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Ohne Austin 2015 kein WM-Titel: Nico Rosbergs Leidensweg

Vom Teamkollegen in Austin 2015 noch geschlagen, schöpfte Nico Rosberg neue Kraft aus dieser Niederlage - Nur dank dieser Kraft holte er sich 2016 den Titel

(Motorsport-Total.com) - Nico Rosberg wagte am Gipfel der Karriereleiter angekommen seinen Rücktritt. Der Deutsche erfüllte sich 34 Jahre nach dem Weltmeistertitel seines Vaters Keke seinen eigenen Kindheitstraum - und konnte dieses Ziel, das so unnahbar schien, nur dank seiner größten Niederlage erreichen. Gegner Lewis Hamilton lehrte ihn in Austin 2015, was es bedeutet, zu verlieren. 2016 konnte Rosberg genau deshalb triumphieren.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nico Rosberg schöpfte neue Kraft aus seiner Niederlage in Austin 2015 Zoom

"Ohne diese Niederlage säße ich heute nicht als Weltmeister hier, da bin ich mir ganz sicher", schildert er. Bevor Hamilton seinen dritten Titel beim Grand Prix der USA 2015 fixierte, fehlten Rosberg bereits 73 Punkte in der Tabelle. Der Brite hatte bereits neun Siege auf seinem Konto, Rosberg nur drei. Sogar Sebastian Vettel im Ferrari war besser platziert als der heute 31-Jährige. Er beschreibt diese Phase in der zweiten Saison der Mercedes-Dominanz als "brutal". Der Druck und die Frustration äußerten sich nach der Niederlage auch beim "Cap-gate"-Vorfall.

Allerdings hatte diese schwierige Phase in Rosbergs Karriere einen positiven Effekt auf seine Einstellung: "Zum einen hat mich diese heftige Niederlage in Motivationsgegenden gebracht, die ich selbst bei mir niemals für möglich gehalten hätte, von denen ich nicht wusste, dass ich überhaupt dazu in der Lage bin." Schließlich wollte er solch ein traumatisches Erlebnis nicht noch einmal durchleben. Rosberg musste gleich zwei Nadelstiche verdauen: Das harte Manöver von Hamilton nach dem Start und seinen eigenen Fahrfehler, der ihm den Austin-Sieg kostete. Er schöpfte neue Kraft aus seinem Leiden.

Rosberg: Abu Dhabi 2016 war mein bestes Rennen

Nach dem Rennen in Austin zog sich der Wiesbadener zurück und ging auf Spurensuche. Er wollte nicht nur seine Fähigkeiten im Auto verbessern, sondern vor allem sich selbst als Mensch. Dafür bediente er sich eines speziellen mentalen Trainings: "Es ging vor allem um Meditation. Nein, Meditation ist ein zu großes Wort, da denkt mancher vielleicht an Hokuspokus, aber es ist etwas sehr Fassbares, es geht um Konzentrations- und Achtsamkeitstraining."

Dabei stand für Rosberg vor allem im Vordergrund, sich auf seine Gefühle und Gedanken zu besinnen und diese zu ergründen, um sich besser fokussieren zu können. Die Methode hat gewirkt, schließlich gewann Rosberg nach Austin sieben Rennen in Folge (2015/2016) und brach so den Lauf seines Teamkollegen.

Einen Weltmeistertitel gewinnt man eben auch im Kopf. Um sich mental vollkommen auf seine Mission konzentrieren zu können, bekam er Schützenhilfe von seiner Umgebung: "Mein Team hat mich abgeschirmt, das hat mir sehr geholfen. Diese Endphase im WM-Kampf war ja an Intensität nicht mehr zu übertreffen. Unfassbar. So greifbar nahe am Kindheitstraum zu sein und dann wieder gegen Lewis anzutreten..." Schließlich hatte er schon 2014 den Titel im letzten Rennen verloren - allerdings ging er damals bereits mit 17 Punkten Rückstand in den Grand Prix von Abu Dhabi. 2016 hatte er einen Polster von zwölf Zählern.


Fotostrecke: Die Formel-1-Karriere des Nico Rosberg

Im Nachhinein gibt Rosberg auch zu, welche mentalen Qualen er durchlitten hat. Der Gedanke an den neuerlichen Verlust des Titels verfolgte ihn bis in seine Träume. "Diese Gedanken waren sehr intensiv. Und immer da." Auch in der Nacht: "Da wachte ich auf, und sofort waren sie da. Wirklich schwierig. Aber dank der Hilfe, die ich erfahren habe, konnte ich den Fokus behalten und bin im Jetzt geblieben - genau mit diesem Achtsamkeitstraining." Dabei hatte er gelernt, sich nicht in seinen Gedanken zu verlieren. Deshalb war sein allerletztes Formel-1-Rennen auch sein bestes: "Das hatte mit Sicherheit einen Riesenanteil, dass ich beim letzten Rennen mein bestes Rennen gefahren bin."