Mercedes: Hinterreifen im Fokus
Warum Mercedes das Setup nach den Hinterreifen ausgerichtet hat und was sich Nico Rosberg für das Rennen in Montreal ausrechnet
(Motorsport-Total.com) - In Monte Carlo schien Mercedes recht konkurrenzfähig zu sein, doch am Sonntag standen Nico Rosberg und Michael Schumacher auf verlorenem Posten, weil ihre Hinterreifen völlig unerwartet Graining entwickelten. Um diesem Phänomen vorzubeugen, konzentrierte sich das Team an diesem Wochenende in Montreal bisher fast ausschließlich auf die Rennabstimmung.

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Nico Rosberg hofft heute in Montreal auf ein Ergebnis in den Top 5
"In Monaco waren wir schockiert, wie sehr die Reifen im ersten Stint abgebaut haben. Das hat uns das Rennen kaputt gemacht, denn wir hatten dort eigentlich ein brauchbares Auto", erklärt Teamchef Ross Brawn rückblickend. "Also haben wir versucht, so viel wie möglich bei repräsentativen Bedingungen zu trainieren und großes Augenmerk auf das Setup zu legen. Sogar heute Morgen sind wir noch Longruns gefahren."
Setup auf die Hinterreifen abgestimmt
"Das hat das Qualifying ein bisschen beeinträchtigt, aber ich glaube, das wird uns ein besseres Rennen bescheren", sagt er und untermauert: "Aus Ingenieurs- und teilweise auch aus Fahrersicht haben wir versucht, den Hinterreifen so viel Spielraum zu geben, wie wir können." Das zeigte sich schon am Freitag, als Rosberg gleich am Morgen eine schnelle Runde auf Supersofts drehte, am Nachmittag aber konzentriert testete, als der Rest auf Zeitenjagd ging.
Obendrein hat sich Mercedes in Q3 mit beiden Fahrern einen frischen Satz der weicheren Pirelli-Reifenmischung gespart, indem beide nur je einmal auf die Strecke gingen und auf einen zweiten Run verzichteten. "Der Vorteil ist nicht so groß wie auf manch anderen Strecken, aber es wird ein Vorteil sein", glaubt Brawn und vermutet heute "ein Zwei- oder Dreistopprennen. Das hängt davon ab, wie lange der erste Satz hält."
Interessant: Rosberg fuhr seinen Run am Beginn, Schumacher am Ende von Q3. "Ich hatte in Monaco das Problem mit der roten Flagge. Es ist einfach ein bisschen sicherer, früher rauszugehen", begründet Rosberg. "Von der Strecke her hat es keinen großen Unterschied gemacht, denn die war am Ende auch nicht viel schneller. Daher glaube ich, dass die Entscheidung richtig war." Schumacher kontert: "Die Strecke ist am Ende besser. Dieses Risiko haben wir auf uns genommen."
Rosberg hat sich vorgenommen, mindestens den sechsten Platz zu halten, vielleicht sogar den einen oder anderen Gegner zu überholen. Ein Regenrennen wäre ihm recht: "Ross sagt immer, dass sich Chancen ergeben, wenn es regnet. Warum nicht? Vielleicht ist dann ein bisschen mehr drin als im Trockenen", lächelt der Deutsche, der aber kein volles Regensetup hat: "Unsere Höchstgeschwindigkeit liegt im mittleren Bereich", winkt Brawn ab.
Medium-Setup mit gutem Topspeed
"Wir waren auch nicht verlockt, die Flügel flacher zu stellen, weil es so aussieht, als würde es ein wechselhaftes Wochenende werden. Es ist eine interessante Strecke, denn manchmal bringt es nicht unbedingt Rundenzeit, die Flügel flacher zu stellen. Es hat ja nicht nur lange Geraden hier, sondern auch Brems- und Beschleunigungszonen. Wir haben die Flügel unverändert gelassen, wodurch wir nicht die Allerschnellsten sind", so der Brite.

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Teamchef Ross Brawn und Geschäftsführer Nick Fry im Gespräch Zoom
Sprich: Das Mercedes-Setup geht aufgrund der generellen Voraussetzungen etwas mehr in Richtung Regen, doch man hat nicht bewusst auf ein Regenrennen hingearbeitet. Aber: "Sollte es regnen, wären wir in keiner schlechten Ausgangsposition", ist Brawn überzeugt. Der Blick auf die Topspeed-Tabelle zeigt allerdings: Mit je 321,3 km/h waren Rosberg und Schumacher schneller als ihre direkten Konkurrenten in der Startaufstellung.
Die Kühlung, die Mercedes schon viel Kopfzerbrechen bereitet hat, ist bei voraussichtlich unter 20 Grad Renntemperatur keine Baustelle: "Hier ist es so kalt, da ist es okay", witzelt Brawn. "Im Ernst: Wir haben ein Auge darauf, denn ich würde nicht sagen, dass wir die Kühlung schon komplett verstehen. Aber wir werden besser. Wir haben viel Arbeit in die Kühlung investiert, aber es gibt immer noch kleine Schwierigkeiten."
Heiß wurde Rosberg allerdings im Freien Training, als er auf einmal ungeheure Hitze am Hintern spürte. Was war da los, Ross? "Das war nur ein elektrischer Kasten, der zu nahe zum Sitz kam", klärt der Teamchef auf. "Dadurch hat er die Hitze gespürt. Diese Autos sind so dicht verpackt, dass Teile der Elektronik ganz in der Nähe des Cockpits untergebracht werden. Ein Teil konnte Nico spüren. Wir müssen da nur die Installation verändern."

