• 07.09.2006 20:28

  • von Inga Stracke

Ralf Schumacher: Konzentriere mich auf mein Wochenende

Toyota-Pilot Ralf Schumacher über das Rennen in Monza, die Chancen seines Teams und über das Verhältnis zur Entscheidung seines Bruders

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ralf, bist du irgendwie beeinfluss von den ganzen Diskussionen, die es um deinen Bruder gibt?"
Ralf Schumacher: "Nein, ich persönlich nicht. Das betrifft ja nicht mich, sondern ihn."

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Hofft auf ein gutes Ergebnis in Monza: Ralf Schumacher

Frage: "Hast du mit deinem Bruder darüber gesprochen?"
Schumacher: "Nein."

Frage: "Interessiert dich das gar nicht?"
Schumacher: "Nicht wirklich. In erster Linie konzentriere ich mich auf mein Wochenende, auf mein Team. Alles andere ergibt sich sowieso."#w1#

Frage: "Sollte dein Bruder wirklich aufhören, würde das deutsche Interesse an der Formel 1 wohl nachlassen. Wie siehst du das?"
Schumacher: "Das ändert an meinem Job gar nichts. Ich sehe das noch nicht so dramatisch wie manche andere, weil die Formel 1 als solche trotzdem interessant bleiben wird und das sicherlich in erster Linie davon abhängt, ob nächstes Jahr irgendein Deutschsprachiger um die WM mitfährt. Die Formel 1 hatte schon ganz andere Charaktere. Die sind gekommen und gegangen. Natürlich ist das für das Land an sich ein bisschen ein Einschnitt, aber dafür kommen andere Länder dazu. Ich denke, man sollte das nicht so national sehen. Das ist vielleicht ein bisschen schade für manche Journalisten, aber ansonsten sehe ich das nicht so dramatisch."

Frage: "Wenn du drei Möglichkeiten hättest: Möglichkeit eins, er hört auf, Möglichkeit zwei, er kommt nach einem Jahr wieder, Möglichkeit drei, er geht zu McLaren-Mercedes. Was wäre dir lieber?"
Schumacher: "Ich nehme Möglichkeit vier und suche eine gute Pizzeria für heute Abend! Ich will das nicht beantworten. Mir ist das persönlich wirklich egal. Es ist seine Entscheidung."

Frage: "Was hätte er gesagt, wenn du ihn persönlich gefragt hättest?"
Schumacher: "Ich weiß es nicht. Ich kann die Frage nicht beantworten, weil ich das nicht getan habe. Aber ich werde das auch nicht tun. Ich habe damit keine Eile. Es ändert ja an meiner Situation nichts. Er hat sich den Zeitpunkt ausgesucht und das respektiere ich."

Frage: "Hat er sich den Zeitpunkt ausgesucht?"
Schumacher: "Ich gehe davon aus. Aber auch das ist egal."

"Da wird sich nicht viel ändern"

Frage: "Glaubst du, dass das für die anderen deutschen Fahrer auch eine Chance ist?"
Schumacher: "Ich war jetzt zehn Jahre mit ihm in der Formel 1. Da wird sich nicht viel ändern. Böse gesagt kann man meinen: Okay, ein schneller Fahrer weniger. Dann ist es vielleicht ein bisschen einfacher, aber für mich ändert sich da nichts. Das wird sich auf die Fahrer verteilen, die immer um die WM mitfahren."

Frage: "Glaubst du nicht, dass es gut für euch ist, wenn Ferrari einen neuen Aufbau planen muss?"
Schumacher: "Für uns als Fahrer oder als Team, die Weltmeister werden wollen, hilft es natürlich, wenn ein Team wieder durch einen neuen Prozess geht und sich dadurch natürlich schwerer tut. Das ist ganz klar. Aber ich denke, dieser Prozess wäre sowieso gekommen, diese Wellenbewegung gibt es ja bei jedem Team."

