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"Radikale Ansätze": Pirelli möchte nach 2013 bleiben

Die Formel 1 kostet Pirelli mehr Geld, als so manches Team investiert, trotzdem bereitet sich Paul Hemberys Mannschaft auf einen Weiterverbleib nach 2013 vor

(Motorsport-Total.com) - Der Reifen-Liefervertrag zwischen der Formel 1 und Pirelli läuft Ende 2013 aus. Wenn sich die Königsklasse des Motorsports 2014 reglementbedingt mit einem völlig neuen Gesicht präsentiert, könnte also schon ein neuer Reifenhersteller an Bord sein. Aber vieles deutet auf eine Fortführung der derzeitigen Kooperation hin: "Wir würden gerne weitermachen, aber das ist nicht unsere Entscheidung", erklärt Pirelli-Sportchef Paul Hembery.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery und Marco Tronchetti Provera

Pirelli-Sportdirektor Paul Hembery mit Konzernchef Marco Tronchetti Provera Zoom

Sondern vor allem die von Bernie Ecclestone. "Er möchte, dass wir bleiben. Er drückt sich sehr schmeichelhaft über unsere Arbeit aus", ist Hembery selbstsicher. Ecclestone bestätigt dies gegenüber 'O Estado de S. Paulo': "Die Reifen sind eine wichtige Variable. Sie leisten gute Arbeit, oder finden Sie nicht, dass die Rennen aufregend sind?" So gesehen scheint eine Vertragsverlängerung nur Formsachen zu sein.

Eine Entscheidung wird es laut Hembery aber erst im nächsten Juni geben - noch ein Indiz, dass Pirelli bleiben wird, denn ein halbes Jahr Vorlauf ist für einen etwaigen neuen Reifenhersteller wohl zu wenig Zeit, um sich ordentlich vorbereiten zu können. Bei Pirelli in Mailand hingegen scheint man schon einige Ideen zu haben, wie man einen Beitrag zur "Reform-Formel-1" leisten könnte: "Für 2014 planen wir einige ziemlich radikale Ansätze", verrät Hembery, ohne konkret zu werden.

"Reifenkrieg" nicht mehr ausgeschlossen

Bisher vertrat das italienische Unternehmen den Standpunkt, die Formel 1 nur als Monopolist beliefern zu wollen. Zuletzt gab es aber Kräfte, die versuchten, Michelin für eine Rückkehr in Stellung zu bringen. Zumindest nach außen hin steht Pirelli der Möglichkeit eines Wettbewerbs mit einem anderen Hersteller nun doch aufgeschlossen gegenüber: "Warum nicht? Das könnte gut für die Formel 1 sein", wird Hembery von 'O Estado de S. Paulo' zitiert.

Letztendlich basiert die Entscheidung auf einer nüchternen Kosten/Nutzen-Rechnung, über die der Vorstand in Mailand entscheiden muss. Die Kosten für Pirelli sind vielfältig: Zu den Ausgaben für Entwicklung, Produktion und Logistik kommen auch noch Werbekosten hinzu, denn Teil des Deals mit der Formel 1 sieht vor, dass Pirelli bei Grands Prix auf der ganzen Welt Werbeflächen kauft. Dieses Geld fließt dann in den Einnahmentopf, den sich Rechteinhaber und Teams aufteilen.

Pirelli unterstreicht hohe Kosten

Hembery versucht, die kommerziellen Aspekte des Engagements zu erklären: "Es geht nicht nur um die Werbekosten, sondern wir haben Fabriken, hunderte Mitarbeiter, hohe Fixkosten. Das muss man einrechnen, wenn man den Return on Investment berechnet. Es geht um die Kosten für das Gesamtpaket - und da wird es zu einem ziemlich großen Projekt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass unser Budget höher ist als das vieler Formel-1-Teams."

Allein der Transport der Formel-1-Reifen zu 20 Rennstrecken kostet pro Jahr rund fünf Millionen Euro. Also muss sich ein Unternehmen wie Pirelli die Frage stellen, ob man das Budget, das das Engagement in der Königsklasse verschlingt, nicht effektiver nutzen könnte, indem man TV-Spots und Printanzeigen in den Medien bucht. Die Rechnung funktioniere in der Formel 1, glaubt Hembery, aber: "Es gibt Grenzen, wie weit man gehen kann."

Soft- und Supersoft-Reifen von Pirelli

Die Pirelli-Reifen tragen wesentlich zum Spektakel in der Formel 1 bei Zoom

Ein Signal an Ecclestone und die Formel 1, dass Pirelli nicht um jeden Preis bleiben will, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen sollten. Hembery lässt keinen Zweifel daran, dass letztendlich kommerzielle Überlegungen den Ausschlag geben werden: "Wenn man uns um zu viel Geld bittet, geben wir unser Geld halt woanders aus. Wir kennen unsere Grenzen. Wenn die Kosten zu hoch werden, sehen wir uns nach anderen Möglichkeiten um."

Formel-1-Kommission kein K.-o.-Kriterium

Denkbar auch, dass Pirelli wegen der geplanten Verkleinerung von 26 auf 18 Sitze aus der Formel-1-Kommission fliegen könnte. Das wäre allerdings kein K.-o.-Kriterium für die Entscheidung: "Darum haben wir ja nie gebeten", so Hembery. "Wir wurden eingeladen, weil traditionell ein Reifenhersteller in der Kommission ist. Wir schätzen das und haben glaube ich eine gewichtige Stimme, weil wir nicht nur die kommerzielle Seite vertreten, sondern auch die technische."

Hembery unterstreicht, dass Pirelli weiterhin ein wichtiges Mitglied sein könnte: "Wir arbeiten mit allen Teams zusammen und mit der FIA. Das macht unsere Position einzigartig. Wir sind nicht einfach nur ein Sponsor, sondern auch ein technischer Partner. Technische Fairness im Sport ist uns ein Anliegen. Ich glaube, dass wir uns in manchen Sitzungen sehr gut eingebracht haben. Wenn man uns nicht mehr braucht, ist das etwas anderes, aber wir sind gerne dabei."


Fotos: Großer Preis von Japan, Sonntag