• 19.10.2002 17:35

  • von Fabian Hust

Mindestens ein europäisches Rennen steht vor dem Aus

Weil ab 2004 in Bahrain und Schanghai gefahren wird, muss mindestens ein Rennen in Europa aus dem Kalender verschwinden

(Motorsport-Total.com) - Am (morgigen) Sonntag reist Formel-1-Boss Bernie Ecclestone nach Schanghai. Dort wird der Brite am Montag einen Vertrag unterschreiben, der die Stadt von 2004 bis 2010 zum Austragungsort eines Großen Preises von China werden lässt. Bestätigt ist mittlerweile auch ein Rennen in Bahrain, das ebenfalls ab der Saison 2004 ausgetragen werden wird. Für die europäischen Rennstreckenbetreiber, die sich glücklich schätzen dürfen, die Formel 1 zu Gast zu haben, bedeutet dies nichts Gutes, denn mindestens ein Rennen in Europa wird gestrichen werden müssen.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli (Renault)

Hat der Große Preis von San Marino keine Zukunft in der Formel 1?

Doch warum geht die Formel 1 überhaupt in für Europäer so exotische Länder, wo die "Königsklasse des Motorsports" doch eindeutig ihren Ursprung in Europa hat? Ein Grund ist das ab 2006 in Europa greifende Zigarettenwerbeverbot. Überall da, wo die Formel 1 in Zukunft fahren möchte, ist Zigarettenwerbung (noch) erlaubt.

Außerdem wird im Zuge der mehr und mehr einsteigenden Automobilhersteller ein internationaler Auftritt wichtiger und wichtiger. Die Hersteller fahren nicht zum Spaß in der Formel 1 ? sie wollen ihre Autos verkaufen und da sind auch Länder wie China enorm wichtig. Die PKW-Hersteller werden länger bei der Stange gehalten, wenn sie eine möglichst vielfältige Präsentationsform zur Verfügung gestellt bekommen.

Auch kleinere Formel-1-Teams profitieren in der Regel von den neuen Rennen. So kann Minardi mittlerweile auf große Geldgeber aus Malaysia zurückgreifen. Ein neues Rennen in einem neuen Land führen zwangsläufig dazu, dass mehr Sponsoren in die Formel 1 strömen. Mehr Länder bedeuten in der Regel auch mehr Zuschauer und dies wiederum macht die Formel 1 noch interessanter für die Marketingstrategen, was wiederum allen Teams zu Gute kommt.

Für die europäischen Formel-1-Fans ist allerdings nicht alles Gold was glänzt. Man wird eigene Rennen verlieren, darunter auch Strecken, die ein beliebtes Reiseziel sind oder wegen ihres Namens bei den Fans beliebt sind. Rennen in nicht-europäischen Ländern werden dazu führen, dass mehr und mehr Rennen zu nacht-schlafener Zeit stattfinden werden.

Momentan werden elf der 17 Rennen in Europa abgehalten, bald werden es zehn, vielleicht auch nur noch neun sein. Im September diskutierten die Teams eine mögliche Ausweitung des Rennkalenders auf 18 Rennen, das würde ein Rennen in Europa retten. Doch für ein zusätzliches Rennen entstehen den Teams Kosten in Höhe von rund einer Millionen Euro, diese wollen einige Teams durch Veränderungen im Reglement ? beispielsweise einer Beschneidung der Testfahrten ? eingespart wissen. Andere Teams jedoch wehren sich strikt gegen eine Ausweitung des Kalenders.

Es gibt im Moment zwei "Wackelkanidaten": Spa-Francorchamps und Imola. Das Rennen in Spa ist schon 2003 in Gefahr. Stimmen die Teams nicht alle einem freiwilligen Verbot von Zigarettenwerbung zu, kann man in Belgien nicht fahren, denn bereits ab Sommer 2003 ist dort Werbung für den blauen Dunst verboten. Weil die Regierung sich nicht an den EU-Beschluss hält, der das Verbot ab dem Jahr 2006 vorsieht, droht dem Rennen das Aus.

Imola, jene Rennstrecke, die im Jahr 1994 mit dem Tod von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna traurige Motorsportgeschichte schrieb, steht ebenfalls vor dem Aus. Erstens, weil es zwei Rennen in Italien gibt und zweitens, weil man in Monza fleißig an der Strecke arbeitet, in Imola jedoch das Geld fehlt, um die geforderten Umbaumaßnahmen auf und abseits der Strecke vorzunehmen.

Nach einem Bericht des Fachmagazins 'auto, motor und sport' ist auch der A1-Ring ein Wackelkandidat, obwohl man in Österreich über einen Vertrag bis 2006 mit Option bis in das Jahr 2017 verfügt. Das Alpenland bietet zwar spannende Rennen in einer schönen Landschaft, doch danach fragt keiner. Für die Formel 1 fehlt Österreich aus Marketingsicht im Moment der Reiz. Dagegen darf Deutschland zwei Rennen behalten. Angesichts von Schumi, Frentzen, Heidfeld, BMW und Mercedes logisch.

Bestehen bleiben wahrscheinlich auch die beiden Rennen in Magny-Cours und Silverstone, obwohl sie Bernie Ecclestone wohl am liebsten aus dem Rennkalender streichen würde. Magny-Cours, weil weder Tabak- noch Alkoholwerbung erlaubt ist und man im Nirgendwo fährt und Silverstone, weil die Anlage seiner Meinung nach nicht der Formel 1 würdig ist. Doch Frankreich ist die Geburtstätte des Automobilrennsports, hier muss man ein Rennen austragen, alleine auch wegen Renault und Michelin. Und Silverstone ist sowieso der Inbegriff von Motorsport.