• 06.04.2024 05:51

  • von Norman Fischer, Co-Autoren: Jonathan Noble, Alex Kalinauckas

Nach Unfällen: Melbourne erwägt Änderungen an Kurve 6

Die jüngsten Unfälle von Alexander Albon und George Russell haben eine Diskussion über Kurve 6 in Melbourne eröffnet - Braucht es asphaltierte Auslaufzonen?

(Motorsport-Total.com) - Muss Kurve 6 in Australien verändert werden? Die Kurve war beim vergangenen Rennen in Melbourne das große Gesprächsthema, nachdem George Russell im Rennen verunfallt war und mitten auf der Ideallinie zum Stehen kam - sehr in Sorge, dass hinter der blinden Kurve ein Konkurrent in ihn reinfahren könnte, weil keine rote Flagge geschwenkt wurde.

Titel-Bild zur News: Alexander Albon (Williams) verunfallt im Formel-1-Rennen von Australien 2023

Alexander Albon verunfallte in Kurve 6 schon zwei Mal in zwei Jahren Zoom

Zumal der Crash des Mercedes-Piloten kein Einzelfall ist. Schon im Training hatte es Williams-Pilot Alexander Albon erwischt, der auch 2023 sein Rennen an dieser Stelle beenden musste. Und in der Formel 2 strandete der frühere Red-Bull-Junior Dennis Hauger auf ähnliche Weise wie seine beiden Formel-1-Kollegen.

"Ich glaube, es gab jetzt ein paar Unfälle zu viel, wo Autos in der Mitte der Strecke gelandet sind, um nichts zu unternehmen", sagt McLaren-Pilot Oscar Piastri, der in Melbourne sein Heimrennen fährt. "Das ist etwas, worüber wir mit der FIA gesprochen haben. Schauen wir mal, was gemacht wird."

Tatsächlich gibt es derzeit Überlegungen, die Kurve für das Rennen im kommenden Jahr zu verändern. Erst bei den Umbaumaßnahmen vor ein paar Jahren wurde die Kurve neu gestaltet und schneller gemacht, indem die Ideallinie etwas geöffnet wurde.

Was genau gemacht werden wird, will man eruieren, aber zu den Möglichkeiten zählt eine Umgestaltung, um die Geschwindigkeiten an dieser Stelle wieder zu reduzieren, eine Asphaltierung der Auslaufzone anstelle des Kiesbetts oder eine Anpassung der Streckenbegrenzung dahinter, um zu verhindern, dass Autos wieder auf die Strecke geschleudert werden.

"Ja, wir müssen uns die Kurve anschauen, das habe ich schon im letzten Fahrermeeting vorgebracht", sagt Melbourne-Sieger Carlos Sainz. "Es ist nicht das erste Mal, dass ein Auto nach einem Unfall zurück auf die Strecke kommt. Wir fahren in dieser Kurve 250 Sachen, und das blind."

"Mir gefallen einfach die jüngsten Zwischenfälle nicht, auch in anderen Serien. Das gibt mir kein gutes Gefühl", so der Spanier.

Großartige Kurve, aber ...

Von der Kurve selbst sind die meisten Fahrer aber Fans, auch der Ferrari-Pilot: "Es ist eine großartige Kurve, versteht mich nicht falsch. Ich fahre dort im Qualifying sehr gerne, aber im Rennen gab es einfach zu viele Vorfälle, wo ein Auto wieder auf die Strecke zurückkam, und es ist sehr eng dort. Deswegen müssen wir uns die Kurve anschauen."

"Ich liebe diese Kurve", meint auch Daniel Ricciardo. "Sie macht wirklich richtig Spaß. Im Qualifying schaltest du in den sechsten Gang runter und gibst dann wieder Vollgas. Es ist also eine Mutkurve", sagt er.

"Aus Fahrsicht ist sie fantastisch, von daher möchte ich nicht, dass sie verändert wird, aber natürlich ist die Sicherheit schlecht", so der Australier. "Leider ist das eine Kurve, die sehr anfällig für große Zwischenfälle ist."

"Und wenn ein Umbau die einzige Möglichkeit für mehr Sicherheit ist, dann okay, sollten sie es tun. Aber wenn sie es sicherer machen können, dabei aber den Speed und alles beibehalten, dann geht meine Stimme dahin", sagt er.

Russell: Wollen keinen Asphaltauslauf

Ähnlich äußert sich auch Unfallopfer George Russell: "Die Kurve ist fantastisch, wohl eine der besten auf der gesamten Strecke. Von daher möchte ich nicht, dass sie die Kurve verändern." Auch von einer asphaltierten Auslaufzone wäre der Brite kein Freund: "Wir wollen keinen Asphaltauslauf haben", stellt er klar.

"Ich finde, es passt alles", so Russell. Einzig die Streckenbegrenzung gehört für ihn überarbeitet. "Wenn sie dich zurück auf die Strecke wirft, ist das nicht gut. Man könnte sie an die Linie der Strecke anpassen, dann würde man nicht zurück auf die Ideallinie geworfen werden."

Alexander Albon hat zudem noch einen weiteren Punkt, den er verändern würde. Ihm ist der Randstein am Kurvenausgang ein Dorn im Auge.

"Es ist ein doppelstufiger Randstein. Und mit diesen tief liegenden Autos ist alles, was wir berühren ... wir können den ersten Teil des Randsteins benutzen, aber wenn du zu weit rauskommst und den zweiten Teil des Rampenabschnitts berührst, dann hebt dein Auto ab", sagt der Williams-Pilot.

Sind die Fahrerkommissare zu lange raus?

Es gibt also einige Punkte, die man für 2025 verändern könnte, doch Valtteri Bottas bringt noch ein weiteres Thema auf, über das geredet werden muss. Denn für Russell dauerte es viel zu lange, bis nach seinem Unfall das virtuelle Safety-Car ausgerufen wurde.

"Die Verzögerung hatten wir jetzt schon öfters", meint Bottas. "Auch in Dschidda gab es einen Zwischenfall, wo die gelben Flaggen ziemlich spät kamen. Auch das müssen wir besprechen."

Er wird gefragt, ob die Fahrerkommissare, die bei jedem Grand Prix im Einsatz sind, mittlerweile vielleicht etwas zu lange aus dem Renngeschehen raus sind und es jüngere bräuchte. "Das würde definitiv helfen", sagt er. "Aber wo findet man welche, die gewillt sind, diesen Job zu übernehmen?"


"Die Fahrer, die erst kürzlich im Sport waren, fahren vielleicht irgendwo anders oder genießen ihr Leben außerhalb. Es ist also nicht einfach, diese Leute zu finden."

In Melbourne hieß der Fahrerkommissar übrigens Johnny Herbert. Dessen letztes Formel-1-Rennen war im Jahr 2000 - vor 24 Jahren.