Folge uns jetzt auf Instagram und erlebe die schönsten und emotionalsten Momente im Motorsport zusammen mit anderen Fans aus der ganzen Welt
McLaren und Mercedes üben sich im Zusammenhalt
Einmal mehr musste McLaren-Mercedes eine schwere Schlappe hinnehmen, das Team übt sich deshalb im Zusammenhalt
(Motorsport-Total.com) - Kimi Räikkönen konnte nur noch vor lauter Enttäuschung die Hände über dem Helm zusammenschlagen. Schon im Vorjahr war der Finne in Führung liegend mit Motorschaden auf dem Nürburgring ausgefallen, auch dieses Mal wäre es locker ein Platz auf dem Podium geworden. Frustriert trat der amtierende Vize-Weltmeister die Heimreise an.

© xpb.cc
Der MP4-19 auf dem Abschleppwagen - ein Sinnbild der Saison
David Coulthard war nach seinem Motorschaden auf der Auslaufrunde der Vor-Qualifikation mit einem neuen Motor ins Rennen gegangen, der keine einzige Runde auf dem Buckel hatte, doch 35 Runden vor Rennende verweigerte auch sein Zehnzylinder den Dienst: "Die Worte, die mir in diesem Moment über die Lippen huschten, wiederhole ich besser nicht, denn es schauen ja auch Kinder zu", meinte der Schotte frustriert nach dem Rennen.#w1#
Mercedes vermutet fehlerhafte Lieferung
Wer Schuld an dem neuerlichen Motorschaden hatte, war offensichtlich: Der Motor und damit Mercedes. "Wir wissen noch nicht genau, woran es liegt. Die Motoren werden analysiert, dann wissen wir mehr", so Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug, der aber zumindest eine Vorahnung hatte: "Wir vermuten, dass es an einer Lieferung Kolben lag, aus der alle Motoren hergestellt waren."
Die Kolben bezieht man von einem externen Hersteller. Bei den hohen Drehzahlen werden die Kolben extremen Belastungen ausgesetzt. Um die Drehzahlen der Motoren und damit auch deren Leistung zu erhöhen, müssen die Kolben so leicht wie möglich sein und die entstehende Reibung so gering wie möglich sein. "Bei den Tests fuhren wir Renndistanzen ohne Probleme, auch beim letzten Test in Paul Ricard hatten wir keine größeren Probleme", erklärt Haug. Das spricht dafür, dass fehlerhafte Teile durch die Qualitätskontrolle gemogelt haben.
Mercedes geht derzeit bewusst Risiken ein
Oder ist man auf der Suche nach mehr Leistung doch einen Schritt zu weit gegangen? "In dem Bemühen, wieder an die Spitze zu kommen, gehen wir sicher auch mal über das Limit. Der Aufholprozess geht manchmal auf Kosten der Zuverlässigkeit, dafür sind wir zu kritisieren", gestand Haug nach dem Rennen gegenüber 'Premiere' ein.
Dass man bei Silber der Zuverlässigkeit der Autos nicht traut, zeigt die Tatsache, dass man weiterhin im Freien Training massiv Runden einspart und die Drehzahl der Motoren stark reduziert. In einem Rennen hat Mercedes so viele Motorschäden wie Ferrari in zwei Jahren, das schadet dem Image. Haug versucht es mit Schadensbegrenzung: "Man darf Formel-1-Autos nicht mit Serienmodellen vergleichen."
Die Fragen der Journalisten werden kritischer
Dass ausgerechnet vor heimischem Publikum ein weiterer Höhepunkt der Pleiten-, Pech- und Pannen-Posse folgte, ließ die Fragen der Journalisten deutlich kritischer werden. Es ist klar, dass Mercedes ein immenser Image-Schaden entsteht. Ferrari hat mittlerweile 20 Mal so viele Punkte wie McLaren-Mercedes, selbst das Sauber-Team hat doppelt so viele Zähler auf dem Konto. Mit 534 gefahrenen Rennrunden, was 64 Prozent der möglichen Gesamtdistanz entspricht, rangiert das Team auf dem traurigen letzten Platz der Statistik. Die Ausfallrate beträgt 57 Prozent - für heutige Verhältnisse extrem viel.
