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Newton: "Durch Druck entstehen Fehler"
Testteammanager Tim Newton spricht im Interview über seinen Job im BMW-Williams-Team, Erfolge und die Aufgaben des Testteams
(Motorsport-Total.com) - Testteammanager Tim Newton ist beim BMW-Williams-Team für die Arbeit der Testmannschaft verantwortlich. "Ich arbeite seit Ende 1994 bei WilliamsF1 und begann meine Arbeit in ihrem Tourenwagenprogramm", ließ Tim Newton in einem Interview auf der teameigenen Website wissen. "Als das Tourenwagenprogramm Ende 1999 eingestellt wurde, bad man mich, mich um das Formel-1-Testteam zu kümmern."

© BMW
Das BMW-Williams-Testteam sammelt vor allem viele Daten
Dort ist Tim Newton fortan dafür zuständig, dass Testteam zu koordinieren. Dabei hat er bei weitem nicht nur mit den beiden Testfahrern des Teams, Marc Gené und Antonio Pizzonia, zu tun, sondern mit zahlreichen Ingenieuren und Mechanikern, die zum Teil sowohl im Renn- wie auch im Testteam tätig sind. Außerdem arbeitet er mit den Rennfahrern Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya zusammen, die auch regelmäßig an Testfahrten teilnehmen.
Newton: "Ingenieure sind sehr leidenschaftlich"
Frage: "Wie ist es möglich, die Zeitpläne und gleichzeitig die Ziele des Teams verfolgen zu können?"
Tim Newton: "Erstens gibt es die technische Seite. Die Ingenieure müssen Aufgaben erledigen und meine Verantwortung ist, sicherzustellen, dass alle Platz zum Arbeiten haben und in der Lage sind, die Aufgaben durchzuführen. Wenn sie etwas am Auto ändern möchten, muss ich überprüfen, dass wir genug Leute haben und uns die Ausrüstung zur Verfügung steht, um die Aufgabe durchzuführen. Du musst schauen, dass die Ingenieure mit der Aufgabe und ihren Werkzeugen klarkommen. Man muss wirklich alles prüfen. Motorsport bedeutet Verpflichtung und Leidenschaft und die Ingenieure sind in dem, was sie tun, sehr leidenschaftlich. Dabei können sie den Bezug zur Wirklichkeit manchmal verlieren und vergessen, dass es nur eine bestimmte Zeit gibt, um von der einen Strecke zur anderen zu kommen oder dass das Team nachts nach Hause kommen muss, ohne noch die ein oder andere Sache bearbeiten zu können. Ein großer Teil meines Jobs besteht darin, die Leute an die Realität zu erinnern. Einige Ingenieure gehen von den Rennen zu Tests und dann wieder zu den Rennen ? es ist ein sehr anstrengendes Leben. Wenn ein Lkw von uns an die Strecke kommt, muss die Box gestrichen und die Ausrüstung aufgebaut werden, anschließend werden die Lkws gewaschen. Erst dann kommen die Ingenieure an die Strecke. Die Ingenieure haben somit nicht wirklich die Erfahrung und wissen nicht, wie lange solche Dinge brauchen. Dies ist völlig verständlich, da sie sich auf ihren eigenen Job konzentrierten anstatt auf die Logistik."
Newton: "Konflikte sind nicht gut"
Frage: "Halten sie es für nötig, Druck auf die Leute auszuüben?"
Newton: "Man sollte die Leute nicht unter Druck setzen, denn man sollte sie steuern. Wenn du die Leute unter Druck setzt, bedeutet dies, dass es einen Konflikt gibt, der nicht sehr wünschenswert ist. Du musst kontrollieren, dass jeder die richtigen Informationen hat, um seine Arbeit erledigen zu können, also wenn man auf irgendjemanden richtig Druck ausübt, entsteht ein Mangel an Informationen. Bei einer Konfrontation vergeudet man Energie ? diese Energie ist viel besser untergebracht, wenn man in die gleiche Richtung arbeitet."
Frage: "Gibt es durch die engen Zeitpläne Druck?"
Newton: "Normaler Weise hat man mehr Zeit als die Leute erwarten. Es ist nicht so wie am Rennwochenende, wo man bestimmte Zeiten einhalten muss und das, was man in einem Training abarbeiten will, genau schaffen muss, aber wenn man es nicht schafft, macht man es am nächsten Tag. An einem Grand Prix ist alles genau geplant, um 14 Uhr muss das Rennen beginnen. Wenn ein Auto an einem Rennen teilnimmt, hat man ? wenn es gut läuft ? von Freitag bis Sonntag ungefähr sieben Stunden, in denen man auf der Strecke sein kann. Wenn man testet, verbringt jedes Auto sieben bis acht Stunden pro Tag auf der Strecke. Infolgedessen stoppt das Auto vor einem Rennen, damit es genau überprüft werden kann. Wenn man die Tests im selben Tempo wie die Rennen durchführen würde, dann würde jeder umkippen."
