Montoya: "Ich hätte mehr Rennen gewinnen können"
Der Kolumbianer im Gespräch über seinen Vorjahreserfolg in Monza, Professionalität und die Chancen im bevorstehenden Grand Prix
(Motorsport-Total.com) - Eigentlich hätte Juan-Pablo Montoya letztes Jahr jeden erdenklichen Grund gehabt sich über seinen Sieg beim Großen Preis von Italien zu freuen. Am Samstag hatte sich der Kolumbianer in seinem Williams FW23 in 1:22.216 Minuten die Pole Position gesichert und am Sonntag nach 53 Runden auch das Rennen gewonnen, doch zum Feiern war niemanden zu Mute, denn zu groß war noch die Betroffenheit und der Schock über die Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten von Amerika bei allen Fahrern und Teams.

© BMW-Williams
Montoya ist überzeugt, dass er 2001 in Monza so oder so gewonnen hätte
Aus Respekt vor den Opfern verzichtete man am Rennsonntag auch auf die übliche Siegesfeier auf dem Podium. Zwar wurden die Pokale überreicht und den drei Fahrern die es auf das Podium geschafft hatten gratuliert, doch die Champagnerdusche fiel aus.
Montoya besitzt auf Grund der ausgefallenen Champagnerdusche im Vorjahr eine wertvolle Trophäe
Während einer PR-Verpflichtung für Reuters, einem der Sponsoren des BMW-Williams-Teams, erklärte Montoya diese Woche in England, dass es auf eine Art schade, auf eine andere Art aber auch
etwas Besonderes war nach dem Sieg die Champagnerflasche unangetastet zu lassen: "Ich habe sie in meinem Haus, ungeöffnet natürlich, denn sie ist eine Menge wert. Wann war das letzte Mal, dass jemand eine volle Flasche nach einem Sieg behalten hat?", fragt Montoya, der damit eine ganz besondere Trophäe sein Eigen nennen darf.
Viele Motorsportfans und -experten sind fest davon überzeugt, dass der in wenigen Tagen seinen 27. Geburtstag feiernde Montoya im Autodromo Nazionale wohl nicht gewonnen hätte, hätte Michael Schumacher unbeeinflusst durch die Ereignisse in Amerika seine Arbeit in Hochform verrichten können, doch der BMW-Williams-Pilot ist da anderer Ansicht: "Ich hätte gewonnen, auch dann wenn nichts vorgefallen wäre, denn ich hatte einfach die Pace das Rennen zu gewinnen", gibt sich der in Bogota geborene Süd-Amerikaner überzeugt.
"Wenn man im Auto sitzt muss man sich vollkommen darauf und auf seine Aufgabe konzentrieren"
Seinen eigenen Worten nach beeinflusste ihn das was da am 11. September 2001 in Amerika geschehen war genauso wie alle anderen Rennfahrer, doch im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen machte sich "JPM" davon frei als es darum ging sich die bestmögliche Startposition zu sichern und das Rennen zu gewinnen. "Es war für alle hart, auch für mich, doch ich glaube, dass man sich, wenn man im Auto sitzt, vollkommen darauf und auf seine Aufgabe konzentrieren muss. Ich erinnere mich noch an Gerhard Berger, wie er nach dem Tod seines Vaters an dem Wochenende in Hockenheim sein Auto auf die Pole stellte und das Rennen mit großem Vorsprung gewann. Er war vermutlich dadurch noch bestrebter eine gute Leistung abzuliefern", sieht Montoya Parallelen zwischen Berger und ihm selbst was den Umgang mit traurigen, teils traumatischen Ereignissen betrifft.
Nach den Testfahrten letzte Woche in Monza hofft Montoya nun, dass man die Scuderia Ferrari und allen voran einen am kommenden Wochenende sicherlich in Hochform fahrenden Michael Schumacher schlagen kann: "Beim Test sahen wir im Vergleich zu Ferrari ziemlich wettbewerbsfähig aus. Ich denke, dass wenn wir dieses Jahr noch ein Rennen gewinnen können es das bevorstehende ist", sagt der 26-Jährige, der seit seinem Sieg letztes Jahr in Monza nicht mehr auf die oberste Stufe des Podiums klettern konnte. Als Grund dafür, dass er trotz seiner vielen Pole Positionen in diesem Jahr noch keinen Grand Prix gewinnen konnte, macht der Kolumbianer verpasste Chancen und ein im Vergleich zum Vorjahr und zur Konkurrenz weniger konkurrenzfähiges Auto verantwortlich.
Montoya hofft auf einen PS-Vorteil, um Ferrari in Monza zu besiegen
"Letztes Jahr hatte ich ein Auto mit dem ich Rennen gewinnen konnte, doch dieses Jahr hatte ich auch einige Male Pech. Ich denke, dass ich dieses Jahr mehr als einmal hätte gewinnen können, doch am Ende zählt hätte, wäre, wenn und aber nicht", weiß Montoya, der nicht davon ausgeht dass sich Ferrari beim Heimspiel in Italien ohne Gegenwehr geschlagen geben wird, doch auf Grund des leistungsstarken BMW-Zehnzylinders Hoffnungen auf eine Wiederholung seines Vorjahreserfolges hegt.
"Durch unseren leistungsstarken Motor, der hier ein entscheidender Faktor ist, sollten wir stark sein, doch wir müssen realistisch bleiben. Im Moment hat es den Anschein, dass ein dritter Platz mit unserem Equipment einem Sieg gleichzusetzen ist", meint Montoya, dessen Ziel hauptsächlich darin bestehen wird den in der Fahrerwertung vor ihm liegenden Rubens Barrichello Punkte wegzunehmen, abschließend.

