powered by Motorsport.com
  • 14.09.2012 13:03

  • von Felix Matthey

Mercedes hofft auf weitere Steigerung in Singapur

Beim Young-Driver-Test setzte Mercedes eine radikale Heckpartie ein - mit diesen Neuerungen wollen die Stuttgarter in Singapur den Auswärtstrend fortsetzen

(Motorsport-Total.com) - Normalerweise kommt den Young-Driver-Tests abseits des Formel-1-Geschehens nur wenig Aufmerksamkeit zu. Die Tests dienen in erster Linie jungen Fahrern dazu, erste Erfahrungen im Umgang mit einem Formel-1-Boliden, beziehungsweise -Team zu sammeln. Doch in dieser Woche sah das etwas anders aus: Sam Bird testete für Mercedes in Magny-Cours eine radikale Heckstruktur, die neben einem neuen Auspuff- auch ein neuartiges Dreifach-DR-System beinhaltet.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

In Singapur muss Mercedes völlig andere Herausforderungen meistern als in Monza Zoom

Die beiden Systeme werden mit großer Wahrscheinlichkeit schon beim nächsten Rennen in Singapur, einem verwinkelten Straßenkurs, zum Einsatz kommen. Der so genannte Coanda-Auspuff soll heiße Auspuffgase durch die Nutzung eines physikalischen Effekts zum Diffusor leiten um somit vor allem in langsamen Kurven mehr Abtrieb zu erzeugen. Das könnte in Singapur von Vorteil sein, weist der Kurs doch gleich neun Kurven auf, die mit weniger als 100 km/h durchfahren werden.

Nach dem Großen Preis von Italien in Monza sprach man bei Mercedes von einem Aufwärtstrend. Vor allem Nico Rosberg war mit seinem Rennergebnis mehr als zufrieden. Anfangs hatte der Deutsche zwar noch mit nachlassenden Reifen zu kämpfen, anschließend konnte er jedoch mit einem frischen Reifensatz angreifen und sah als Siebter die Zielflagge. Für seinen Teamkollegen und Landsmann Michael Schumacher lief es noch besser: Er wurde Sechster. Es war das beste Ergebnis für Mercedes seit Valencia.

Der Grand Prix in Monza war das letzte Rennen in Europa, nun reist die Formel 1 für die verbleibenden sieben Saisonläufe nach Übersee. Die nächste Station ist der Große Preis von Singapur, ein Rennen, das seit 2008 ausgetragen wird und das erste und bislang einzige Nachtrennen im Kalender ist. Licht spenden lediglich leistungsstarke Flutlichtschienen, die rund um die Strecke installiert sind.

Der Schein in Singapur trügt

"Das ist schon alles sehr speziell hier: die Stadt, die Nacht, die Strecke", kommentiert Schumacher das Rennen in Singapur. "Singapur ist ein wunderbar ungewöhnlicher Grand Prix. Dadurch, dass wir uns nachts an der Strecke herum treiben, wirkt alles im ersten Moment etwas relaxter, was natürlich ein Trugschluss ist."

Der Grand Prix sei vielmehr mit harter Arbeit verbunden und stelle für den Körper eine ungewohnte Herausforderung dar: "Die Wirklichkeit ist, dass du hart daran arbeiten musst, im europäischen Zeiten- und in deinem Bio-Rhythmus zu bleiben, um das Nachtrennen perfekt bestreiten zu können - denn trotzdem ist die Zeit eben ungewöhnlich für einen Wettkampf. Schön ist, dass die Strecke trotzdem technisch anspruchsvoll und recht schwierig zu fahren ist. Wir sind nach unserem eigentlich ermutigenden Wochenende in Monza voller guter Erwartungen für eine weitere ansprechende Performance. Ich freue mich auf das Nachtrennen."

