Midland bleibt mindestens bis 2008 in der Formel 1

Trotz vieler Kritiker hat Midland-Eigentümer Alexander Shnaider nicht vor, sich in den nächsten drei Jahren aus der Formel 1 zurückzuziehen

(Motorsport-Total.com) - Dass es die Nachfolger von Paradiesvogel Eddie Jordan wegen dessen schillernder Ausstrahlung einmal nicht leicht haben würden, war von Anfang an klar. Und dass ausgerechnet ein steinreicher Russe und ein berechnender Deutscher das Sagen beim Team aus Silverstone übernommen haben, muss für die verwöhnten britischen Journalisten ein Schock gewesen sein. Somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass Midland permanent unterstellt wird, insgeheim schon wieder an den Rückzug aus der Formel 1 zu denken.

Titel-Bild zur News: Alexander Shnaider

Alexander Shnaider bezeichnet sich selbst als "Formel-1-Fan" aus Leidenschaft...

Doch davon kann keine Rede sein: "Da die Formel 1 vor allem eine emotionale Sache ist, würde ich dabei bleiben - es sei denn, mir geht wirklich die Geduld aus. Doch bis 2008 kann das gar nicht passieren", erklärte Teameigentümer Alexander Shnaider, der sich selbst als "Formel-1-Fan" bezeichnet, gegenüber 'Motorsport aktuell'. "Diese drei Jahre haben wir uns intern auf jeden Fall Zeit gegeben, das Team neu zu organisieren und wieder nach vorne zu bringen."#w1#

2008 könnte seine große Stunde schlagen, glaubt Shnaider

Ähnlich wie Red Bull glaubt auch der in Kanada lebende Russe, der alleine mit seinem Stahlwerk in der Ukraine jährlich geschätzte 300 Millionen Euro scheffelt und noch in zahlreichen weiteren Geschäftsfeldern tätig ist, dass die Formel 1 ab 2008 für die Teams billiger wird und für Midland damit noch attraktiver. Denn dann, so die Milchmädchenrechnung der Privatiers, könnten plötzlich auch kleine Budgets gut genug sein, um Rennen und Weltmeisterschaften zu gewinnen.

"Es gibt derzeit nur zehn Teams in der Formel 1. Das heißt, der Wert eines jeden einzelnen Teams wird dann - bei einer ganz anderen Einnahmenverteilung - höher sein als heute", gab Shnaider aber zu, dass er sein Projekt klarerweise auch als Investment betrachtet. "Natürlich spielte auch die Aussicht einer möglichen Ausweitung unserer Geschäftsfelder eine Rolle. Wir sind Stahlerzeuger. Da bietet es sich an, zu versuchen, über die Formel 1 Synergien zu erzeugen."

Der Milliardär hat beispielsweise vor, Kooperationen mit Automobilherstellern einzugehen, will Toyota und Co. speziell gehärtete Stähle für deren Serienproduktion anbieten. Sprich: Shnaider investiert bis zu 50 Millionen Dollar pro Jahr, um seinen Konzern in der Öffentlichkeit darstellen und Kontakte knüpfen zu können. Ein durchaus teurer Spaß, könnte man meinen - ob es da nicht billiger gewesen wäre, einfach als Sponsor einzusteigen?

100 Millionen Dollar Budget für die Saison 2006

Was das Budget angeht, gibt es von Midland klare Vorgaben an Teamchef Colin Kolles: "Wir haben immer mit einem Budget von 100 Millionen Dollar für 2006 geplant und als Notfallplan intern zugestanden, eine etwaige Lücke zwischen den Sponsoreneinnahmen und dem 100-Millionen-Budget aus eigenen Mitteln zu schließen. Dabei gingen wir davon aus, dass diese Lücke zwischen 20 und schlimmstenfalls 50 Millionen Dollar liegen wird", so Shnaider.

"Man kann seinen Gästen ja auch luxuriöse und bequeme Betten anbieten, ohne ihnen gleich das ganze Haus zu schenken." Alexander Shnaider

An einen Komplettverkauf des Teams, wie ihm speziell in Großbritannien immer wieder unterstellt wird, denkt der kühl kalkulierende Geschäftsmann übrigens nicht: "Ein Teil müsste immer in unserem Besitz bleiben. Ob das immer 51 Prozent sein müssen, ist die nächste Frage. Aber ganz verkaufen würde ich nicht. Man kann seinen Gästen ja auch luxuriöse und bequeme Betten anbieten, ohne ihnen gleich das ganze Haus zu schenken", stellte er klar.

Shnaider mag also kein großer Racer sein und schon gar kein zweiter Eddie Jordan, doch er scheint sein Investment in der Formel 1 immerhin ernst zu nehmen. Ob freilich seine Vision vom erfolgreichen Team mit einem Schmalspurbudget von 100 Millionen Euro aufgehen kann, sei dahingestellt. Nur: Woher Geld nehmen und nicht stehlen? Marketingexperte Christian Geistdörfer, der inzwischen seinen Hut genommen hat, wusste darauf auch keine passende Antwort...