Mosley reagiert auf die Stimmung unter den Fans
Max Mosley will die Technologie eigentlich radikal beschneiden - doch die kürzliche FIA-Umfrage macht den Briten nachdenklich
(Motorsport-Total.com) - Das Ergebnis der Umfrage, die der Automobilweltverband FIA vor kurzem im Internet durchgeführt hat, trifft bei FIA-Präsident Max Mosley auf offene Ohren. 80 Prozent der Befragten erklärten, dass für sie die Technologie in der Formel 1 eine wichtige Rolle spielt, weil sich dadurch die Serie von anderen Motorsportarten abhebt. 64 Prozent der Fans finden es zudem spannend, in jedem Jahr neue Innovationen in der Formel 1 zu entdecken.

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Max Mosley nimmt die Meinung der Fans ernst
Mosley hat am Mittwochmorgen einen Brief an die Teamchefs gesandt, in dem er auf dieses Umfrageergebnis eingeht und zum Teil von seiner Meinung abrückt, wonach die Formel 1 technisch radikal abgerüstet werden soll, um erstens die Geschwindigkeit der Autos ebenso zu senken wie die Kosten, als auch die Bedeutung des Fahrers zu fördern.#w1#
Der Brite bittet die Teams, Vorschläge zu unterbreiten, wie man in der Formel 1 neue Technologien einführen kann, die dem Unterhaltungswert der Rennen keinen Schaden zufügen. Auch die Automobilhersteller wollen ausgeklügelte Technologien in der "Königsklasse des Motorsports" behalten während sich die Fans die Abschaffung von Fahrerhilfen wie der Traktionskontrolle wünschen.
In seinem Schreiben betont der Brite jedoch gleichzeitig, dass Technologie mit Kosten verbunden ist, somit also in Bezug auf das neue Reglement für 2008 - das innerhalb der kommenden zwei bis drei Monate verabschiedet werden soll - sorgfältig über Sinn und Unsinn der unterschiedlichen Technologien nachgedacht werden muss.
Wenn die Traktionskontrolle abgeschafft wird, könnten im Gegenzug Energierückgewinnungssysteme eingeführt werden, um einen "Boost-Button" zu haben, der mehr Überholmanöver bringen soll: "In den Forschungsabteilungen der großen Automobilhersteller gibt es sicherlich viele andere neue und interessante Technologien, die sich in der Entwicklung befinden und in der Formel 1 nutzbringend entwickelt werden könnten", wird Mosley von 'Autosport-Atlas' zitiert.
Der FIA-Präsident erhofft sich dadurch sogar den Einstieg von Automobilherstellern, die sich im Moment noch nicht in der Formel 1 befinden, da es für diese Sinn machen könnte, ihre Technologie in der Formel 1 zur Schau zu stellen. Das könnte sogar den kleinen Teams helfen, wenn ein Hersteller nur Chassis oder nur den Motor zur Verfügung stellt.
Mosley warnt aber davor, dass der Schuss auch nach hinten losgehen könnte: "Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mindestens 20, am liebsten 24 Autos in der Startaufstellung stehen haben wollen. Das bedeutet, dass erlaubte Technologien entweder relativ billig zu entwickeln sein müssen oder von der Natur sein müssen, dass sie zahlende Technologie-Partner in die Formel 1 bringen."
Vielleicht würde man die Teams durch diese Maßnahmen tatsächlich dazu bringen, auf die von den Automobilherstellern geforderte Traktionskontrolle zu verzichten. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Traktionskontrolle gut für den Sport ist", so Ross Brawn, Technischer Direktor bei Ferrari, gegenüber der 'motorsport aktuell'. "Du fährst durch eine Kurve, trittst ausgangs der Ecke auf das Gas und den Rest übernimmt die Elektronik. Das ist doch nicht Formel 1!"
Auch die von Mosley geforderte Standard-Elektroniksteuerung ist laut Brawn machbar: "Man muss einfach die Zündung und die Einspritzung anpassen. Was nur wenige wissen - bei den Straßenfahrzeugen gibt es fundamental nur drei oder vier Systeme weltweit. Dort funktioniert es auch"
In seinem Schreiben geht Mosley auch auf die Aerodynamik ein und fragt die Teams, ob es sinnvoll wäre, die Art und Weise, in der die Autos entwickelt werden, radikal zu ändern. So kann sich Mosley vorstellen, dass man die Teams dazu bringt, sich nicht auf die Suche nach maximalem sondern minimalem Abtrieb zu begeben. Das würde nicht nur für mehr Überholmanöver sorgen sondern entspreche auch eher den Anforderungen der Automobilindustrie.
Mosley schwebt ein Abtriebslimit vor, das man den Teams auferlegt. Dann so Mosley, könnte man sogar wieder darüber nachdenken, das Verbot beweglicher Aerodynamikteile aufzuheben: "Man könnte sie zumindest beim Bremsen erlauben. Oder vielleicht den Abtrieb an der Vorderachse erhöhen, wenn ein Auto einem anderen dicht folgt."
Die radikale Beschneidung des Abtriebs trifft auf die Skepsis einiger Designer, die sagen, die Formel 1 würde dadurch 30 Jahre in die Vergangenheit zurückgeworfen und es gäbe damit viele Motorsportserien, die schneller wären als die Formel 1, die selbst ernannte "Königsklasse des Motorsports".
Diskutiert wird weiterhin auch über die Abschaffung des halbautomatischen Getriebes: "Natürlich ist es wünschenswert, dass die Formel 1 den Serienbau befruchtet", so Brawn. "Auf der anderen Seite war das herkömmliche Schalten nicht einfach. Begabtere Fahrer konnten ihr Talent in die Waagschale werfen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir den richtigen Weg gehen, aber der Vorschlag ist mindestens interessant."

