• 12.09.2004 10:10

  • von Marco Helgert

Montezemolo: Ferrari hat Zukunftsangst

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo forderte Formel-1-Chef Bernie Ecclestone eindringlich auf, die Geldverteilung an die Teams zu erhöhen

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 steht vor schweren Entscheidungen. Auf der einen Seite versucht die FIA die Autos zu verlangsamen und setzt die geplanten Regeländerungen mit Nachdruck durch. Allein damit vergrault man einige Hersteller, für weit mehr Ärger sorgt aber der Streit zwischen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, den Teilhaberbanken der SLEC und den involvierten Herstellern.

Titel-Bild zur News: Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo zeichnete ein düsteres Bild

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo zeichnete bei seinem Besuch des Italien-Grand-Prix' nun ein mögliches Katastrophen-Szenario: Ecclestone ziehe so viel Geld aus dem Sport heraus, dass auch die Formel-1-Zukunft von reichen Teams wie Ferrari alles andere als sicher ist. Ferrari durchquert derzeit ohnehin eine Talsohle, denn seit der Übernahme von Maserati schreibt der Fiat-Konzern halbjährliche Verluste von knapp 60 Millionen Euro. Dem Team fehlen daher auch die Finanzspritzen aus Turin.#w1#

Die Herstellervereinigung 'GPWC' (Grand Prix World Championship) kämpft daher um einen größeren Anteil am Finanzkuchen der Formel 1. Momentan werden 47 Prozent der TV-Einnahmen nach einem ausgeklügelten Schlüssel an die Teams verteilt. Der Rest fließt in die Töpfe von Bernie Ecclestone, der auch die Einnahmen aus der Bandenwerbung einbehält. Derzeit liegen die an der SLEC beteiligten Banken mit Ecclestone im Clinch, wer denn das Sagen hat. Auf der anderen Seite fordern die 'GPWC'-Mitglieder erneut eine umfangreichere Aufteilung der Einnahmen.

Erlöse für die Teams sind "lächerlich"

"Ich denke, dass eine gewisse Ära der Formel 1 vorbei ist", so di Montezemolo. "Wir müssen nach etwas Neuem Ausschau halten, und es ist unmöglich und unakzeptabel, dass dieses Geschäft in drei Jahren drei Mal verkauft wurden, ohne das dabei ein Vorteil für die Beteiligten (die Teams, d. Red.) heraussprang."

"Die Teams bekommen lediglich 47 Prozent der TV-Rechte, und kein Geld aus der Werbung, den Tickets und der Bewirtung", fuhr er fort. "Das ist nicht mehr möglich und es bedeutet leider auch, dass jemand zu weit gegangen ist. Ich mache mir Sorgen, dass einige Teams aus finanziellen Gründen nicht überleben können. Ferrari ist ein kleines Unternehmen und wir müssen sorgfältig für die Zukunft planen. Wir müssen zusammen mit den anderen Autoherstellern diese Situation ändern."

"Solch ein teurer Sport kann nicht überleben, wenn wir die Ausschüttungen nicht erhöhen", erklärte er. "Ich denke, es war ein großer Fehler, das Unternehmen (die SLEC; d. Red.) an eine deutsche TV-Rechte-Gesellschaft (EM.TV; d. Red.) zu verkaufen, die dann zusammenbrach. Und es war ein Fehler sie weiter an Kirch zu verkaufen, und es war ist ebenfalls ein Fehler, dass der Sport nun zu 75% den Banken gehört."

Teamerlöse sollen fast verdoppelt werden

Die geforderten Zahlen lesen sich eindrucksvoll. An der politischen Macht der FIA möchte Ferrari nicht kratzen, wohl aber mehr Geld aus den Einnahmen haben - viel mehr Geld. "20% für die Promotion des Sports, aber 80% für die Teams", so die Forderung di Montezemolos. "Leider war es bisher nicht möglich, eine Lösung zu erreichen. Nun müssen wir das versuchen. Es existiert ein großes Risiko, dass wir Teams verlieren. Es ist nicht möglich für die Teams, mit diesen geringen Erlösen zu überleben."

Das derzeitige Concorde-Agreement, in dem unter anderem auch die Geldverteilung geregelt ist, läuft noch bis Ende 2007, doch der Italiener fordert umgehend Maßnahmen. "Gott sei Dank haben wir für Ende 2007 schon etwas, aber es liegen noch drei Jahre vor uns und alles muss sich ändern." Falls nicht, so hängt die geplante unabhängige Serie der Hersteller wie ein Damoklesschwert über der Formel 1.

"Nun ist die Zeit reif, eine Lösung zu finden", erklärte di Montezemolo. "Wenn nicht, dann wird sich jeder, angefangen bei Ferrari, Gedanken darüber machen, was er tun wird. Aber das Niveau der Erlöse für die Teams ist unakzeptabel und lächerlich." Die Forderungen des Ferrari-Präsidenten sind lange bekannt, doch er verleiht ihnen neuen Nachdruck. Passend dazu sind Berichte, wonach innerhalb der 'GWPC' ein Machtkampf entbrannt ist, da Ferrari eine Sonderzahlung der anderen Mitglieder erhalten wollte.