• 07.02.2003 13:01

Ralph Firman im Interview

27 Jahre alt, Formel-1-Newcomer: Ralph Firman vier Wochen vor Melbourne im Interview über seine Unterschrift bei Jordan

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Erzähle uns von den letzten paar Tagen und was hältst Du davon, jetzt in der Formel 1 zu sein?"
Ralph Firman: "Es ist absolut unglaublich, mit Jordan und Ford zu arbeiten, und ich kann es gar nicht mehr erwarten, die Arbeit aufzunehmen. Ich denke, es wird ein exzellentes Jahr. Die letzten paar Tage nach meiner Unterschrift waren ziemlich hektisch. Ich bin sicher, in der Saison wird es kaum anders werden, aber jetzt freue ich mich auf meine erste Fahrt mit dem Auto kommende Woche. Ich werde mit meinem Teamkollege Giancarlo in Valencia testen."

Titel-Bild zur News: Ralph Firman

Ralph Firman, 27, steht vor seiner ersten Grand-Prix-Saison

Frage: "Du warst sechs Jahre in Japan. Was hat Dich dort hingeführt?"
Firman: "Ich hatte ein paar Jahre mit nicht konkurrenzfähigem Material Schwierigkeiten, aber vor zwei Jahren kam ich dann bei einem großartigen Team unter und in den letzten 18 Monaten habe ich die Formel Nippon dominiert. Das ist eine großartige Meisterschaft. Die Autos sind viel besser als vergleichbares Material in Europa und man lernt dort auch viel mehr, man wird schneller erwachsen. Ich habe die Zeit sehr genossen. Die Japaner haben mich sehr gut behandelt und ich fühlte mich in jeder einzelnen Minute sehr wohl."

Frage: "Erzähle uns von deinem Team, das ja vom früheren Formel-1-Fahrer Saturo Nakajima geleitet wird!"
Firman: "Er ist ein liebenswerter Charakter und die Atmosphäre im Team war großartig. Das ist einer der Gründe hinter ihrem Erfolg. Ich habe noch immer Kontakt zu Nakajima und er ist erleichtert, dass ich es in die Formel 1 geschafft habe, obwohl das bedeutet, dass ich nächstes Jahr nicht mehr für ihn fahren kann."

Frage: "Welche Erfahrungen hast Du bisher mit Formel-1-Autos gemacht?"
Firman: "1993 habe ich den 'Autosport Young Driver of the Year Award' gewonnen und der Preis waren 20 Runden in einem McLaren-Formel-1. Das war aber kein richtiger Test. Der kam erst Ende letzten Jahres in einem BAR. Das war nützlich, denn ich bekam auch einen Eindruck davon, wie fit man sein muss, um so ein Auto beherrschen zu können."

Mit 20 erster Test im 95er-McLaren-Mercedes

Frage: "Als Du 1995 den McLaren testen durftest, warst Du erst 20. Welche Erinnerungen hast Du noch daran?"
Firman: "Das ist sehr lange her, die Autos waren ganz anders und es wurden noch Slicks verwendet. Die Technologie hat sich seither stark weiterentwickelt und es war beim BAR-Test schon eine Überraschung für mich, wie anders sich alles anfühlte."

Frage: "Du hast eine Sitzanpassung hinter Dir und kennst auch ein paar Ingenieure. Wie ist der erste Eindruck?"
Firman: "Ich bin froh, Eddie wieder getroffen zu haben. Ich komme fantastisch mit ihm aus. Die Atmosphäre im Team ist sehr liebenswert und nach den ersten Tests sieht es nach einem vielversprechenden Jahr aus."

Frage: "Hast Du in all den Jahren jemals gedacht, dass der Formel-1-Zug ohne Dich abfahren würde?"
Firman: "Nein, nie. Es war immer mein Traum. Ich habe mich einfach auf das Wesentliche konzentriert und in jedem einzelnen Jahr mein Bestes gegeben, bis ich in einer Position war, von der aus ich wieder Rennen gewinnen konnte. Man muss Rennen gewinnen, um jemandem aufzufallen. Die Meisterschaft letztes Jahr gewonnen zu haben, hat mir viele Türen geöffnet."

Firman: "Ich möchte Punkte sammeln"

Frage: "Wie sehr wird es Dir als Neuling helfen, dass Dein Team die Option der Tests am Freitag wahrgenommen hat?"
Firman: "Das ist wertvoll. Ich bekomme so mehr Runden in Formel-1-Autos und kann die Strecken besser lernen. Außerdem kann ich mir für das Set-Up länger Zeit nehmen."

