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McNish: Nie wieder Vorhersagen - Ich war grantig
Der Toyota-Pilot spricht ausführlich über den Kanada-Grand Prix, und warum er jetzt mit geringerer Erwartungshaltung die Rennen angeht
(Motorsport-Total.com) - Nach dem für ihn enttäuschend verlaufenen Rennwochenende in Kanada hat Toyota-Pilot Allan McNish geschworen, dass er vorerst einmal keine Vorhersagen mehr über das erwartete Abschneiden seines Teams bei den bevorstehenden Rennen abgeben wird. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Im Vorfeld hatten das in Köln beheimatete Team und dessen Piloten damit gerechnet, dass man auf dem Circuit Gilles Villeneuve um die Punkteränge fahren würde, doch es kam alles ganz anders.

© Toyota
McNish war das ganze Wochenende nicht zufrieden mit Toyotas Performance
Schon nach dem Freien Training am Freitag, an dessen Ende ihm 2,9 Sekunden auf die schnellste Rundenzeit des Tages gefehlt hatten und er nur Platz 20 in der Zeitentabelle belegte, ahnte McNish nichts Gutes. "Dass ich die zweite Session am Freitag wegen eines Öllecks verloren habe, war nicht besonders hilfreich. Nicht nur dass ich dadurch wichtige Zeit auf der Strecke verlor, ich konnte deshalb auch nicht den geplanten Reifenvergleichstest durchführen und musste diesen am Samstagvormittag nachholen und dadurch verlor ich die Möglichkeit mir neue Reifensätze für das Rennen aufzusparen", schilderte der 32-Jährige den ersten Tag eines insgesamt verkorksten Rennwochenendes.
Gehandikapt durch die fehlende Praxis am Freitag, hatte sich der Toyota-Pilot in der für die Startaufstellung alles entscheidenden Qualifikation mit seiner Zeit von 1:15.321 Minuten nur Startposition 20 sichern können. Doch Teamkollege Mika Salo war nur zwei Zehntel schneller gewesen und musste sich ebenfalls mit einer Startposition weit hinten abfinden. Laut McNish kämpfte man in Montreal genau mit den selben Problemen wie man sie schon in Imola gehabt hatte: "Wir konnten grundsätzlich keine gute Abstimmung und damit keine Balance finden, wodurch das Auto beim Fahren über die Randsteine nicht gut war. Genau da hätten wir aber gut sein müssen, denn eine schnelle Rundenzeit auf dem Circuit Gilles Villeneuve kann nur erreichen, wenn das Auto auch bei der Fahrt über die Randsteine gut liegt."
McNish fordert: "Wir müssen einfach ein paar Lösungen erarbeiten
"Die Leute fragen sich natürlich, wo unser Problem liegt, doch wir haben den genauen Grund noch nicht herausgefunden. Wir müssen einfach ein paar Lösungen erarbeiten und diese bei den Testfahrten ausprobieren", gestand McNish ferner ein, dass man irgendwie im Dunkeln tappt.
Angesichts des mäßigen Freien Trainings und der schwachen Startposition hatte sich der Schotte schon für das Rennen keine großen Hoffnungen gemacht, doch zumindest darauf spekuliert die Renndistanz von 70 Runden zu überstehen und eventuell am Ende von den Problemen der Konkurrenz profitieren zu können. Um ihre Chancen zu maximieren, setzten die Toyota-Piloten auf zwei unterschiedliche Strategien. Während Mika Salo die weichere Reifenmischung wählte und sich für zwei Stopps entschied, setzte McNish auf einen Stopp: "Wir hatten uns ja nur für die Startplätze 18 und 20 qualifiziert und ich dachte, dass es schwierig werden würde die Situation mit dem Verkehr vorherzusagen, weshalb ich mich für einen Stopp entschied", begründete der Schotte seinen Entschluss.
Elektronikprobleme im Rennen führten zum Ausfall
Dass er den Boxenstopp überhaupt erlebte war schon ein Wunder, denn gleich in der ersten Runde des Großen Preises von Kanada war McNish in einen Positionskampf mit Jaguar-Pilot Pedro de la Rosa verwickelt gewesen und hatte den Spanier am Ende der langen Geraden abgedrängt, woraufhin dieser mit dem Gras und der Betonmauer Bekanntschaft schloss. McNishs Toyota vom Typ TF102 war bei dem Zweikampf jedoch offensichtlich nicht stark in Mitleidenschaft gezogen worden, weshalb der in Monaco lebende Schotte sein Rennen fortsetzen konnte und schließlich seinen planmäßigen Stopp absolvieren konnte. Allerdings verlief dieser alles andere als problemfrei.