Das Testteam sammelt in erster Linie Daten
Frage: "Was sehen sie als grundlegende Aufgabe des Testteams?"
Newton: "Der wichtigste Teil bei den Tests ist, Daten zu sammeln und zu überprüfen, ob die Daten korrekt sind. Jeder Bereich der Mannschaft baut auf die Daten, ob dass das Designbüro oder die Herstellung ist ? Datensammeln ist also von allen Leuten das Ziel. Wenn jeder herumläuft, weil man keine verwendbaren Daten sammelt, dann vergeudet man seine Zeit. Manchmal geht man zu einem Test und sammelt Massen an Daten, während man andere Mal nicht alle Daten sammeln kann, die man eigentlich haben wollte, oder man einfach Probleme hatte. Wenn das geschieht, ist es wichtig, nicht verärgert zu sein, aber zu verstehen, warum es schief lief und es in Zukunft zu verhindern versucht. Es geht schließlich darum, qualitativ gute Arbeit zu leisten. Selbst wenn alles schief lief, kann man davon etwas lernen. Bei einem Testtag weiß man nie, was die Konkurrenz tut. Sie können zum Beispiel mit weniger Kraftstoff fahren, also kann man einen fantastischen Test haben, auch wenn man nicht der Schnellste auf der Strecke ist. Der Punkt ist, dass man weiß, dass man einen guten Test hatte. Am Ende des Tages zeigen sich die wahren Resultate, wenn man das Rennen fährt."
Frage: "Wie wird entschieden, was bei einem Test getestet wird?"
Newton: "Es gibt einige Möglichkeiten. Es gibt einen Testkalender, der von Sam Michael, unserem Chefingenieur, aufgestellt wird, den ich mit ihm durchgehe und ändere, um sicherzustellen, dass wir an alle Strecken kommen, zu denen wir müssen. Sam notiert seine Ideale und dann betrachte ich sie und schlage Änderungen vor und versuche, alle seine Anforderungen zu erfüllen. Wir können zu einer bestimmten Strecke gehen, weil sie bestimmte Eigenschaften wie Kurven oder Bremsbereiche oder eine bestimmte Asphaltart hat, die man nicht auf jeder Strecke vorfindet, auf der man Rennen fährt. Es ist keine große Diskussion, da wir von den vorangegangenen Jahren wissen, was machbar ist. Der Testplan wird im Februar festgelegt, aber während der Saison werden Änderungen vorgenommen ? derzeit ist die zehnte Ausgabe aktuell!"
Ein Testtag beginnt um 7 Uhr ? und dauert bis Mitternacht
Frage: "Wie verläuft ein üblicher Testtag?"
Newton: "Eine ganze Menge hängt von den Vorbereitungen ab. Wenn alles geregelt ist, gibt es weniger Druck. Silverstone ist ein wenig anormal, weil der Tag dort kürzer ist, aber zum Beispiel in Valencia würden wir morgens um 7 Uhr das Hotel verlassen, zur Strecke fahren und dort Frühstücken mit unseren eigenen Lebensmitteln. Während ein Teil des Teams isst, bringen andere im Team die Reifen auf den richtigen Druck und überprüfen, ob alle Autos okay sind und es keine Probleme über Nacht gab, da die Autos nachts mit warmem Wasser versorgt werden, also sind die Teile morgens warm und das Auto ist vorbereitet. Es gibt eine Zusammenstellung von Leuten, die frühstücken und ihre unterschiedlichen Prozesse im Laufe des Tages durchführen. Wir fangen normalerweise um 9 Uhr morgens an zu testen, also muss ich überprüfen, ob jeder bereit ist. Die Autos absolvieren möglichst um kurz nach neun ihre erste Checkrunde. An einigen Strecken machen wir Mittags eine Pause, also sind wir dort bis 18:00 Uhr ununterbrochen im Einsatz. Manchmal muss ich mit den Ingenieuren über das Mittagessen verhandeln, aber das ist kein Problem, denn sie haben dann einige Aufgaben notiert, die während der Mittagspause durchgeführt werden können. Dann müssen die Aufgaben geplant werden und ggf. Änderungen vorgenommen werden, weil jeder kurz zum Mittagsesse eine Pause gemacht hat. Die gleichen Dinge geschehen während des Nachmittags. 15 oder 20 Minuten, nachdem das Training beendet wurde, haben wir eine Sitzung mit BMW, um den Tag kurz zu besprechen und das Programm für den nächsten Tag zu überprüfen, um dann keine großen Probleme zu haben. Dann beendet jeder seine Aufgaben. Die Ingenieure schreiben einen Tagesbericht und die Mechaniker werden Arbeitslisten zu Folge aufgeteilt. Um 20 Uhr haben wir eine weitere Besprechung, in der wir die Ereignisse des Tages genauer besprechen und besprechen alle möglichen Aufgaben für den nächsten Tag. Die Mechaniker wechseln normaler Weise den Motor und das Getriebe und halten alle nötigen Teile in Stand. Normaler Weise verlassen wir die Rennstrecke dann um Mitternacht. Wenn ich die Möglichkeit habe, lege ich nach 1 Uhr nachts eine Sperre vor, so dass niemand von der Crew mehr arbeitet. Besonders während den längeren Tests möchtest du vermeiden, dass die Leute bis spät in die Nacht arbeiten und morgens früh aufstehen, denn das führt zu Fehlern."