Frage: "Welche Ziele hast Du für diese Saison definiert?"
Firman: "Ich möchte Punkte sammeln. Das ist für mich und das Team sehr wichtig. Ich werde einfach rausgehen und jedes Wochenende mein Bestes geben. Langfristig will natürlich jeder Fahrer Rennen gewinnen und Weltmeister werden. Wir haben dieses Jahr ein exzellentes Paket, aber wir müssen das erste Rennen abwarten, um einschätzen zu können, wo alle stehen. Aber ich denke, wir haben eine gute Möglichkeit, in jedem Rennen in die Punkte zu fahren."

Frage: "Freust Du Dich auf die erste Saisonhilfe mit oder auf die zweite Saisonhälfte ohne die elektronischen Fahrhilfen mehr?"
Firman: "Zunächst einmal werde ich jeden Moment in einem Formel 1 genießen. Ich freue mich darauf, ohne die Elektronik zu fahren. Es wird sicher aufregender, mit vielen Überholmanövern ? speziell am Start. Ganz interessant könnte es im Regen werden, wo wir vielleicht sogar einmal aufs Podium fahren können."

Rückkehr von Japan nach England geplant

Frage: "Wo wirst Du dieses Jahr wohnen?"
Firman: "Ich werde natürlich aus Japan wegziehen. Es wäre schön, irgendwo in der Nähe des Teams zu wohnen, damit ich so oft es geht in der Fabrik vorbeischauen kann. Aber im Augenblick habe ich noch keinen genauen Plan."

Frage: "Wie schwer sind Dir die ersten Jahre in Japan gefallen?"
Firman: "Es war sehr schwierig. Man fährt Rennen, um sie zu gewinnen ? und es tut weh, wenn das nicht gelingt. Zum Glück habe ich mich nicht unterkriegen lassen, obwohl das die einfachste Möglichkeit gewesen wäre. Ich wollte immer nur Einsitzer fahren, um es in die Formel 1 zu schaffen. Jetzt hat es sich ausgezahlt."

Frage: "Hattest Du je Zweifel daran, ob es sinnvoll ist, nach Japan zu gehen?"
Firman: "Nein. Zu dem Zeitpunkt war es eine klare Entscheidung. Viele Fahrer haben es auf diesem Weg in die Formel 1 geschafft. Das zeigt, was für ein guter Weg das ist, um in die Formel 1 zu kommen. Die Leute unterschätzen oft, was für Talente in Japan sind. Es war genauso hart wie mit jeder anderen Konkurrenz, die ich zuvor hatte. Die Japaner reisen einfach nicht so gut, denke ich, denn Sato war der Erste, der sich in Europa wirklich behaupten konnte."

Frage: "Fisichella war immer schneller als seine Teamkollegen. Wie stehst Du ihm gegenüber?"
Firman: "Naja, ich war auch immer schneller als meine Teamkollegen! Es wird ein interessantes Jahr. Er ist ein großartiger Fahrer und ich freue mich darauf, viel von ihm zu lernen. Es gibt nichts Besseres als einen schnellen Teamkollegen, von dem man lernen und Daten übernehmen kann."

Firman wegen Familie "genetisch vorbelastet"...

Frage: "In Deiner Japan-Zeit kamen viele Deiner Formel-3-Gegner in die Formel 1. Wie hast Du das empfunden?"
Firman: "Es hat mich nur noch heißer darauf gemacht, selbst in die Formel 1 zu kommen und die Nippon-Meisterschaft zu gewinnen. Ich wusste ja, dass ich sie alle schon einmal geschlagen habe, also gab es keinen Grund, warum ich es nicht auch schaffen sollte."

Frage: "Dein Vater ist sicher stolz auf Dich."
Firman: "Ja, meine Familie ist sehr erfreut, wie es jede andere Familie auch sein würde."

Frage: "Was sind Deine frühesten Erinnerungen an den Motorsport?"
Firman: "Ich habe mich vom Rennsport meistens ferngehalten, aber ich erinnere mich daran, einmal bei klirrender Kälte nach Brands Hatch gegangen zu sein, um das Formel-Ford-Festival zu sehen. Ich war aber immer irgendwie im Motorsport, weil meine Familie ja Rennautos herstellt. Mein Interesse hat sich dann weiterentwickelt, als ich mit zehn Jahren im Kart begonnen habe."

Frage: "Welchen Druck erwartest Du während der Saison vom Team?"
Firman: "Ich muss einfach rausgehen und mein Bestes geben. Wenn ich wie immer fahre, wird es okay sein..."