Motorsport war für Markus Winkelhock nie ein Thema

20 Jahre nach dem Tod seines Vaters steigt Markus Winkelhock in ein Formel-1-Auto - Motorsport war für ihn lange ein Tabuthema

(Motorsport-Total.com) - Ähnlich wie bei Bruno Senna, dem Neffen der 1994 in Imola verstorbenen Formel-1-Legende Ayrton Senna, galt auch für Markus Winkelhock lange die Familienvorschrift: Such dir einen ordentlichen Beruf, aber werde kein Rennfahrer! Doch etwas mehr als 20 Jahre nach dem Tod seines Vaters darf der junge Deutsche am 10. Dezember ein Grand-Prix-Fahrzeug testen.

Titel-Bild zur News: Markus Winkelhock

Winkelhock möchte in die Fußstapfen seines Vaters treten und Formel 1 fahren

Dank MF1-Teamchef Colin Kolles, der auf Winkelhock jun. seit dessen Zeit in der Formel 3 immer ein Auge hatte, hat der 25-Jährige Aussicht auf einen Aufstieg in die Königsklasse des Motorsports. Zwar ist ein Stammcockpit für ihn noch kein Thema, doch sollte er bei seinem Auftritt in Jerez, wo er einen Jordan-Toyota EJ15B fahren wird, überzeugen, könnte unter Umständen ein Testvertrag als vierter Mann für die kommende Saison winken.#w1#

Vater Manfred und Onkel Joachim Winkelhock fuhren Formel 1

Erstmals tauchte der Name Winkelhock 1980 in der Formel 1 auf, als sich Markus' Vater Manfred in einem Arrows nicht für den Grand Prix von Italien qualifizieren konnte. Von 1982 bis 1984 fuhr der Waiblinger für ATS, wo er im ersten Jahr einen fünften Platz in Brasilien als sein bestes Resultat verbuchte. Es folgte in Portugal 1984 ein Gasteinsatz für Brabham sowie 1985 eine mehr oder weniger erfolglose Saison im RAM-Rennstall.

Am 10. August 1985 ging Winkelhock - Markus war damals gerade mal fünf Jahre alt - beim 1.000-Kilometer-Sportwagenrennen im kanadischen Mosport an den Start. Nach etwa zweieinhalb Stunden des knapp sechs Stunden dauernden Rennens kam er in einer abfallenden Linkskurve plötzlich von der Strecke ab. Sein 600 PS starker Porsche 962 prallte mit hoher Geschwindigkeit gegen eine Mauer. Erst nach 25 Minuten konnten ihn die Rettungsmannschaften mit Schweißgeräten aus dem Wrack befreien.

Einen Tag nach diesem verheerenden Abflug erlag er im Krankenhaus seinen Kopfverletzungen. Auch eine etwa dreistündige Notoperation in einer Klinik in Toronto, bei der ein Blutgerinnsel im Hirn entfernt wurde, konnte sein Leben nicht mehr retten. Winkelhock wurde 32 Jahre alt und hinterließ neben Markus noch Ehefrau Martina und Tochter Marina. Sein größter sportlicher Erfolg war ein Sieg beim 1.000-Kilometer-Rennen in Monza im April 1985.

Eigentlich wollte Winkelhock jun. Fotograf werden

"Ich mache mich nicht verrückt, auch wenn ich für viele nur der Sohn meines Vaters bin - und nicht ich selbst." Markus Winkelhock

Dass angesichts dieser Tragödie Motorsport zunächst kein allzu hohes Ansehen innerhalb der Familie genoss, versteht sich von selbst: "Das Thema gab es bei uns einfach nicht", sagte Winkelhock jun. vor seinem ersten Formel-1-Test im Interview mit 'Sport1.de'. Probleme mit dem langen Schatten seines Vaters hat er aber nicht: "Ich mache mich nicht verrückt, auch wenn ich für viele nur der Sohn meines Vaters bin - und nicht ich selbst."

Im Gegensatz zum jungen Jacques Villeneuve, der Vergleiche mit seinem Vater Gilles stets ablehnte, spricht Winkelhock jun. schon jetzt recht offen über seine Wurzeln: "Mein Vater ist mein großes Vorbild - ich will ihm einfach nacheifern", sagte er. Das war aber nicht immer so: Erst 1998 begann er in der Formel König, die er eigentlich nur als Hobby bestritt, im Motorsport, doch nach dem Gewinn der Vizemeisterschaft war klar, wohin der Karrierezug gehen würde.

Rückkehr in den Formelsport nach einer verpatzten DTM-Saison

Es folgten Achtungserfolge in der Formel Renault und in der Deutschen Formel 3 sowie der vierte Gesamtrang in der hochkarätig besetzten Formel-3-Euroserie-Saison 2003, in der ein gewisser Christian Klien Zweiter hinter Ryan Briscoe wurde. Als Flop stellte sich hingegen der Wechsel in die DTM heraus, denn mit einem Vorjahres-Mercedes hatte Winkelhock 2004 gegen die übermächtigen Konkurrenten keine Chance.

Manfred Winkelhock  im BMW 320 der DRM 1977

Manfred Winkelhock bestritt neben der Formel 1 auch viele andere Rennserien Zoom

Der Wechsel in die Renault-World-Series, die als eine der letzten Stufen vor der Formel 1 gilt, war anschließend ein logischer Schritt: "Es war meine letzte Chance. Hätte ich länger gewartet, wäre ich endgültig zu alt gewesen", ist der 25-Jährige früh über seine Rückkehr in den Formelsport. Nun träumt er von einem Grand-Prix-Vertrag: "Wenn ich gut bin, habe ich vielleicht eine Chance auf den Job als Testfahrer", sagte er über seinen bevorstehenden Test für das von Midland betriebene MF1-Toyota-Team.

Ob er realistische Chancen auf den Posten hat, ist allerdings mehr als fraglich, denn mit dem Niederländer Nicky Pastorelli hat die ehemalige Jordan-Mannschaft bereits einen dritten Mann unter Vertrag. Sprich: Sollte Winkelhock - übrigens ein begeisterter Skifahrer und Sportfreak - überhaupt für ein festes Engagement in Betracht gezogen werden, so käme er bestenfalls für Testfahrten außerhalb der Grand-Prix-Wochenenden in Frage.