• 24.08.2006 20:34

  • von Inga Stracke

Ralf Schumacher: "Die Tendenz stimmt"

Ralf Schumacher lässt das Rennen in Ungarn Revue passieren, spricht über die Fortschritte bei Toyota und geht mit Doping im Sport hart ins Gericht

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ralf, wie siehst du im Nachhinein das Rennen in Budapest?"
Ralf Schumacher: "Es war nass, rutschig und das Safety-Car kam wie immer zum falschen Zeitpunkt. Ansonsten war es okay. Es waren immerhin drei Punkte, glaube ich. Es hätte schlechter sein können. Im Regen waren wir das schnellste Bridgestone-Auto. Michelin war definitiv stärker, aber einen Teil des Grundes kennen wir. Das Hauptproblem war aber, dass ich vor meinem Boxenstopp hinter Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) war. Da ging viel Zeit verloren - und dann verlor ich eine Runde, weil ich genau hinter dem Safety-Car wieder auf die Strecke kam. Sonst hätte ich am Podium stehen können, aber so ist es nun mal."

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumacher glaubt, dass Toyota inzwischen podiumsfähig ist

Frage: "War dein Auto für ein Trockenrennen abgestimmt?"
Schumacher: "Das war ja jedes, denke ich. Dann macht es keinen Unterschied mehr. Man muss ja am Samstag das Auto abstimmen - und wenn man da so ne Wettervorhersage hat, ist das ein bisschen fragwürdig. Eigentlich sind wir von einem trockenen oder halbnassen Start ausgegangen. Es war zu nass für den Grip, den wir zur Verfügung hatten, aber so, wie das Rennen verlaufen ist, haben wir das zum Teil zurückgeholt. Es waren sehr schwierige Bedingungen."#w1#

Ralf Schumacher versteht Verhalten seines Bruders

Frage: "Michael Schumacher ging aufs Ganze und wurde bestraft. Hättest du an seiner Stelle lieber die fünf sicheren Punkte mitgenommen?"
Schumacher: "Das kann ich nicht sagen. Das sind Entscheidungen, die muss man innerhalb einer Sekunde treffen, und das man das manchmal im Nachhinein bereut, kann schon mal vorkommen. Es war ein sehr schwieriges Rennen für uns alle. In der Regel wird er dafür belohnt, dass er alles gibt. Es kann nicht immer aufgehen."

"Eigentlich ist Nick in Michael reingefahren, weil beide zu spät gebremst haben, aber das ist ja nichts Neues bei Nick." Ralf Schumacher

Frage: "Du warst ja bei der Kollision zwischen Michael Schumacher und Nick Heidfeld direkt dahinter. Wer war deiner Meinung nach der Schuldige?"
Schumacher: "Das ist eine gute Frage. Eigentlich ist Nick in Michael reingefahren, weil beide zu spät gebremst haben, aber das ist ja nichts Neues bei Nick. Nick fährt immer in eine Kurve und würde die alleine nicht schaffen. Zu zweit hätten sie nicht durch die Kurve gepasst, das ist mal klar. Nick war spitz und ist in Michael reingerutscht - und keiner hat nachgegeben."

Frage: "Du hast in dem Moment unter dem Visier sicher gegrinst, oder?"
Schumacher: "Warum soll ich da grinsen? Es war ein Punkt mehr, okay, aber es war ja nur einer weg."

Frage: "Was sagst du zum Verbot der Schwingungstilger? Vorteil Ferrari, Nachteil Renault?"
Schumacher: "Nachdem Renault versucht hat, es durchzusetzen, wird es für Renault eher ein Nachteil sein, nehme ich an. Aber um ehrlich zu sein: None of my Business..."

Frage: "Ist es nicht merkwürdig, dass etwas so lange erlaubt ist und dann plötzlich nicht mehr?"
Schumacher: "Ich glaube, das ist eher untergegangen."

Frage: "Welche Chancen rechnest du dir hier in Istanbul aus?"
Schumacher: "Ich kann mir nicht vorstellen, warum wir langsamer geworden sein sollten. Wir haben ein paar aerodynamische Neuerungen hier, von daher denke ich schon, dass wir wieder um das Podium mitfahren können. Wir haben einen neuen Unterboden und einen neuen Frontflügel - direkt aus dem Windkanal."

Licht am Ende des Tunnels bei Toyota

Frage: "Was fehlt dir noch am Auto, um dich wirklich wohl zu fühlen?"
Schumacher: "Im Moment arbeiten wir an der Aerodynamik, mit der wir nicht ganz zufrieden sind, aber vom Fahrverhalten sind wir sehr zufrieden. Wir hatten in diesem Jahr zu viele Ausfälle mit mechanischen Problemen, aber das haben wir jetzt auch im Griff, denke ich. Die Zeiten zeigen, dass wir in die richtige Richtung gehen, aber wir haben halt gerade ein bisschen Pech. Die Tendenz stimmt. Langsam ist es so, dass wir aus eigener Kraft um die Top 3 mitfahren können."