Teamkollege Rosberg sieht das Rennen in Asien als eines der Saisonhighlights an und erinnert sich gerne an seinen zweiten Platz bei der Premiere 2008: "Der Große Preis von Singapur ist eines der Saisonhighlights und ein wirklich unterhaltsames Wochenende. Singapur ist eine fantastische Stadt und ich habe sehr schöne Erinnerungen an meinen zweiten Platz hier in der Saison 2008 - das war ein großartiges Erlebnis."

Der Deutsche weiter: "Es ist immer ungewohnt, nachts zu fahren, um 5:00 Uhr morgens ins Bett zu gehen und erst am Nachmittag aufzustehen, aber man gewöhnt sich überraschend schnell daran. Mir gefällt der Marina Bay Circuit sehr. Dies ist kein gewöhnlicher Straßenkurs, denn er stellt durch die hohen Temperaturen, die hohe Luftfeuchtigkeit, die große Anzahl an Kurven und das Fahren unter Flutlicht eine Herausforderung dar."

Daten analysiert, Fortschritte geplant

Auch für Technikchef Ross Brawn stellt der Singapur Grand Prix ein Saisonhighlight dar: "Nach dem Abschluss der Europa-Saison beginnt eine äußerst anstrengende Schlussphase der Saison mit sieben Überseerennen innerhalb von zweieinhalb Monaten", so Brawn "Das erste dieser Wochenenden führt uns zu einem unserer Lieblingsrennen nach Singapur, wo uns die einzigartige Atmosphäre eines Nachtrennens erwartet. Im fünften Jahr haben wir uns an den ungewöhnlichen Ablauf des Wochenendes gewöhnt. Die Arbeitszeiten bis in die Nacht nach europäischer Zeit sind gut eingespielt und jeder im Team reist gerne in die lebendige Stadt Singapur."

Die beim Young-Driver-Test gesammelten Daten seien analysiert worden, nun gelte es laut Brawn, diese in etwas Zählbares umzuwandeln: "Gestern haben wir den Young-Driver-Test in Magny Cours erfolgreich abgeschlossen, bei dem wir viele nützliche Informationen sammeln konnten, die wir jetzt in unseren Werken in Brackley und Brixworth analysieren, um bei den verbleibenden sieben Rennen weitere Fortschritte zu erzielen."

Sam Bird

Sam Bird testete in Magny-Cours eine neue Heckpartie am Mercedes Zoom

Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug sagt anschließend: "Der Große Preis von Singapur ist das erste der insgesamt sieben noch ausstehenden Überseerennen, die innerhalb der nächsten neun Wochen stattfinden. Der Singapur Grand Prix wird zum fünften Mal ausgetragen und verkörpert den Reiz der modernen Formel 1 auf ganz besondere Art: Ein spektakuläres Rennen im Herzen dieser Metropole, bei dem die Zuschauer ganz nah an die Strecke und an das Geschehen gelangen. Obendrein wird das Rennen bei Nacht und damit in einer für die Formel 1 einzigartigen Atmosphäre ausgetragen."

Dass die Strecke langsamer sei als andere, mache sie laut Haug nicht weniger anspruchsvoll: "Es gibt auf dem Stadtkurs insgesamt 23 Kurven, zehn von ihnen allein im dritten und letzten Streckensektor. Im Verlauf des Rennens schalten die Fahrer mehr als 5.000 Mal. Die Rundenzeit ist mit über 100 Sekunden die längste der Saison und nur in Monaco fällt die Durchschnittsgeschwindigkeit niedriger als in Singapur aus. Verglichen mit Monaco gab es beim letzten Singapur Grand Prix allerdings fast drei Mal so viele Überholmanöver."

"Die Anforderungen in Singapur sind gänzlich andere als beim vorausgegangenen Rennen in Monza - wenige schnelle Kurven und lange Geraden in Monza, vergleichsweise langsame und viele Kurven in Singapur. Wir haben seit dem letzten Rennen hart gearbeitet und beim Young-Driver-Test in Magny Cours mit den Fahrern Sam Bird und Brendon Hartley drei Tage lang Weiterentwicklungen getestet, um die Leistungsfähigkeit unserer Fahrzeuge weiter zu steigern."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Italien