Nico Rosberg in China: "Er fährt wie ein kleiner Gott"

Mercedes-Pilot Nico Rosberg verzeichnet den erfolgsreichsten Saisonstart seiner Karriere - Trotz überschwänglichen Lobes von allen Seiten bleibt er bescheiden

(Motorsport-Total.com) - Während Lewis Hamilton - vom Pech verfolgt - beim Großen Preis von China mit Rang sieben seine schlechteste Platzierung seit 2013 einfuhr, läuft für Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg alles wie am Schnürchen. Drei Rennen, drei Siege lautet die bisherige Erfolgsbilanz seiner Formel-1-Saison 2016. In der WM-Tabelle führt er mit 75 Punkten und 36 Zählern Vorsprung vor Hamilton. Das heißt: Selbst bei einem Ausfall in Sotschi in zwei Wochen würde Rosberg die Führung behalten, sollte Hamilton gewinnen.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Start nach Maß: Nico Rosberg kann mit Mercedes einen Hattrick feieren Zoom

Das Momentum spricht klar für den Deutschen. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurde Rosberg in den ersten drei Rennen zweimal Zweiter und einmal Dritter. Erst im fünften Saisonrennen stand er ganz oben auf dem Treppchen. Jetzt hat der 30-Jährige nicht nur alle Saisonrennen für sich entschieden, sondern auch seinen sechsten Sieg in Folge eingefahren. Schließlich sicherte er sich bereits in den letzten drei Saisonrennen 2015 den jeweils ersten Platz. Daran scheint er 2016 nahtlos anknüpfen zu können.

Das ringt selbst Mercedes-Vorstand Niki Lauda ein ungewohnt überschwängliches Lob ab: "Für mich ist das weltmeisterlich. Wie der Kerl die Rennen herunterfährt, fehlerfrei, alles richtig, keinerlei Probleme in irgendeiner Art und Weise - da kann man nur noch die Kappe ziehen. Und nachdenken, wie man so etwas zusammenbringt, denn das hat schon lange keiner mehr geschafft", schwärmt er bei 'Sky'. Rosbergs ruhiges Wesen, seine Motivation und sein Fokus machten ihn derzeit unschlagbar.

Statistik spricht für Nico Rosberg als Weltmeister

"Er weiß genau, wie er am einfachsten zu seinem höchsten Limit kommt. Der stört sich nicht selber durch irgendwelche Inputs, sondern ist gerade ausgerichtet auf diesen Erfolg. Und das setzt er jetzt schon sechsmal hintereinander durch", lobt Lauda Rosbergs Arbeitsweise. Nur sechs Piloten ist es vor ihm gelungen, mindestens drei aufeinanderfolgende Rennen in einer Saison zu gewinnen - zuletzt Michael Schumacher, der 2004 sogar fünf Mal in Folge siegte. Immer wurde der jeweilige Pilot dann auch Weltmeister.

In Schanghai blieb Rosberg nicht nur fahrerisch fehlerfrei, sondern setzte mit seinem Team auch auf die richtige Strategie. Auf den Soft-Reifen der zweiten Qualifying-Session absolvierte er die ersten 23 Runden, zog dann für weitere 16 Runden frische Softs auf und fuhr den Rest mit Medium-Pneus sicher nach Hause. Seine direkten Konkurrenten waren auf Supersofts gestartet und mussten schon nach wenigen Runden an die Box. Rosbergs Plan, länger draußen bleiben und so einen Vorsprung herausfahren zu können, ging auf.


Fotos: Nico Rosberg, Großer Preis von China


"Rosberg und Mercedes haben genau richtig gehandelt", erkennt auch Paul Hembery von Pirelli. "Sie haben ganz nebenbei gezeigt, dass die eigentliche Strategie schon vor dem Qualifying beginnt. Schanghai ist eine der anspruchsvollsten Strecken des Jahres und dennoch hat Rosberg mit nur zwei Boxenstopps gewonnen", gibt der Reifenexperte zu bedenken. Die meisten Fahrer kamen dreimal an die Box. Unter den Top-10-Piloten stoppte allein Williams-Pilot Felipe Massa wie Rosberg nur zweimal.

Pirelli lobt Reifenstrategie von Mercedes in China

"Die Reifenwahl vom Team war perfekt gelöst", stellt Lauda folglich fest und schwärmt weiter: "Man kann's nicht besser machen. Und der Nico fährt wie ein kleiner Gott." Teamchef Toto Wolff kann auch nicht mehr als loben: "Nico ist absolut fehlerfrei gefahren, er ist beim Start richtig gut weggekommen und hat sich aus allem rausgehalten, was weiter hinten passiert ist. Er hat es dann sauber, aber mit einer guten Pace nach Hause gefahren." Am Ende hatte Rosberg einen Vorsprung von 37,776 Sekunden.

Der abgeschlagene Sebastian Vettel auf Rang zwei musste zugeben, dass Rosberg "heute ein super Rennen gefahren ist". Er und Mercedes seien der Maßstab und definitiv schwer zu schlagen. Seinen Humor hat der Ferrari-Pilot trotzdem nicht verloren: "Ich habe nach dem Rennen schon zu ihm gesagt, dass es für ihn heute Nacht vielleicht schwer wird, einzuschlafen, weil er keine große Mühe hatte, wenn sich alle anderen hinten in Auto fahren und er mit 30 Sekunden Vorsprung das Rennen kontrollieren kann. Aber trotzdem Hut ab."

Möglicherweise will Vettel höchstpersönlich dafür sorgen, dass Rosberg keine ruhige Nacht hat. Schließlich scherzte er auf der Pressekonferenz nach dem Rennen weiter: "Ich denke, ich musste etwas härter arbeiten als Nico. Er muss also das Doppelte trinken im Vergleich zu mir. Vielleicht bekomme ich ihn ja an die Bar." Zumindest auf ihr Podium könnten die beiden anstoßen, schließlich war es der 13. deutsche Doppelerfolg in der Formel-1-Geschichte und das 47. Mal, dass zwei Deutsche gemeinsam auf dem Podest standen.


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Nico Rosberg schreibt Lewis Hamilton längst nicht ab

Rosberg selbst stapelt nach seinem Hattrick in der neuen Formel-1-Saison vorerst tief. "Sechs Siege in Serie zählen für mich nicht - drei sind aus dem vergangenen Jahr, ich denke an dieses. Mein Teamkollege ist der liebe Lewis und er wird noch wie ein Wahnsinniger Druck machen", sagt der Mercedes-Dauersieger über den besten Saisonstart seiner Karriere. Angesichts des vollen Formel-1-Kalenders sei es falsch, vorzeitige oder gar übermütige Prognosen anzustellen.

"Natürlich bin ich mit dem bisherigen Verlauf sehr glücklich", so Rosberg, "ich fühle mich gut und das Auto passt." Doch Hamilton sei nicht weit weg und motivierter denn je. "Er wird niemals aufgeben. Er ist mein Richtwert, das war er schon in den vergangenen Jahren. Es wird wieder einen Kampf geben, und der wird wie immer groß", verspricht der WM-Führende. Diesmal soll ihm Töchterchen Alaia die Däumchen gedrückt haben, wie Rosberg verrät. Mal sehen, ob dieses Erfolgsrezept auch in Zukunft wirkt.