"Da muss man bekloppt sein, wenn man so ein Zeigt spritzt." Ralf Schumacher

Frage: "Wann war eigentlich dein letzter Dopingtest?"
Schumacher: "In Barcelona, glaube ich. Man hat da so zwei, drei im Jahr. Da wird Urin abgenommen. Doping würde in der Formel 1 aber keinen Sinn machen. Da muss man bekloppt sein, wenn man so ein Zeigt spritzt. Wie viele Leute sind da schon gestorben? Wenn ich so einen Sport machen würde, würde ich aufhören, denn meine Gesundheit und meine Familie sind mir da wichtiger. Das kann es nicht sein."

Frage: "Wie könnte ein Formel-1-Fahrer theoretisch dopen?"
Schumacher: "Grundsätzlich ist es eine Ausdauerbelastung, eine recht hohe Herzfrequenz haben wir also schon. Wenn jemand nicht so fit ist, könnte man diese anaerobe Pulsschwelle vielleicht nach oben setzen und somit die Leistungsfähigkeit steigern. Ich kenne mich da aber nicht aus. Im Radsport wird das aber offensichtlich durch die Ärzte verabreicht. Grundsätzlich: Wenn 23-jährige Sportler im Bett sterben, ist das ja Wahnsinn!"

Frage: "Gilt für dich im Fall Jan Ullrich, in dem die Beweislage erdrückend ist, so lange die Unschuldsvermutung, bis die Schuld zweifelsfrei bewiesen ist? Wie siehst du das?"
Schumacher: "Ich kann mich da nicht einklinken, weil ich keine Ahnung davon habe. Man muss erst das Urteil abwarten, aber es ist schade, dass es möglich ist, einen Sport mit solchen Zusätzen zu betreiben. Ein Sportler ist ein Synonym für Gesundheit und Fitness. Wenn man sich aber für den Sport zugrunde richten muss, halte ich das nicht für sinnvoll."

WM-Kampf spitzt sich immer mehr zu

Frage: "Sprechen wir über den Titelkampf. Was ist anstrengender: Jäger zu sein oder Gejagter?"
Schumacher: "Ich glaube, die Anspannung ist gleichermaßen hoch. Beide haben das große Ziel vor Augen. Für Michael war das letzte Rennen nicht so optimal, Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) hatte auch ein bisschen Pech. Ich glaube, dass beide ein bisschen angespannt sind, auch wenn sie es nicht zugeben wollen, und beide werden alles geben."

"Michael ist zu lange dabei, als dass er wirklich Fehler machen könnte." Ralf Schumacher

Frage: "Glaubst du, dass einer von beiden schneller nervös werden könnte?"
Schumacher: "Ich weiß es nicht. Ich denke, Michael ist zu lange dabei, als dass er wirklich Fehler machen könnte. Fernando hat mich schon im letzten Jahr mit seiner Kontinuität überrascht, die er sich bewahrt zu haben scheint. Von daher glaube ich nicht, dass da etwas Großartiges passieren wird."

Frage: "Was sagst du zum neuen Deutschen in der Formel 1, Sebastian Vettel?"
Schumacher: "Schön für ihn! Er ist sicherlich noch sehr jung und man sollte ihn nicht überrumpeln, aber er wird sicher einen guten Job machen."

Frage: "Er läuft mit großen Augen durch das Fahrerlager. Kannst du das verstehen?"
Schumacher: "Klar, das ist ja auch alles sehr unerwartet, wenn so etwas durch einen Zufall kommt. Er fährt ja sonst Formel 3."

Frage: "Kennst du ihn von früher?"
Schumacher: "Es wäre übertrieben, das zu sagen. Er ist nur dort viel Kart gefahren, wo mein Bruder und ich früher auch viel gefahren sind. Daher kenne ich den Namen, aber ich kenne ihn nicht besser."

Frage: "Warum sind so viele Deutsche in der Formel 1 und warum stehen so viele Deutsche unmittelbar davor? Hat das einen Grund?"
Schumacher: "Es hat Jahre gegeben, da waren es Italiener, Brasilianer. Jetzt sind es Deutsche. Das liegt auch daran, dass deutsche Hersteller aus Öffentlichkeitsgründen viel Nachwuchsarbeit betrieben haben, weil es ja medial Sinn macht, einen deutschen Fahrer zu haben. Das ist jetzt eben so und wird hoffentlich noch weiter anhalten."

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