Doch was bleibt dem Team anderes übrig, als sich im Zusammenhalt zu üben? "Dies war ein Schritt in die richtige Richtung", meinte Teamchef Ron Dennis nach dem Rennen. "Natürlich wollen wir ins Ziel kommen und Punkte holen. Aber im Rennen geht es darum, zu siegen. Berührt es mich, wenn wir Vierter oder Fünfter werden? Nein, ich bin hier, um zu gewinnen! Wenn man aufholen möchte, dann muss man Risiken eingehen und die Peinlichkeiten hinnehmen, die damit verbunden sind, wenn man Risiken eingeht. Aber diese geraten in Vergessenheit, wenn man im Kreis der Sieger ist. Und genau da wollen wir hin."
Hoffen auf den MP4-19B
In dieser Woche wird McLaren-Mercedes erstmals den neuen MP4-19B testen, also jenes Fahrzeug, das auf dem aktuellen "Silberpfeil" basiert, aber mit zahlreichen Modifikationen aufwarten wird. Laut Designer Adrian Newey soll es sich dabei um einen "signifikanten" Fortschritt handeln. Dennis bestätigte das Roll-Out für den Dienstag in Silverstone: "Wir sind mit dem Auto im Plan, es war immer für diesen Tag vorgesehen und wir hoffen, dass es an allen drei Tagen fahren wird."
Dass die Probleme mit dem neuen Auto von heute auf morgen behoben sein werden, kann man nicht erwarten. Erstens wird es zunächst nur einmal ein Funktionstest sein, mit dem ersten richtigen Test muss das Team warten, weil erneut zwei Rennen direkt aufeinander folgen werden, die zudem in Amerika stattfinden. Hinzu kommt: Im Heck wird immer noch derselbe Motor stecken und der ist gerade die Achillesferse des Gesamtpaketes.
Dennis steht hinter Mercedes
Der McLaren-Teamchef stellt sich jedoch komplett hinter seinen Motorenpartner: "Jeder, der einen Teil unserer Organisation abschreibt, ist kurzsichtig. Alle Teams befinden sich in dieser Situation. Manchmal gehen sie dadurch auseinander, wir haben diese Absicht nicht. Es ist schmerzvoll, diese Rückschläge einstecken zu müssen. Alle meine Kollegen bei Mercedes und McLaren verstehen, was zu tun ist."
Bei Mercedes musste Mercedes-Ilmor-Geschäftsführer Hans-Ulrich Maik gehen, auch Werner Laurenz, den man einst vom BMW-Formel-1-Programm weglocken konnte, ist nicht mehr für den Formel-1-Bereich zuständig. Nun hält wieder Mario Illien das Zepter in der Hand, der Ende der 90er-Jahre die mit Abstand besten Motoren in der Formel 1 baute. Zumindest eine positive Sache bleibt anzumerken: In Sachen Geschwindigkeit hat das Team deutlich auf die Konkurrenz aufgeholt: "Das hat unser Speed im Qualifying und im Rennen eindeutig gezeigt", betont Ron Dennis.
Weitere Motorenprobleme sind zu erwarten
Die Silbernen stellen sich auf weitere problematische Rennen im Juni ein. Schon jetzt hat das McLaren-Team seit 1981, als Ron Dennis die Verantwortung übernahm, keinen so schlechten Saisonstart erlebt. In Kanada ist Motorleistung sehr wichtig, eine Woche später wartet das längste Vollgasstück aller Formel-1-Strecken in Indianapolis auf den Zehnzylinder - das verheißt wahrlich nichts Gutes.

