• 16.09.2001 12:53

Monza: Fahrer starten nur mit Widerwillen

Die Stimmung in Monza ist auf dem Tiefpunkt angelangt - FIA besteht auf Rennen in USA

(Motorsport-Total.com/dpa) - Nur mit großem Widerwillen und unter großem Druck traten die meisten Fahrer beim Großen Preis von Italien an - die Stimmung in Monza war wegen der Terroranschläge in den USA auf dem Tiefpunkt. Vor allem Michael Schumacher wirkte während des gesamten Rennwochenendes geschockt. Der viermalige Formel-1-Weltmeister blieb tief betroffen weitgehend sprachlos. Sein Bruder Ralf setzte sich dagegen mehrfach vehement für eine Absage ein. "Die meisten Piloten wären hier nicht angetreten, wenn sie die Wahl gehabt hätten", erklärte der Williams-BMW-Pilot stellvertretend für viele Kollegen.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Ecclestone sieht die Formel 1 nicht als Ziel von Terroristen

Bei der traditionellen Fahrerparade vor dem Rennen legten die Piloten vor der Haupttribüne eine Schweigeminute ein. Michael Schumacher erklärte danach in seiner Funktion als ein Sprecher der Fahrervereinigung GPDA: "Es ist ein Wochenende, an dem viele Dinge falsch laufen. Wir sollten die Frage stellen, ob wir hier fahren oder nicht." Die Piloten einigten sich mit einer Ausnahme darauf, nach dem Start in den ersten beiden Schikanen nicht zu überholen. Auf die Nachfrage, wer nicht zugestimmt habe, sagte der Ferrari-Star: "Ich glaube, jeder weiß, wer es ist: Einer, der ziemlich klein ist."

Der tragische Unfall des ehemaligen Grand-Prix-Piloten Alex Zanardi beim Champ-Car-Rennen auf dem Eurospeedway in der Lausitz hatte unter den eh schon geschockten Piloten und Teammitgliedern weitere Bestürzung ausgelöst. Für die Formel-1-Verantwortlichen waren die schrecklichen Ereignisse kein Grund, den Lauf abzusagen. Auch der Große Preis der USA zwei Wochen später soll wie geplant über die Bühne gehen. "Ich sehe die Formel 1 nicht als Ziel der Terroristen, warum auch", bestritt Formel-1-Chef Bernie Ecclestone die Gefahr eines Anschlags auch in Indianapolis.

Max Mosley, der Präsident des Internationalen Automobil-Verbandes (FIA), hatte in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender 'TF1 - Eurosport' erklärt: "Wir dürfen dem Terrorismus niemals Zugeständnisse machen oder uns ihm beugen." Niemand im Motorsport habe eine Absage der Rennen vorgeschlagen. Auch Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo sieht offenbar kein Problem, in den USA anzutreten. "Wir sind bereit, in Indianapolis zu fahren. Aber die Entscheidung ist Sache der USA. Wir werden uns dem beugen", sagte er der 'Gazzetta dello Sport'. Die Sportzeitung berichtete zudem, fünf der elf Teams wollten in den USA nicht starten.

In Monza gab es vor allem hinter verschlossenen Türen intensive Diskussionen über eine Absage. BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger sagte: "Dieses Rennen ist so unwichtig wie nur was. Die ganze Formel 1 leidet sehr mit." Schließlich beugten sich aber die Gegner eines Starts dem starken Druck. Ecclestone hatte in einem RTL-Interview auf die vertraglichen Verpflichtungen hingewiesen: "Wir haben Verträge, die laufen müssen, wir müssen die Verträge halten."

Fahrer und Teams demonstrierten jedoch ihre Anteilnahme mit den Opfern der Terroranschläge. GPDA-Sprecher Jarno Trulli sagte: "Dies ist nicht nur eine Tragödie für die USA, dies ist eine weltweite Tragödie. Wir müssen allen zeigen, dass wir mit den USA zusammen sind." Ferrari überklebte seine Sponsorenlogos und lackierte die Frontpartie als Zeichen der Trauer schwarz. Das Jaguar-Team schwärzte die Lufthutze. Jordan trat auf seinen Rennwagen "aus Respekt vor den Opfern" mit der Flagge der USA an der Seite an. Auch Streckenposten und Zuschauer schwenkten amerikanische Fahnen. Die sonst so überschäumenden Tifosi verzichteten weitgehend auf laute Freudenbekundungen über den vorzeitigen Titeltriumph. Auf den Tribünen klafften große Lücken.