Frage: "Als dieses Jahr Juan-Pablo Montoya aufgehört hat, haben die Kollegen ganz vorne sehr banale Kommentare abgegeben. Der Einzige, der wirklich menschlich die Sache in den Griff bekommen und ganz profund geantwortet hat, warst du. Warum fällt dir ausgerechnet beim Rücktritt deines Bruders nichts ein?"
Schumacher: "Ich sehe das vielleicht anders, denn für euch ist er weg, aber für mich ja nicht. Der Sport ist ja für mich nicht von ihm abhängig. Das war er vorher nicht und das wird er auch danach nicht sein. Das sind zwei Paar Schuhe. Wir haben auch nie irgendwas großartig miteinander gemacht oder geteilt. Da waren wir ganz professionell und deshalb ist mir das egal. Das muss man einfach so verstehen, nicht im Sinne vom Emotionalen. Es ist natürlich schön, hier und da mal was zusammen zu machen, aber davon werde ich nicht umkommen, das machen wir ja neben der Rennstrecke. Für mich ist das kein Problem. Wir haben eh kaum Zeit, ich sehe ihn am Wochenende fast nie, höchstens bei der Fahrerbesprechung. Das ist einfach so. Jeder hat seine Aufgaben, wir sitzen bis spät abends in den Meetings, da komme ich da nicht zu, und er umgekehrt auch nicht. Deshalb ist das für mich gar kein Unterschied."

Frage: "Welche Chancen rechnest du dir für Monza aus?"
Schumacher: "Ich denke, dass wir wieder irgendwo in den Top 6 im Qualifying sind. Das ist unser Ziel. Und dass wir dementsprechend auch im Rennen um die vorderen Punkteränge mitkämpfen können. "

Frage: "Wie viel ist dieses Jahr noch für Toyota drin?"
Schumacher: "Wenn wir mal ein Wochenende ohne Probleme haben, dann denke ich ist noch sehr viel drin. Wir haben - in den letzten Rennen speziell - wirklich den Rennspeed gehabt, um ganz vorne mitzufahren. Auch in der Türkei wieder, da ist relativ viel kaputt gegangen bei meinem ersten Zusammenstoß in der ersten Kurve. Also von daher waren wir wirklich sehr schnell unterwegs, speziell dann ab der Safety-Car-Phase."

Frage: "Ist das eigentlich ein grausamer Moment, wenn man sich die ganze Zeit auf das Rennen vorbereitet und dann ist auf einmal die Nase weg?"
Schumacher: "So was ist immer ärgerlich, klar. Aber man hat ja gesehen: Im Eimer war es nicht ganz. Die Safety-Car-Phase war sicherlich dieses Mal auch eine kleine Hilfe. Mein Teamkollege ist weitergefahren. Natürlich ist es keine Hilfe, aber wir haben die Strategie danach auf einen Stopp umgestrickt, mit viel Sprit. Und auf Grund des Speeds, den wir hatten, hat das danach das Meiste wieder wettgemacht, mit dem Safety-Car sowieso."

Testergebnisse machen Mut

Frage: "Wie waren die Tests vor einer Woche hier in Monza?"
Schumacher: "Die waren recht positiv. Da gab es wie in den letzten Rennen gar keine Probleme. Es war relativ rutschig, aber das wird sich hier am Wochenende schon verändern."

Frage: "Kann man sagen, dass Monza eine Strecke ist, auf der man grade im Qualifying als Fahrer nicht so viel machen kann, weil mit neuen Reifen die Unterschiede nicht so groß sind und nicht so viel vom Topspeed abhängt? Und kommt es vielleicht mehr auf die Kurven an?"
Schumacher: "Das ist mehr der Belag als die Kurven. Monza ist eine Strecke, die generell relativ reifenfreundlich ist. Die Rundenzeiten sind hier oft sehr stabil. Trotzdem sind neue Reifen auch hier schneller."

Frage: "Ist Monza eine Lieblingsstrecke?"
Schumacher: "Es ist eine gute Strecke. Es ist jetzt mit diesen Bremsschikanen gut zum Überholen. Ich finde aber die Türkei für mich etwas attraktiver als Strecke."

