Räikkönen: "Der Motor war nie das Problem"

2004 sei "keine gute Saison" gewesen, findet Kimi Räikkönen - Konstanz der Schlüssel für insgesamt besseres Abschneiden

(Motorsport-Total.com) - Mit 45 WM-Punkten landete Kimi Räikkönen in der vergangenen Saison auf dem siebenten Platz der Fahrerweltmeisterschaft, sein McLaren-Mercedes-Team musste sich mit Position fünf zufrieden geben. Hauptproblem der "Silberpfeile" war aber offenbar nicht der Motor, wie lange angenommen wurde, sondern der Faktor Konstanz.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug und Kimi Räikkönen

Norbert Haug am Wochenende in Stuttgart mit Kimi Räikkönen

Schon früh wusste Räikkönen, dass er sich auf ein schwieriges Jahr einstellen muss: "Beim Testen vor Saisonbeginn hatten wir Probleme mit dem Triebwerk, und das Auto fühlte sich auch nicht gut an. Nach den ersten beiden Rennen weiß man in der Regel, ob es ein gutes Jahr wird oder nicht", erzählte er unseren Kollegen von 'Motorsport aktuell'. Und der Auftakt sprach Bände: Motorschaden in Australien, Getriebeschaden in Malaysia.#w1#

In der ersten Saisonhälfte war Mercedes die große Lachnummer

Gerade in der ersten Saisonhälfte platzte ein Mercedes-Triebwerk nach dem anderen, was intern mit der Kündigung von Entwicklungschef Dr. Werner Laurenz, der von BMW gekommen war, quittiert wurde. Dabei waren die V10-Aggregate an sich laut Räikkönen nicht unbedingt das Problem: "Die Schäden traten im Umfeld des Motors auf. Die Defekte in der Peripherie haben dann zwangsläufig dem Triebwerk selbst den Garaus gemacht. Das ist von außen und auf den ersten Augenblick natürlich nicht zu erkennen."

"Sobald der 19B da war", fuhr der 25-Jährige fort, "konnte sich auch das Triebwerk besser in Szene setzen." Ab dem zehnten Saisonrennen ging es daher steil bergauf: "Die Formel-1-Saison hatte für uns zwei Hälften mit je neun Rennen. Rennen eins bis neun brachten Resultate, die weit unter unseren Zielsetzungen lagen. Wir waren zu langsam und technisch nicht zuverlässig genug. Die letzten neun Rennen brachten bessere Ergebnisse", fasste Mercedes-Sportchef Norbert Haug gegenüber 'Sport1' zusammen.

MP4-19 fehlte es an Grip, speziell im Heckbereich

Neben dem Motor gab es aber eine weitere wesentliche Schwachstelle am MP4-19. Räikkönen brachte es auf den Punkt: "Das Heck. Wenn das Heck eines Rennwagens nicht genug Grip liefert, kann man auch nicht auf Angriff fahren. Das hat nichts mit Vertrauen ins Auto zu tun. Es ist einfach fahrerisch unmöglich. Wenn man es trotzdem versucht, überfährt man leicht seine Reifen und ruiniert sich auf diese Weise die Pneus. Das macht alles nur noch schlimmer."

"Passagen, in denen man hart bremsen muss, schmeckten dem Wagen weniger. Aufgrund dieser Eigenschaft hatten wir von Anfang an auf all jenen Rennstrecken Probleme, auf denen es viele solcher Bremszonen gibt", fuhr der Finne fort. So erklären sich auch die teilweise eklatanten Performance-Schwankungen der "Silberpfeile": Auf schnellen und flüssigen Kursen war das Auto konkurrenzfähig, Stop-and-Go-Merkmale lagen dem MP4-19 aber nicht.

"Auf manchen Strecken", seufzte der "Iceman", "schaffen wir es einfach nicht, das Beste aus dem Fahrzeug herauszuholen. Wir müssen unbedingt konstanter darin werden, um die Möglichkeiten des Wagens voll auszunutzen. Dann fallen auch die angesprochenen Schwankungen weg. Aber das ist leichter gesagt als getan. Wenn wir wüssten, wie wir eine gleichbleibend hohe Konkurrenzfähigkeit erreichen könnten, nun, dann hätten wir es vermutlich bereits getan."

Probleme trafen Räikkönen nicht ganz unerwartet

2004 war für Räikkönen "keine gute Saison", denn "wir hatten mehr als nur einen Sieg erwartet. Andererseits wusste ich vor Saisonbeginn, dass wir Schwierigkeiten haben würden. Deswegen bin ich nicht abrupt enttäuscht worden." Der Triumph in Spa war umso mehr Balsam auf offene Wunden: "Der Sieg dort war nicht nur für mich wichtig, sondern auch für die Motivation des gesamten Teams. Der Erfolg in Belgien hat der Belegschaft gezeigt, dass sich die harte Arbeit, den 19B zu entwickeln und in einem Kraftakt mitten im Jahr einzusetzen, gelohnt hat."

Gegen Jahresende hin gehörte die Kombination Räikkönen/McLaren-Mercedes dann sogar zu den stärksten der Formel 1, wie Norbert Haug unterstrich: "Immerhin sah Kimi dreimal bei den letzten fünf Grands Prix jeweils vor dem 13-fachen Saisonsieger Michael Schumacher die Zielflagge. Trotzdem: Wir wollten um beide WM-Titel fahren, Platz fünf genügt nicht unseren Ansprüchen und nicht jenen, die die Öffentlichkeit an uns stellt. Das muss sich ändern. Wir wollen alsbald regelmäßig vorne fahren."