Newton muss die Kosten genau im Auge behalten
Frage: "Gibt es irgendwelche Probleme, die sie immer wieder beschäftigen?"
Newton: "Ein Problem, dass wir bekommen haben, ist, dass wir immer mehr in Spanien testen und Spanien ein sehr populäres Reiseziel seit dem 11. September geworden ist. Außerdem sind die Flugkosten ziemlich angestiegen und es ist schwierig, alle Leute unterzubringen, also versuche ich, soviel wie möglich im Voraus zu planen. Wenn man die Flüge bucht, kann man zwar Gruppenermäßigungen bekommen, aber dann kann man die Daten, Anzahl und Flughäfen nicht mehr ändern. Es ist ein harter Kampf, die Arbeit zu erledigen und die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Es ist ganz klar in einigen kleineren Teams noch härter. Auch ich selber mag es nicht, Geld auszugeben, ohne das etwas leistungsfähiger wird, das Auto schneller wird oder mehr Tests durchführbar sind, also ist es eine Vergeudung, wenn sich die Transportkosten einfach nur verdoppeln."
Frage: "In welcher Form baut das Testteam auf moderne Technologie, um die Arbeit zu erleichtern?"
Newton: "Die Ingenieure haben jede Menge Computer für eine große Menge an Daten und Informationen, die sie sammeln. Es gibt einen Satz Compaq ProLiant Server in der Box und das ist ihr Hauptwerkzeug. Ich vernutze meinen Evo-Laptop für eine Menge Logistikarbeit: Annahmeinformationen, zum Senden zurück in die Fabrik und um über die Entwicklung des Teams auf dem Laufenden zu bleiben. Mein Laptop ist wie ein mobiles Büro, also sind alle Informationen, die ich brauche, bei mir."
Frage: "Verwenden sie PDA und iPAQ PocketPC?"
Newton: "Ich habe die gesamte Personalliste auf meinem Notizbuch und schreibe dort morgens viel, aber das iPAQ kann es ersetzen, da es eine benutzerfreundlichere Schnittschnelle hat. Ich kann sehen, dass das iPAQ immer häufiger verwendet wird, weil es dir viel mehr Informationen zur Verfügung stellt, als man mit herumtragen kann und dir gleichzeitig mehr Flexibilität gibt und man einfacher Informationen austauschen kann."
Newton: "Motorsport hat viel mit Erwartungen zu tun"
Frage: "Was sind Bestandteile für den Erfolg?"
Newton: "Meiner Meinung nach hat Motorsport viel mit Erwartungen zu tun. Es sind die Ingenieure mit den Computersimulationen, die herausfinden, was mit dem Auto während des Rennens passiert und es sind die Mechaniker, die wissen wollen, was die Ingenieure vorhaben, um zu wissen, was sie am Auto ändern sollen. Die Leute, die für die Ersatzteile zuständig sind, wollen wissen, was am Auto ausgetauscht werden muss und die Truckfahrer erwarten ebenfalls Informationen, um die Anzahl der verwendeten Materialien berechnen zu können. Umso mehr Erwartungen es gibt, um so mehr denken die Leute über ihren Job nach. Um so erfolgreicher das Team ist oder einige Leute sind, je mehr machen sie sich im Vorfeld Gedanken darüber, was benötig wird und was passieren könnte. 90 Prozent meines Jobs besteht darin, mögliche Probleme zu erkennen, bevor es welche geworden sind. Mit ein wenig Erfahrung überraschen einen nur noch wenige Dinge."
Frage: "Würden sie gerne ein Mal ein Formel-1-Auto fahren?"
Newton: "Nein, ich bin viel zu groß für so ein Auto! Du kannst denken, dass du schnell fahren kannst, aber wenn man mal mit einem professionellen Fahrer in einem Rennauto mitgefahren ist, weiß man, wie groß der Unterschied ist."

