Noida-Kurs lässt Rennfahrer-Herzen höher schlagen

Nach dem ersten Trainingstag steht fest: Die Piloten haben den Buddh-International-Circuit ins Herz geschlossen - Die Gründe für die Euphorie im Fahrerlager

(Motorsport-Total.com) - Mit vielen Dingen hatte man vor der Premiere auf dem Buddh-International-Circuit gerechnet: Pannen am laufenden Band, eine nicht fertige Strecke, ein Kurs ohne Ausstrahlung, der sich von den bisherigen Strecken aus der Feder von Hermann Tilke nicht besonders abhebt. Schließlich waren es nur bedingt sportliche Interessen, die die Königsklasse des Motorsports in den 1,2-Milliarden-Einwohner-Staat gelockt hatten, sondern wirtschaftliche Gründe.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Der Buddh-International-Circuit erweist sich als aufregende Berg-und-Tal-Bahn

Als der Formel-1-Tross dann in Noida eintraf, wurde dieses Bild teilweise bestätigt: Bei der Pressekonferenz fiel das Licht aus, eine Treppe des Boxengebäudes führte ins Nichts, wodurch ihr bereits der wenig schmeichelhafte Name "Stairway to Heaven" verpasst wurde. In der Williams-Box hauste angeblich sogar eine Großfamilie, ehe das Team eintraf.

Routinier Schumacher begeistert

Der erste Trainingstag brachte dann den großen Stimmungswandel: Vor allem das Layout des Kurses hat es den Piloten angetan - ein großes Kompliment für den Aachener Architekten Tilke. Es ist zwar nicht zu verbergen, dass der Kurs erst in letzter Sekunde fertig wurde, doch er vermittelt den Rennfahrern einen besonderen Geschwindigkeits-Rausch. Und auch die TV-Bilder vermittelten diesen Eindruck.


Fotos: Großer Preis von Indien, Freitag


Bei den Interviews am Nachmittag leuchteten die Augen vieler Piloten. "Die Strecke ist einfach überwältigend und es macht wirklich viel Spaß, hier zu fahren", gibt sich Marussia-Virgin-Pilot Timo Glock euphorisch. "Dies ist eine sehr interessante Strecke mit einem herausfordernden Layout", meint Routinier Michael Schumacher, der in Indien sein 285. Rennen absolviert und in seiner Karriere schon viele Kurse befahren hat. "Es ist sicherlich ein Genuss, hier zu fahren."

"Die Strecke ist einfach überwältigend." Timo Glock

Spektakuläre Berg-und-Tal-Bahn

Sein Teamkollege Nico Rosberg ist da bei weitem überschwänglicher. "Die Strecke ist richtig super und sehr gelungen", schwärmt der Mercedes-Pilot. Schon der Auftakt der Runde ist für ihn eine große Herausforderung: "Bei Kurve zwei kommt man zum Beispiel von der Senke unten hoch und dann geht es in die Spitzkehre hinein. Man sieht diese Spitzkehre gar nicht, bevor man dort ankommt."

Auch Webber ist diese Passage positiv aufgefallen: "Kurve drei ist sehr langsam. Es geht den Hügel hinauf und die Höhenwechsel sind ziemlich extrem. Kurve vier ist ebenfalls kein Einheitsbrei. Das sind klasse Herausforderungen."

"Man sieht diese Spitzkehre gar nicht, bevor man dort ankommt." Nico Rosberg

Schnelle Kurven machen Freude

Besonders angetan haben es den Piloten aber die Hochgeschwindigkeits-Kurven nach der fünften Kurve. "Die schnellen Passagen im hinteren Streckenteil sind klasse", freut sich Rosberg. Ein Streckenteil, der auch Jenson Buttons Rennfahrer-Herz höher schlagen lässt: "Die Strecke fühlt sich deutlich schneller an, als wir dies im Vorfeld dachten. Von der fünften Kurve an ist die Strecke wirklich sehr schnell."

Renault-Pilot Bruno Senna schlägt in die gleiche Kerbe: "Zwischen Kurve fünf und Kurve 15 ist die Strecke sehr unterhaltsam. Die Höhenwechsel machen den Kurs zu einer tollen Herausforderung. Du hast Schikanen wie in Magny-Cours oder Melbourne, nur sind hier die Scheitelpunkte nicht einzusehen. Das ist ziemlich anspruchsvoll, doch ich mag solche Pisten."

"Du hast Schikanen wie in Magny-Cours oder Melbourne, nur sind hier die Scheitelpunkte nicht einzusehen." Bruno Senna

Asphalt lädt zum Attackieren ein

Im Gegensatz zu vielen neuen Strecken bietet der in Indien benutzte Asphalt viel Haftung - das gibt den Piloten Vertrauen und lädt förmlich ein, Gas zu geben. "Ziemlich überraschend ist die Menge an Haftung, die wir hier haben, besonders in den schnelleren Kurven, wo der Abtrieb wirklich für uns arbeitet", bestätigt Button. "Und aufgrund der Tatsache, dass die Hochgeschwindigkeitskurven ziemlich eben sind, kann man wirklich eine Menge Geschwindigkeit durch sie mitnehmen."

