• 12.07.2007 16:16

Preston: "Das verbleibende Ziel ist das schwierigste"

Super-Aguri-Technikchef Mark Preston im Interview über die Fortschritte des Teams und warum es erst zwei von drei Saisonzielen erreicht hat

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mark, habt ihr die am Saisonbeginn ausgegebenen Ziele schon erreicht?"
Mark Preston: "Fast alle. Vor der Saison hatte ich drei Ziele für das Team: erstens zum ersten Mal ins Q2 aufzusteigen, zweitens den ersten Punkt zu holen und drittens in den Top 10 der Konstrukteurs-WM zu landen. Was bisher passiert ist, übersteigt alles, worauf wir vor anderthalb Jahren hätten hoffen dürfen, bei weitem."

Titel-Bild zur News: Mark Preston

Mark Preston ist Technischer Direktor des japanischen Super-Aguri-Teams

"In Melbourne schafften wir es nicht nur ins Q2, sondern ein Auto kam sogar ins Finale des Qualifyings! Unseren ersten Punkt erreichten wir mit Takuma (Sato; Anm. d. Red.) in Barcelona. Das war ein denkwürdiger Moment, denn damit war das Team quasi offiziell in der Formel 1 angekommen. Ein Punkt hat große Bedeutung, so dass wir nun in den Statistikbüchern aufscheinen."#w1#

Formel 1 so umkämpft wie noch nie

Frage: "Dann ist da noch ein drittes Ziel. Wie stehen die Chancen darauf?"
Preston: "Die vier Punkte, die wir haben, könnten sich da natürlich als hilfreich erweisen. Aber Frankreich hat bewiesen, wie unglaublich umkämpft die Formel 1 inzwischen ist: Vor ein paar Jahren gab es noch die 107-Prozent-Regel, aber in Frankreich lagen fast alle innerhalb von 102 Prozent! Es ist um einiges heißer geworden."

"Ein einfaches Ziel, das wir hinzufügen könnten, wäre die Verteidigung unseres derzeitigen WM-Platzes." Mark Preston

Frage: "Habt ihr nun neue Ziele?"
Preston: "Mit zwei Zielen, die wir schon erreicht haben, ist das noch verbleibende Ziel das schwierigste. Wir müssen unsere derzeitige Konkurrenzfähigkeit beibehalten und das Auto noch schneller machen. Ein einfaches Ziel, das wir hinzufügen könnten, wäre die Verteidigung unseres derzeitigen WM-Platzes. Das wird eine Herausforderung!"

Frage: "Ist es möglich?"
Preston: "Es ist uns klar, dass man unter normalen Umständen keine Chance auf Punkte hat, wenn man nicht im Q2-Bereich der Startaufstellung steht, irgendwo zwischen den Plätzen elf und 14, um genau zu sein. Von diesen Startpositionen haben aber einige Teams bewiesen, dass man Punkte holen kann. Die Topteams machen uns das aber schwer, weil sie so zuverlässig sind. Insofern müssen wir mit Anthony (Davidson; Anm. d. Red.) noch an mehr Konstanz im Qualifying arbeiten. Er hat den Speed für Q2, aber Fehler des Teams und auch von ihm haben das mehrere Male verhindert. Das ist aber wichtig."

Frage: "Warum konnte sich das Super-Aguri-Team so schnell entwickeln?"
Preston: "Die ersten Ingenieure und Manager, die sich zusammengetan haben, waren sehr erfahren. Kombiniert man das mit einem hoch motivierten Team, das lernfähig ist und sich weiterentwickeln will, dann geht alles ganz einfach. Die Erfahrung unseres Teams ist sehr wichtig, genau wie die Spezialisierung der Teammitglieder. Wir haben einige Spezialisten für unser Rennteam hinzugewonnen, um unser Paket an den Rennwochenenden weiter zu optimieren."

Das Hebelprinzip als goldene Antwort?

