"Neue" Formel 1: Warum Simulationen nicht alles sind

Simulationen spielen in der Formel 1 eine entscheidende Rolle, doch was die dort gewonnenen Erkenntnisse wert sind, zeigt sich erst auf der Strecke

(Motorsport-Total.com) - Simulatoren sind aus der modernen Formel 1 nicht mehr wegzudenken. Die virtuellen Fahrten vor der Leinwand werden seit einigen Jahren ähnlich intensiv durchgeführt wie vorher die Tests auf der Rennstrecke. Nicht nur zum Fahrtraining, sondern auch zur Abstimmung und Weiterentwicklung der Autos sitzen die Fahrer regelmäßig im Simulator. Im Vorfeld der Saison 2014 war diese Zeit noch wichtiger, denn Fahrer und Teams mussten sich wegen des neuen Technischen Reglements an Autos gewöhnen, die es in dieser Form in der Wirklichkeit noch nie gab.

Titel-Bild zur News: Red-Bull-Simulator

Simulatoren (wie hier bei Red Bull) sind aus der Formel 1 nicht mehr wegzudenken Zoom

Daher begann die Simulator-Arbeit mit dem 2014er-Auto bei Toro Rosso schon vor einigen Monaten, wie Teamchef Franz Tost bestätigt. "Wir haben im Herbst damit angefangen. Sie waren auch jetzt schon einige Male im Simulator, waren mehrere Male in Faenza, um mit den Technikern die ganzen Themen zu studieren und diskutieren."

Und auch während der Winterpause war der Simulator in Aktion. "Ich haben während des Winters einige Tage im Simulator verbracht und auch schon vor der Winterpause. Ich hoffe, wir waren ausreichend Tage im Simulator, um dieses Auto zu verstehen", sagt Jean-Eric Vergne. Dabei konnte der Franzose schon einen ersten Eindruck von den Veränderungen bekommen, die ihn in diesem Jahr erwarten.

Wir wirklich ist die Simulation?

STR9

Das wahre Gesicht des STR9 wird sich erst ab morgen in Jerez zeigen Zoom

"Auf jeden Fall das Drehmoment", sagt Vergne. Doch auf die Eindrücke aus dem Simulator alleine möchte er sich nicht verlassen. "Wir müssen noch ein wenig fahren, um die Eindrücke aus dem Simulator zu bestätigen, denn das Drehmoment ist im Simulator recht schwierig zu kontrollieren. Wir müssen abwarten, wie es morgen in Wirklichkeit ist." Auch der geringere Abtrieb sei nicht hundertprozentig zu simulieren.

Das sieht auch Teamchef Tost so: "Ich hoffe, wir können ihnen genug Zeit geben, denn die richtige Anpassung erfolgt erst, wenn sie draußen auf der Strecke sind. Die richtige Erkenntnis gewinnst du erst im Auto, und da müssen wir jetzt schauen, wie das wird", so der Österreicher. Auch James Key, technischer Direktor von Toro Rosso weiß, dass Simulationen nicht alles sind. "Manchmal ist das aber auch Sache der Fahrer. Aber es gibt immer Kleinigkeiten. Sie kommen dann und sagen: 'Ich spüre das und das.' Es ist auch subjektiv, wie sich Reifen in der Realität wirklich verhalten und wie sich Reifenabbau verhält, da ändert man schon mal seine Meinung", meint Key.

"Was wir gemacht haben, war nützlich, weil es uns einen Eindruck vermittelt von dem, was vor uns liegt. Was uns taugt, taugt auch den Fahrern. Ihre Situation ist knifflig, da sie sich anpassen müssen", so Key. Teamchef Tost glaubt hingegen, dass vor allem die Techniker mit der Umstellung auf das Benzinlimit von 100 Kilogramm (rund 135 Liter) im Rennen und das Management des größeren Energierückgewinnungssystem (ERS) mit seinen nun zwei Maschinen zu kämpfen haben werden.

Strategie wird noch wichtiger

"Ich glaube, die Fahrer werden sich sofort an das alles gewöhnen, denn für sie gibt es nicht so viele Änderungen. Vor allem für die Techniker wird es ein wesentlich größerer Aufwand, weil sie während des Rennens immer wieder kalkulieren und umdenken müssen, und auch schauen, dass sie die drei Komponenten optimal und effizient koordinieren - also den V6 mit dem Benzinverbrauch, dann das Kinetik-ERS und das Hitze-ERS", sagt Tost.

Bevor die Teams diesen neuen Bereich erforschen können, müssen die neuen Antriebseinheiten aber zunächst einmal standfest sein. "Da ist einmal wichtig, dass das Gerät funktioniert, dass wir fahren können, dass wir die Haltbarkeit haben, um die verschiedensten Strategien auszutesten, die es da gibt", so Tost. "Es geht nicht um Leistung", bestätigt auch Key. "Diese Art Fahrbetrieb ist darauf ausgerichtet, zu erkennen, was richtig war von dem, was man unternommen hat. Jeder wird ganz sachte beginnen und Veränderungen vornehmen. Bei der Kühlung, bei der Aerodynamik..."


Präsentation des Toro Rosso STR9

Anschließend will Toro Rosso aber schnell daran gehen, die zahlreichen strategischen Varianten durchzuspielen, die das neue Reglement erlaubt: "Die Rennen werden ziemlich kompliziert und gerade für den Außenstehenden nicht so einfach durchschaubar sein", erwartet Tost. "Es kann sein, dass man am Beginn des Rennens etwas zurückhaltend fährt, um Treibstoff zu sparen, die letzten zehn Runden einen neuen Satz Reifen zu holen und dann richtig zu forcieren. Das müssen wir alles erst austesten."

"Wir haben verschiedenste Simulationen durchgeführt und sehr interessante Ergebnisse bekommen, aber was letztendlich dabei rauskommt, müssen wir auf der Strecke austesten", so Tost, der diese hinter diese Aufgabe idealerweise nach dem zweiten Test vom 19. bis 22. Februar in Bahrain einen Haken machen möchte. "Wenn du zum Fahren kommst, dass es keine Zuverlässigkeitsprobleme gibt, sollte es nach dem Test hier und dem ersten in Bahrain ziemlich aussortiert sein. Beim zweiten Bahrain-Test möchten wir uns schon nur auf die Performance konzentrieren", so Tost. "Aber das ist nur eine Vermutung meinerseits."