Frage: "Denkst du, Monza ist von der Sicherheit her noch zeitgemäß?"
Schumacher: "Das ist glaube ich grundsätzlich etwas schwierig bei den Geschwindigkeiten, die wir hier so fahren, ab 320 km/h aufwärts. Es ist sicherlich überarbeitungswürdig an gewissen Punkten, aber noch akzeptabel."

Effizienz und Aerodynamik als Arbeitspunkte

Frage: "Sind was das Auto betrifft noch Wünsche offen?"
Schumacher: "Was die Effizienz und die Aerodynamik anbelangt, ist das sicherlich schon okay, aber das kann man immer verbessern, ganz klar. Es gibt da noch manche Autos - da sticht auch Ferrari ganz stark raus - mit extrem hohen Topspeeds, die ich mir nicht alleine von der Motorleistung her erklären kann. Von daher ist da auch noch Nachholbedarf."

Frage: "Hat Ferrari von der Aerodynamik her so gute Werte, dass man das vielleicht kopieren kann?"
Schumacher: "Kopieren ist sowieso ein Problem. Ein Auto hat ein gewisses Konzept. Das ist ja ganz interessant, weil es ja jeder versucht, wenn man Neuerungen sieht. Der eine schaut beim anderen ab, aber oftmals ist es dann so, dass die Dinge nicht funktionieren."

Frage: "Haben dann tatsächlich alle die flexiblen Flügel abgeschafft?"
Schumacher: "Ich glaube schon. Es gibt ja auch da gewisse Toleranzen. Aber nächstes Jahr sollten wir da Ruhe haben."

Frage: "Viele sprechen vom Mythos Monza. Was macht diese Strecke aus?"
Schumacher: "Ich kann da keinen Mythos sehen, deshalb kann ich da nichts Spezielles sagen. Es ist vielleicht was die Historie betrifft etwas Besonderes. Für mich ist das zwar eine schnelle Strecke, irgendwo in einer witzigen Umgebung, aber nicht mehr und nicht weniger. Halt so ein Park mitten in der Stadt. Das ist ja eher untypisch mittlerweile, dass man Grands Prix mitten im Wald fährt und da auch noch eine Stadt drum herum ist."

Frage: "Du hast seit zwei Monaten einen neuen Manager. Warum Hans Mahr und was ist das für ein Typ?"
Schumacher: "Wir kennen uns jetzt seit zehn Jahren und sind seit sechs, sieben Jahren etwas enger befreundet, daraus hat sich das einfach ergeben. Grundsätzlich sucht man ja für so etwas eine Vertrauensperson, und das ist der Hans einfach."

Frage: "Wo ordnest du Toyota jetzt, vier Rennen vor Schluss der Saison, ein?"
Schumacher: "Wir sind in den Top 3. Wir sind auf jeden Fall hinter Ferrari und Renault, wobei teilweise auch schneller als Renault. Das sieht man auch am Rennspeed ganz deutlich. Das ist schon gegeben und ich hoffe, dass wir das auch noch zeigen können."

Frage: "Seid ihr das Team, das im Lauf der Saison den größten Sprung nach vorn gemacht hat?"
Schumacher: "Wenn man den Anfang sieht, ja."

Frage: "Was ist mit McLaren-Mercedes?"
Schumacher: "Bei McLaren ist das nicht so leicht einzuschätzen. Die sind zeitweise gut, zeitweise mal nicht so gut - abhängig von der Rennstrecke. Da war irgendwo so ein Einbruch, Mitte der Saison. Im Moment ist Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) zeitweise dabei, aber leider dann auch wieder mal nicht so. Im Moment ist ja klar, dass der Ferrari das bessere Paket ist. Das ist auch eindeutig mit den Bridgestone-Reifen zusammen im Moment. Das wäre ja auch in der Türkei sicherlich ein guter Sieg geworden, wenn das Qualifying und alles gepasst hätte. Aber Massa war da eben besser."