• 09.08.2005 13:42

Die schwärzesten Tage des deutschen Motorsports

20 Jahre ist es her, dass Stefan Bellof und Manfred Winkelhock in den Tod gerast sind - Erinnerungen an zwei schreckliche Tragödien

(Motorsport-Total.com/sid) - Es ist immer noch eines der traurigsten Kapitel der deutschen Automobilsportgeschichte: Vor 20 Jahren kamen innerhalb von nur drei Wochen zwei große Hoffnungen ums Leben. Zuerst starb am 11. August 1985 der Schwabe Manfred Winkelhock aus Waiblingen, genau 21 Tage später raste der Hesse Stefan Bellof aus Gießen in den Tod.

Titel-Bild zur News: Stefan Bellof

Das größte deutsche Formel-1-Talent vor Michael Schumacher: Stefan Bellof

Beide träumten von Ruhm und Ehre in der Formel 1, doch beide verunglückten in Sportwagen tödlich. Winkelhock erlag einen Tag nach seinem Unfall beim 1.000-Kilometer-Rennen im kanadischen Mosport seinen schweren Kopfverletzungen. Auch eine etwa dreistündige Notoperation in einer Klinik in Toronto, bei der ein Blutgerinnsel im Hirn entfernt wurde, konnte sein Leben nicht mehr retten. Winkelhock wurde 32 Jahre alt und hinterließ Ehefrau Martina, Sohn Markus und Tochter Marina.#w1#

Bellofs Sternschnuppe verglühte in der Eau Rouge

Bellof wurde ein waghalsiges Überholmanöver beim 1.000-Kilometer-Rennen im belgischen Spa in der berüchtigten Eau-Rouge-Kurve zum Verhängnis. Das größte deutsche Talent in der Ära vor Michael Schumacher war erst 23 Minuten nach dem Aufprall in die Leitplanke aus dem Wrack befreit worden. Bellof starb nur kurze Zeit später im Krankenhaus, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Als "glatten Selbstmord" bezeichnete der Belgier Jacky Ickx Bellofs folgenschweres Überholmanöver: "Er hätte mich zwanzig Meter weiter locker überholen können. Meine Benzinreserven gingen langsam schon zur Neige, deshalb musste ich verhaltener fahren", sagte der Porsche-Werksfahrer, der den Unfall mit Nackenschmerzen und einem gequetschten Finger überstand.

Bellof hatte im Porsche 962 des privaten Schweizer Brun-Teams ausgangs der schnellen Links-Rechts-Kombination bei Start und Ziel, die teilweise im fünften Gang bei absoluter Höchstgeschwindigkeit durchfahren wird, versucht, Ickx außen zu überholen. "Ich habe es nur knallen gehört, dann flog Bellofs Porsche an mir vorbei und krachte mit voller Wucht in die Leitplanke", meinte Ickx weiter.

Stewart sah in Bellof einen kommenden Weltmeister

Viele sahen in Bellof einen Draufgänger, der aus dem gleichen Schlag wie der legendäre Kanadier Gilles Villeneuve war. Niki Lauda hielt ihn damals für das "größte Talent im deutschen Rennsport", und der Schotte Jackie Stewart sah in ihm einen "kommenden Weltmeister". Als Lauda davon hörte, dass Bellof versucht habe, Ickx in der Eau Rouge zu überholen, sei er tief schockiert gewesen: "Das war ein fataler Fehler, denn da kann man nicht überholen."

Der tragische Unfall Winkelhocks in Mosport ereignete sich nach etwa zweieinhalb Stunden des knapp sechs Stunden dauernden Rennens. In einer abfallenden Linkskurve kam er urplötzlich von der Strecke ab. Sein 600 PS starker Porsche 962 des Kölner Kremer-Teams prallte in hoher Geschwindigkeit gegen eine Begrenzungsmauer. Erst nach 25 Minuten konnten ihn die Rettungsmannschaften mit Schweißgeräten aus dem Wrack befreien. So lange hing er bewusstlos in den Anschnallgurten.

Winkelhock fuhr gemeinsam mit 'F1Total.com'-Experte Surer

Manfred Winkelhock hatte seine Karriere 1976 mit einem Sieg in der Nachwuchsserie VW-Junior-Cup begonnen. Dies ermöglichte seinen Einstieg in die deutsche Rennsportmeisterschaft als BMW Werksfahrer des Juniorteams, wo Marc Surer und der Amerikaner Eddie Cheever seine Partner waren. Dieses Trio wechselte später in die Formel 2 und schaffte danach den Sprung in die Formel 1.

Winkelhock bestritt 1982 seine ersten Formel-1-Rennen. Drei Jahre fuhr er für das Pfälzer ATS-Team. Seine erste Platzierung war zugleich die beste: Platz fünf beim Grand Prix von Brasilien 1982 in Rio de Janeiro. Für den Rennstall der Kölner Brüder Manfred und Erwin Kremer bestritt er parallel zur Formel-1-Weltmeisterschaft zusammen mit dem Schweizer Marc Surer, heute unter anderem als Experte für 'F1Total.com' tätig, die Langstrecken-WM. Sein größter Erfolg war ein Sieg beim 1.000-Kilometer-Rennen in Monza im April 1985.