Wenn die Temperatur der Reifen einmal im optimalen Betriebsfenster ist, "ist die Haftung unter hohen Geschwindigkeiten phänomenal", schwärmt der aktuelle WM-Zweite. "Wir werden an diesem Wochenende eine Menge Spaß haben."

"Ziemlich überraschend ist die Menge an Haftung, die wir hier haben." Jenson Button

Herausforderung Kurve fünf

Das Vertrauen, dass die Piloten durch die hervorragende Haftung gewinnen, kann durchaus auch dazu führen, dass man es etwas übertreibt und überoptimistisch zu Werke geht. Das zeigte sich in der fünften Kurve, in der einige Piloten von der Piste abkamen und so viel Schmutz auf den Asphalt beförderten.¿pbvin|512|4203||0|1pb¿

"Es ist hart, denn man kann die andere Seite der Strecke nicht sehen", beschreibt Button die spezielle Herausforderung dieser Passage. "Es sieht so aus, als wäre da überall Asphalt, bis man am Ausgang ankommt. Es ist knifflig - auch mit dem DRS. Wenn man nicht früh genug vom DRS geht, dann hat man sehr viel Übersteuern. Es gibt viele sehr knifflige Passagen auf dieser Strecke, was viel Spaß macht."

"Es sieht so aus, als wäre da überall Asphalt, bis man am Ausgang ankommt." Jenson Button

Hamilton: Die besten Randsteine der Welt?

Es ist keine große Überraschung, dass Lewis Hamilton, der Mutkurse liebt, ebenfalls in den allgemeinen Tenor einstimmt. "Die Strecke ist einfach fantastisch", frohlockt er. "Die Organisatoren haben hier in Indien großartige Arbeit geleistet. Er ist sehr schnell und flüssig, das Haftungsniveau ist fantastisch und die Auslaufzonen scheinen gut zu sein."

Und dann fällt dem McLaren-Superstar noch ein besonderes Detail auf: "Hier gibt es vielleicht die besten Randsteine überhaupt. Es gibt schöne Rumpel-Streifen, auf denen man fahren kann." Eine Piste, auf der man also voll attackieren kann - so wie es Hamilton liebt. Das bestätigt auch Senna: "Die Kurven sind sehr schnell, und sie ermutigen einen, Druck, Druck, Druck zu machen."

"Hier gibt es vielleicht die besten Randsteine überhaupt." Lewis Hamilton

Kaum vergleichbare Kurse

Bleibt die Frage, an welche Strecke sich die Piloten bei Tilkes neuestem Streich in Noida erinnert fühlen. "Sie ist anders", überlegt Felipe Massa - am Freitag Trainingsschnellster - nicht lange. "Vor allem die Idee, die Eingänge zu den langsamen Kurven drei und vier und zur letzten Kurve sehr breit zu gestalten. Das wird mit Sicherheit den Verlauf des Rennens beeinflussen, sogar des Qualifyings. Im Qualifying wird aber jeder versuchen, die schnellste Linie durch die Kurve zu finden, um durchgehend Geschwindigkeit aufzunehmen." Eine Idee, die er sich auch in Abu Dhabi in der siebenten Kurve vor der langen Geraden gewünscht hätte - einem Tilke-Kurs, der im Gegensatz zu Indien für wenig Begeisterung sorgte.

Rosberg zieht im Gegensatz zum Brasilianer einen Vergleich mit einem anderen Kurs: "Man könnte es ein bisschen mit Südkorea vergleichen. Im Prinzip ist dieser Kurs aber doch sehr eigen." Auch Button findet, dass der Buddh-International-Circuit einen eigenen Charakter besitzt: "Es gibt eigentlich keinen Kurs wir diesen. Es ist wahrscheinlich eher wie Türkei als Singapur oder Südkorea", widerspricht er Rosberg.

"Im Prinzip ist dieser Kurs aber doch sehr eigen." Nico Rosberg

Noch ist für den Briten nicht ganz klar, ob die Strecke mit seinen erklärten Favoriten Suzuka und Spa mithalten kann. Nur ein Pilot muss diese Vergleiche nicht ziehen: Lokalmatador Narain Karthikeyan, für den es keinen besseren Schauplatz für einen Grand Prix gibt als Noida. "Die erste Runde war sehr speziell", berichtet der HRT-Pilot "Ich habe so viele Emotionen verspürt, in Indien zu fahren. Ich konnte es einfach nicht glauben, und es sind mir so viele Dinge durch meinen Kopf gegangen."

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