren zu Titeln führen? Zoom

"Ich bekam am Abend vor der Bekanntgabe einen Anruf von Christian. Da hat er mich informiert. Er wollte natürlich, dass ich es von ihm höre, bevor ich es irgendwo lese", berichtet Ricciardo. "Er hat eigentlich nur gesagt: 'In Spanien bekommst du einen neuen Teamkollegen. Im Team wird sich etwas ändern, aber für dich ändert sich eigentlich nichts. Ich wollte nur, dass du es weißt.'"

Ein Vorahnung, dass nach dem Rennen in Russland etwas passieren könnte, hatte Ricciardo nicht. "Ehrlich gesagt nicht. Ich wusste, dass während der Saison etwas passieren kann. In der Sommerpause hätte man zum Beispiel etwas für die zweite Saisonhälfte ändern können", erklärt der Australier. "Aber es war nicht so, dass ich wusste, dass vor Barcelona etwas passiert. Ich habe auch nichts erwartet."

Horner spricht Kwjat Vertrauen aus

"Als man es mir sagte, war es natürlich eine kleine Überraschung. Aber solche Dinge sind auch vorher schon passiert. Es ist nicht das erste Mal", erinnert Ricciardo. So flogen bei Red Bull beziehungsweise Toro Rosso in der Vergangenheit bereits bei Piloten wie Christian Klien, Scott Speed oder Sebastien Bourdais während der laufenden Saison raus. Nun erwischte es also auch Kwjat.

"Viele Leute werden vielleicht das Gefühl haben, dass es hart oder unfair ist", weiß Horner. "Red Bull ist in der einzigartigen Situation, vier Cockpits in der Formel 1 zu haben", erklärt der Teamchef und verrät: "Wir kamen zu dem Schluss, dass Daniil im Vergleich zu seinem Teamkollegen ein paar Probleme hatte. Dort gab es ein konstantes Muster." Daher habe letztendlich "viel mehr" als nur der Unfall in Russland zu der Entscheidung geführt.


Max Verstappen: Antrittsbesuch bei Red Bull

"So etwas passiert nicht nur in einem Rennen", weiß auch Ricciardo, der sich einst selbst über Toro Rosso zu Red Bull hocharbeiten musste. "Es war keine Entscheidung, die überstürzt getroffen wurde", versichert Horner und erklärt im Hinblick auf Kwjat: "Wenn wir nicht an ihn glauben würden, dann hätten wir ihn nicht behalten. Bei Toro Rosso bekommt er die Chance, sein Selbstvertrauen und seine Form wiederzugewinnen. Dort wird er neu bewertet werden."

"Es war keine Entscheidung, die überstürzt getroffen wurde." Christian Horner

Für den Crash in Russland entschuldigte sich Kwjat übrigens mittlerweile bei Ricciardo. Noch vor dem Debriefing sprachen sich die beiden in Sotschi aus. "Er hat sich entschuldigt und schilderte seinen Standpunkt", verrät der Australier. Im anschließenden Meeting habe sich der junge Russe dann noch einmal beim ganzen Team entschuldigt - doch da war es wohl bereits viel zu spät, um sein Cockpit noch zu retten.

Schlägt Verstappen so ein wie Ricciardo?

Nun warten alle gespannt darauf, wie sich Ersatzmann Max Verstappen am Steuer des RB12 machen wird. "Ricciardo/Verstappen ist für mich eine der stärksten Paarungen - oder vielleicht sogar die stärkste Paarung in den kommenden Jahren", prophezeit Horner. Mit der "Beförderung" sendete Red Bull ein klares Zeichen an die Konkurrenten, die Verstappen für die kommenden Jahre ebenfalls auf dem Zettel hatten.

Ein Wechsel zu einem anderen Topteam scheint nun erst einmal vom Tisch zu sein. Horner betont die "tollen Möglichkeiten", die sich für Red Bull mit der Paarung Ricciardo/Verstappen ergeben und betont, dass der Cockpittausch keinesfalls von Verstappen oder dessen Management gefordert wurde. "Ich denke ehrlich gesagt, dass er noch überraschter als Daniil war", verrät Horner.

Ricciardo erwartet von seinem neuen Teamkollegen eine "gute Herausforderung" und erklärt: "Max ist jung und schnell." Die Situation erinnert ihn an seinen eigenen Wechsel zu Red Bull in der Saison 2014. "Bis dahin hatte ich auch noch nicht viel bewiesen", erinnert sich Ricciardo zurück und erklärt: "Für sie war es damals ein kleines Risiko, mich gegen einen Fahrer wie Seb (Sebastian Vettel; Anm. d. Red.) zu stellen."

"Ricciardo/Verstappen ist für mich eine der stärksten Paarungen - oder vielleicht sogar die stärkste Paarung in den kommenden Jahren." Christian Horner

"Ich denke, das hat ganz gut funktioniert. Jetzt hatten sie die Gelegenheit, das auch mit Max zu machen. Dafür haben sie sich entschieden", so Ricciardo, der 2014 immerhin drei Rennen gewinnen konnte, während Teamkollege Vettel komplett leer ausging. Angst vor Verstappen hat er allerdings nicht. "Wir werden sehen, wie es läuft", sagt er ganz entspannt und erklärt: "Ich weiß, dass er schnell ist. Ich bin mir sicher, dass er etwas mitbringen wird, von dem ich etwas lernen kann. Darauf freue ich mich."

Ricciardo bleibt locker

"Ich mache mir keine Sorgen. Ich hatte in der Vergangenheit bereits einige Teamkollegen, und sagen wir mal so: Mit einigen hatte ich eine ziemlich gute Rivalität", sagt Ricciardo und ergänzt mit einem Lachen: "Ich würde sagen, dass ich ein ziemlich umgänglicher Typ bin. Auf der Strecke wird es ernst, aber abseits der Strecke kümmere ich mich einfach um meine Angelegenheiten."

Trotzdem ist der Fall Kwjat auch - wieder einmal - ein warnendes Beispiel dafür, dass die Red-Bull-Karriere manchmal ganz schnell vorbei sein kann. Das weiß auch Ricciardo. "Du darfst nicht naiv sein, aber ich schaue immer nur nach vorne. Wenn ich am Ende meiner Karriere wäre, dann würde ich versuchen, mein Cockpit noch ein Jahr länger zu behalten. Ich habe aber immer noch das Gefühl, dass es für mich vorwärts geht", so der 26-Jährige.


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Auf die Frage, ob der Wechsel zwischen Kwjat und Verstappen die richtige Entscheidung war, erklärt Ricciardo ausweichend: "Darauf habe ich eigentlich keine Antwort. Ich weiß, dass diese Dinge in der Vergangenheit für Red Bull funktioniert haben. Ich kritisiere es also nicht, und ich kritisiere auch ihre Methoden nicht." Eins steht für ihn allerdings fest: Verstappen wird sich bei Red Bull schnell eingewöhnen. "Ich denke, dass er sich im Auto wohlfühlen wird", so der Australier.