Frage: "Warum tritt so ein kleines Team in der Königsklasse des Motorsports an?"
Preston: "Die Ressourcen sind ein wichtiger Faktor. Weil wir klein sind, fragen uns die Leute oft: Wie wollt ihr an mehr Ressourcen rankommen? Das Hebelprinzip ist die Antwort. Wir arbeiten hart an unseren technischen Partnerschaften, so dass sie uns mehr bringen als bloß die vereinbarten Komponenten."

"Wenn wir ein Problem mit einem Material haben, können wir zahlreiche Ingenieure von Honda um Rat fragen." Mark Preston

"Unsere enge Partnerschaft mit Honda in Japan erlaubt es uns zum Beispiel, auf einen enormen Erfahrungs- und Wissensschatz zurückzugreifen. Wenn wir ein Problem mit einem Material haben, können wir zahlreiche Ingenieure von Honda um Rat fragen, wodurch wir unsere eigenen Ressourcen unterm Strich vervielfachen. Das zieht sich in mehreren Bereichen wie ein roter Faden durch. Ein weiteres Beispiel ist, dass wir das Honda-Getriebe verwenden, wodurch wir Personal und Testressourcen sparen."

"Dadurch, dass wir kleiner sind, sind wir auch flexibler. Unsere Arbeitspraktiken und -strukturen entwickeln wir noch weiter. Ein Beispiel ist die Kommunikation an der Rennstrecke: Wir fanden es schwierig, über Funk zwischen Fahrer und Renningenieur zu kommunizieren, also saßen in Barcelona alle Ingenieure im Büro im Truck und nicht an der Boxenmauer. Dadurch wurde die Kommunikation so sehr verbessert, dass wir unseren ersten WM-Punkt holen konnten."

Frage: "Du hast Anthony Davidson vorhin schon mal erwähnt. Wie entwickelt er sich?"
Preston: "Es war ein großer Schritt vom Test- zum Rennfahrer. Das haben wir im Vorjahr bei Franck Montagny gesehen, als er für uns fuhr. Anthony lebt sich auch noch im Team ein, was ein bisschen dauert, denn die meisten von uns kennen sich schon seit einem Jahr. Es gibt ein paar Sonderprojekte, in die er involviert ist, zum Beispiel unser Simulatorprojekt."

Simulatoren werden immer wichtiger

Frage: "Kannst du uns darüber mehr erzählen?"
Preston: "Es ist im Moment nur ein Pilotprojekt, aber Anthony arbeitet gut mit den Ingenieuren zusammen, um zu verstehen, welche Bereiche eines Simulators nützlich sind, und um die Vor- und Nachteile eines solchen Systems abzuwägen."

Anthony Davidson

Anthony Davidson muss im Qualifying noch ein wenig konstanter werden Zoom

Frage: "Wie wichtig wird ein Simulator in Zukunft sein?"
Preston: "Mit den Testlimitierungen wird ein Simulator immer wichtiger. Es ist aber wie gesagt im Moment nur ein Pilotprogramm. Anthony experimentiert mit den Dingen, die nützlich sein könnten, und er gibt uns Feedback, ob diese Dinge genau genug sind, um in Zukunft sinnvolle Daten zu liefern. Fuji könnte in diesem Jahr eine gute Strecke sein, um einen Simulator zu probieren, denn dort sind noch nicht viele Fahrer gefahren."

Frage: "Welche anderen Entwicklungen habt ihr in der Pipeline?"
Preston: "Wie wir im Vorjahr gezeigt haben, wollen wir die Entwicklungsrate der anderen Teams mitgehen, indem wir zahlreiche aerodynamische Modifikationen einführen. Nach dem Upgrade des neuen Honda-Getriebes konnten wir einen neuen Unterboden einführen, der die Vorteile des Pakets optimal ausschöpft. Für Monza bekommen wir die üblichen Flügelpakete und ein Abtriebsupgrade für Ungarn."

Frage: "Habt ihr auch für den Nürburgring, das bevorstehende Rennen, etwas in petto?"
Preston: "Wie gesagt werden wir uns darauf konzentrieren, ins Q2 vorzudringen, um eine Chance zu haben, weitere Punkte zu sammeln oder zumindest mit unseren direkten Gegnern mitzuhalten, um unsere Position in der Weltmeisterschaft zu verteidigen."