"Beim Boxenstopp hatte ich ein Problem mit der Elektronik, die arbeitete nicht korrekt, und konnte den ersten Gang nicht einlegen", verriet McNish, dem das Team über Boxenfunk mitgeteilt hatte, dass er die Räder beim Anfahren richtig durchdrehen lassen sollte. Das klappte einwandfrei, doch über Funk fluchte der Schotte über die Elektronik, die ihm das ganze Rennen irgendwie Scherereien bereitet hatte: "Die Traktionskontrolle funktionierte nur ab und an und ich glaube, dass das der Auslöser für meinen Dreher in Turn 4 war. Ich konnte gar keinen Gang mehr einlegen und musste dann aufgeben", schilderte der 32-Jährige wie und warum es zum Ausfall in der 45. Runde gekommen war.
PR-Arbeit bereitete McNish große Freude
Zumindest hatten aber die PR-Verpflichtungen McNish im Vorfeld des Grand Prix Freude bereitet: "Ich habe es genossen Montreal kennen zu lernen und wir flogen ja schon am Dienstag nach Toronto, um uns dort das Toyota-Werk und einige der Autos für den nordamerikanischer Markt, inklusive des Toyota Matrix - der nur in Kanada entwickelt, gebaut und verkauft wird - anzuschauen. Danach machten wir einen Abstecher in das Museum des Beaux Arts in Montreal mit einigen Lexus- und Toyota-Händlern und nahmen an einigen Meetings mit den kanadischen Journalisten teil. Es war aber auch außerhalb der Formel 1 ein großes sportliches Wochenende. Als Schotte sollte ich vielleicht sagen, dass ich das Fußballweltmeisterschaftsspiel zwischen England und Argentinien am Freitagmorgen angesehen habe. Und dann gab es da noch den Boxkampf zwischen Lewis und Tyson. Mit 1 Meter 65 Körpergröße und 58 Kilogramm Gewicht interessiere ich mich aber nicht so sehr für das Schwergewichtsboxen. Ich kann ehrlich gesagt nicht den Sinn in einer Sportart sehen in der der Verlierer am Ende auf dem Boden landet. Wenn man aber nach drei Monaten des harten Trainings verliert, dann muss das ziemlich frustrierend sein. Es ist ein bisschen so, wie wenn man nach Kanada fliegt in der Hoffnung ein gutes Rennen zu haben und am Ende total enttäuscht ist. Ich muss gestehen, dass ich die Strecke am Sonntag recht schnell verlassen habe. Ich war grantig", zog McNish eine Parallele zwischen dem Boxfight und dem mäßigen Rennwochenende seines Teams.
McNish am Freitag zu Gast in Le Mans
Wer jetzt aber vermutet der Toyota-Pilot würde noch lange Zeit nach solch einem Grand Prix schmollen, der täuscht sich: "Ich bin für gewöhnlich ein wenig enttäuscht wenn die Dinge nicht so gut laufen, doch das hält meist nur ein oder zwei Tage an und dann konzentriere ich mich schon wieder auf das nächste Rennen", verriet der "Motivationskünstler".
Während sein finnischer Teamkollege und Toyota-Testfahrer Ryan Briscoe derzeit in Jerez die Vorbereitungen auf den Europa-Grand Prix bestreiten, kann McNish etwas ausspannen und seine Batterien aufladen. Dies wird der Schotte beim Motorsportklassiker bei den 24 Stunden von Le Mans tun, wo er am Freitag ein paar alte Teamkollegen treffen wird. Für den anstehenden neunten Formel-1-Lauf gibt der Schotte, getreu seiner Ankündigung, jedoch keine Vorhersage ab: "Als Nächstes fahren wir auf dem Nürburgring. Das Gute ist, dass die Rennstrecke nicht weit von unserer Fabrik entfernt ist und unsere Jungs es nicht weit bis nach Hause haben."

